Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höhepunkte

Höhepunkte

Titel: Höhepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Carlo? Bist du kein Mann?
    Weißt du nicht, wie man eine Frau behandelt, die ihre Schenkel für einen anderen spreizt?
    Einer, der es gut mit dir meint.«
    Die Baronessa las den Brief zweimal durch, besserte einen Tippfehler aus, unterschrieb natürlich nicht, sondern faltete den Brief, steckte ihn in den Umschlag, den sie nicht beschriftete, und klebte ihn zu.
    Später rief sie Luigi zu sich, den Sohn des Gärtners. Er stand neben ihr, in den ausgefransten Hosen, aus denen er längst herausgewachsen war, Bastsandalen an den nackten Füßen; er trug kein Hemd.
    Die Baronessa schaute ihn an, und sie dachte: Er hat ein hübsches Gesicht, der Junge, dunkle Augen unter schweren Lidern und weiche Lippen. Sein Vater sollte ihm erlauben, die Haare wachsen zu lassen wie bei einem Mädchen, Frauen lieben Knaben mit langen, seidigen Haaren. »Wie schön weich deine Haare sind, Luigi«, sagte sie, während sie etwas länger als sonst die einzelnen Strähnen durch ihre Finger gleiten ließ. »Aber du solltest sie etwas länger wachsen lassen. Das würde dir gut stehen.«
    »Länger? Aber ich bin doch kein Mädchen! Die anderen werden mich auslachen!«
    »Wenn einer lacht, dann ist er dumm, Luigi, glaub mir das. Warte, ich hab was für dich.« Sie holte aus der Basttasche, in der sie ihr Strickzeug verwahrte, den Brief und schob ihn Luigi in den Hosenbund. »Hier«, sagte sie hastig, wobei sie sich umschaute, ob sie auch nicht beobachtet würden, »bring das ins Dorf. Aber sag keinem, von wem der Brief ist. Mach es so, daß dich niemand beobachtet. Hat du verstanden? Ich verlasse mich auf dich.«
    Die dunklen Augen von Luigi waren plötzlich so schwarz wie die Weichselkirschen an dem großen Baum, die bald reif sein würden. »Für wen ist der Brief, Baronessa?«
    »Für Carlo, den Bäcker. Mach rasch. Ich möchte nicht, daß dich jemand mit dem Brief sieht. Fällt er auch nicht heraus?« Sie fuhr mit dem Finger in seinen Hosenbund, um den Brief etwas weiter hinunterzuschieben.
    Luigi wurde rot. Er wand sich verlegen und schob ihre Hand weg. »Scusi, Padrona«, stotterte er verlegen, als er in die aufmerksamen Augen der Baronessa schaute.
    Die Baronessa lächelte erfreut. »Aber da mußt du dich doch nicht entschuldigen, Luigi!«
    Luigi senkte den Kopf und schwieg.
    »Wenn du den Auftrag ausgeführt hast, kannst du zu mir kommen. Dann gebe ich dir zehntausend Lire dafür.«
    »Zehntausend Lire? So viel?« rief Luigi erstaunt.
    Die Baronessa nickte. »Zehntausend für den Botengang und fünftausend für dein Schweigen.«
    Luigi strahlte. »Dann hoffe ich, daß Sie noch viele Briefe schreiben werden, Baronessa. Und Luigi wird schweigen wie die Madonna in der Grotte!«
    Die Baronessa zwinkerte ihm zu. »Gut, Luigi. Das ist sehr gut. Aber warten wir erst einmal ab, was mit diesem Brief geschieht. Ich hoffe«, sie seufzte, weil sie plötzlich an Fabio denken mußte, der sie so schmählich verlassen hatte, »ich hoffe, daß mir diese Sache den langen Sommer ein wenig verkürzt. Also mach rasch, Junge! Lauf zu! Und daß dich keiner sieht!« Sie schaute dem großen Jungen nach, wie er quer über den Rasen lief, mit den nackten Armen die Jasminhecke teilte und hindurchtauchte, wie die Hecke sich hinter ihm schloß, mit leise zitternden Blüten und einem sanften Rascheln der jungen Blätter.
    Die Baronessa ging langsam auf die Jasminhecke zu, pflückte einen Zweig mit einer schweren, schneeweißen Blütendolde und ging, die Blüten an ihr Gesicht gepreßt, zu ihrem Stuhl zurück. Sie fragte sich, warum Luigi ihr früher nicht aufgefallen war. Er war doch neben ihrem Haus aufgewachsen, sie hatte ihn gesehen, wie er, nach der Schule seinem Vater helfend, mit dem Rasenmäher unter den Oleanderbüschen herumgekrochen war, hatte ihn später gesehen, mit dem Abschlußzeugnis in der Hand, wie er sie bat, eine Lehrstelle für ihn zu finden, aber wo sollte sie, eine Baronessa aus Rom, hier für ihn eine Lehrstelle finden? Und dann hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Filippo hatte nicht von ihm gesprochen, Luigi weigerte sich wohl, seinem Vater bei der Gartenarbeit zu helfen, er tat sicher das, was alle arbeitslosen Jugendlichen von Azzuro taten. Er vertrödelte die Tage mit der Lektüre billiger Heftchen in seiner Kammer, um sich dann, wenn die Sonne hinter den Weinbergen verschwand, stundenlang schön zu machen für den Abendspaziergang auf der Piazza, mit der Spiegelsonnenbrille, die in diesem Jahr jeder haben mußte, mit Öl in den Haaren, die

Weitere Kostenlose Bücher