Höhepunkte
saugen, mit den Zähnen leicht darauf zu beißen, werde ich seine kleine, schmale, zitternde Hand zwischen meine Beine führen, in das Gewirr der krausen Schamhaare, werde ihm den Eingang zeigen zu meiner Höhle, der feuchten Höhle, in der das Geheimnis schlummert, das jeder Junge ergründen möchte. Die Schatzsuche, mein Kleiner, die beginnt und endet bei mir. Aber nicht heute. Für heute ist es genug.
Sie beugte sich vor, und ihre feuchten, warmen Lippen streiften ganz leicht sein Gesicht, so daß nichts davon blieb als ein bißchen Ahnung von ihrer Haut, von ihrem Geruch, dem süßen Duft eines reifen Körpers, gesteigert durch das Rosenparfüm, mit dem sie sich in solchen Sommernächten betupfte. »Ciao, mein Kleiner«, flüsterte sie, »bis bald.« Und dann raffte sie den rubinroten Mantel und lief zurück zum Haus, die brennenden Blicke des Jungen im Rücken.
Am andern Tag blieben die Fensterläden der Bäckerei geschlossen. Kein Duft frischgebackenen Brotes strömte durch die Eisengitter aus der unterirdischen Backstube, die Frauen versammelten sich vor der Ladentür, schüttelten die Köpfe, ballten die Fäuste und pochten gegen die Tür, daß es innen im Haus und draußen in der schmalen Gasse widerhallte. »He, Carlo! Was ist los, zum Teufel, wieso machst du nicht auf? Unsere Männer wollen ihr Brot! Unsere Männer müssen zur Arbeit! Was ist los, zum Teufel?« Endlich, nachdem der Lärm die Gasse gefüllt hatte und überall die Fenster aufgesprungen waren, Schreie hin und her flogen, das Gerücht, daß Carlos Laden geschlossen war, sich bis zum Marktplatz fortgepflanzt hatte, ging oben im zweiten Stock des schmalen, alten Hauses die Fensterklappe auf.
Carlos Mutter steckte den Kopf heraus, sie war ungekämmt, das Haarnetz, mit dem sie nachts das schwere Gewicht ihrer Haare bändigte, hing an der Seite herunter, und alle im Dorf konnten sehen, daß Carlos Mutter in dieser Nacht ein himmelblaues Nachthemd aus Kunstseide getragen hatte, dessen Träger gerissen und mit rosafarbenem Garn schlampig geflickt waren. »Heilige Madonna!« schrie Carlos Mutter zu den Leuten herunter. »Was schreit ihr so? Warum schert ihr euch nicht in eure Häuser zurück? Seht ihr nicht, daß der Laden geschlossen ist? Heute gibt es kein Brot! Basta!« Sie knallte den Fensterladen wieder zu.
Die Frauen unten sahen einander ratlos an. »Was soll das heißen, heute gibt es kein Brot?« Eine schrille Stimme erhob sich über das Gemurmel der anderen. »Ist die Bäckerei nicht ein Geschäft wie jedes andere? Haben wir heute etwa einen Feiertag? Wenn Carlo glaubt, er kann sich das leisten, dann werden wir es ihm zeigen! Dann kaufen wir unser Brot eben bei Gerado.«
Gerado war der Fahrer des Lieferwagens, der täglich einmal mit seinen Lebensmitteln auf dem Marktplatz hielt, wo er, eine kleine Messingglocke in der Hand, so lange bimmelte, bis die Frauen mit ihren Körben aus den Häusern kamen, um nachzusehen, was Gerado diesmal anzubieten hatte. Gewöhnlich kaufte man ihm die frischen Muscheln ab, die er frühmorgens von der Küste geholt und zwischen Eisblöcken gelagert hatte, damit sie frisch blieben. Aber Gerado hatte auch Brot, schönes Sesambrot und Weizenbrot, ein bißchen gesalzen, wie es die Fremden gerne aßen. Man würde also das gesalzene Brot von Gerado kaufen, wenn Carlo das Geldverdienen nicht mehr nötig hatte... »Aber könnte es nicht sein«, sagte die Frau des Arztes, »daß etwas passiert ist? Ich meine, bis jetzt hat uns Carlo doch noch nie im Stich gelassen.«
Die Vorstellung, daß etwas Außergewöhnliches passiert sei, das Carlo dazu gebracht haben konnte, seine Pflichten als Bäcker derart zu vernachlässigen, veranlaßte die Frauen, wild schwadronierend auf der Straße stehenzubleiben. Alle wußten sie, hinter welchen der blauen Fensterläden Carlos Schlafzimmer lag, alle hatten sie schon die mit geblümten Baumwollstoff bezogenen Federbetten aus dem Fenster hängen sehen, dahinter das immer etwas nervöse Gesicht von Renata, und manchmal, wenn Carlo morgens aus der Backstube gekommen war und sie hier beim Bettenmachen überraschte, hatten sie Renata schreien hören: »Nicht, Carlo! Nicht jetzt!« Und dann sein Brummen und dann das Quietschen der Bettfedern und dann Stille. Aber jetzt waren die Läden verschlossen, und es sah nicht so aus, als ob sich daran so bald etwas ändern würde. Eine merkwürdige Sache.
»Carlo ist fort, Padrona!« Luigi stand in ihrem Salon. Barfüßig, mit ungekämmten Haaren
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