Höhepunkte
sich hier eigentlich die Zeit? Immer nur schwimmen, Cocktailparties und Diners, langweilt man sich da nicht zu Tode?«
Ariane pfiff durch die Zähne, als habe sie eine Ungeheuerlichkeit vernommen.
»Na, na! An Zeitvertreib fehlt es hier wirklich nicht. Von Kinos, Nachtlokalen und dem ganzen Amüsierbetrieb einmal abgesehen, kann man hier reiten, Golf, Tennis oder Squash spielen, auf dem Fluß Wasserski laufen oder auf den Kanälen romantisch dahinschaukeln. Man kann die Pagoden besichtigen. Immerhin sind sie sehenswert, und es gibt fast tausend davon: besuchen Sie eine pro Tag, und Sie sind für drei Jahre beschäftigt. Schade, daß das Meer ich meine das richtige Meer, wo man baden kann so weit weg ist. Hundertfünfzig Kilometer. Aber die Reise lohnt sich. Die Strände sind herrlich, endlos lang und breit, von Kokospalmen gesäumt, menschenleer und übersät mit Muscheln. Nachts phosphoresziert das Wasser märchenhaft: es wimmelt von Myriaden kleiner leuchtender Lebewesen. Die Korallen kitzeln einem die Fußsohlen, und die Haifische kommen und fressen einem aus der Hand.«
»Das würde ich ja gern mal sehen!« lachte Emmanuelle heraus. »Sie singen einem sogar Serenaden, sage ich Ihnen, wenn man an diesen Gestaden in den Armen eines Liebhabers liegt. Tagsüber sonnt man sich auf dem Sand, der einen massiert, oder sucht den Schatten der Zuckerpalmen auf. Sie finden immer einen kleinen Jungen, der Ihnen für einen Tikal gern Luft zufächelt, während Ihr Kavalier sich Ihnen widmet. Und wenn man nachts am Strand liegt, dicht am Wasser, liebkosen die Wellen einem züngelnd den Rücken, und wenn ein verliebtes Gesicht einem den Blick auf die Sterne verdeckt, ach!, dann ist man glücklich, eine Frau zu sein!«
»Das scheint also doch noch immer der beliebteste Sport in diesem Land zu sein«, sagte Emmanuelle, aber fern aller moralischer Entrüstung.
Ariane musterte sie mit einem unergründlichen Lächeln. Eine ganze Weile schwieg sie. Dann sagte sie: »Sagen Sie mal, mein Schatz...«
Sie unterbrach sich, als hemme sie plötzlich ein heimlicher Gedanke.
Emmanuelle drehte sich ihr lachend zu: »Ja? Was soll ich Ihnen denn sagen?«
Ariane überlegte schweigend und entschied dann, in welchem Ausmaß sie der Neuen vertrauen konnte. Der Unterton mondäner Ironie schwand aus ihrer Stimme. Sie schnitt eine lustige Grimasse.
»Ich bin sicher«, sagte sie, »Sie sind temperamentvoll. Sie sind nicht das Unschuldslamm, das Sie zu sein vorgeben. Gott sei
Dank, übrigens. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Sie haben mich vom ersten Augenblick an interessiert.«
Emmanuelle wußte nicht recht, was sie von dieser Erklärung halten sollte. Fast gegen ihren Willen blieb sie in der Defensive; eher etwas verärgert als geschmeichelt, denn sie mochte es nicht, wenn man ihre Aufrichtigkeit in Zweifel zog. Und was hatten diese Frauen eigentlich, daß sie sie alle für prüde hielten? Anfangs hatte sie darüber gelacht, aber allmählich ging es ihr auf die Nerven.
»Vielleicht wollen Sie nicht, daß es Ihnen hier gefällt?« fuhr Ariane fort, in einem Ton, der mehr sagte als alle Worte. »Doch«, sagte Emmanuelle. Sie war sich darüber klar, daß sie sich auf ein gefährliches Terrain begab, aber noch mehr fürchtete sie, als tugendhaft verdächtigt zu werden.
Arianes anerkennendes Lächeln entschädigte sie nur halb. »Also, Sie süßer kleiner Fratz, kommen Sie abends einmal mit mir. Sie können Ihrem Mann ja sagen, Sie hätten ein Damenessen. Sie werden schon sehen, was für ein Betätigungsfeld ich für Sie habe. Fünfzig Lichtjahre in der Runde gibt es keine galanteren und munteren Kavaliere als Arianes Freunde. Geistvoll, jung, stramm, immer auf Eroberungen aus. Sie werden sich bestimmt nicht langweilen. Einverstanden?«
»Aber Sie kennen mich doch kaum«, sagte Emmanuelle, nach Ausflüchten suchend. »Sind Sie denn nicht...«
Ariane zuckte die Achseln: »Ich kenne Sie gut genug! Ich brauche Sie nicht erst lange zu beobachten, um zu erkennen, daß Ihre Schönheit Frauen wie Männer betört. Und die Freunde, von denen ich sprach, verstehen sich auf Schönheit. Ich käme gar nicht auf die Idee, Sie mit ihnen bekannt zu machen, wenn ich nicht wüßte, wen ich vor mir habe. So stehen die Dinge.«
»Und...« fragte Emmanuelle zögernd, »Ihr Mann?«
Ariane lachte hellauf. »Ein guter Ehemann weiß es zu schätzen, wenn seine Frau zufrieden ist«, sagte sie.
»Ich weiß nicht, ob Jean das auch so selbstverständlich
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