Höhepunkte
nicht hören konnte.
»Ich habe einen Mann für dich«, sagte sie mit der befriedigten Miene dessen, der einen Auftrag erfüllt hat.
Emmanuelle lachte hellauf. »Das nenne ich aber eine Neuigkeit! Und du hast eine Art, sie zu verkünden! Was soll ich mir darunter vorstellen - >ein Mann für mich«
»Er ist Italiener und sehr schön. Ich kenne ihn seit langem, aber ich war mir bisher nicht sicher, ob er das ist, was du brauchst. Ich habe nachgedacht. Er ist genau das richtige für dich. Du mußt ihn so bald wie möglich kennenlernen.«
Die Dringlichkeit, mit der Marie-Anne das vorbrachte, belustigte Emmanuelle von neuem. Sie war sich keineswegs sicher, ob der Kandidat, wer immer er war, wirklich das war, was sie »brauchte«, aber sie wollte ihren kleinen Vormund nicht enttäuschen. Wenn sie schon keine Dankbarkeit für diesen Vorschlag empfand, so wollte sie doch wenigstens ihr Interesse bekunden: »Wie ist er denn, dein schöner Mann?« fragte sie.
»Ein florentinischer Marquis vom Scheitel bis zur Sohle. Bestimmt hast du noch nie einen so gut aussehenden Mann getroffen. Schmal, groß, Adlernase, schwarze, durchdringende und tiefgründige Augen, dunkler Teint, ein markantes Gesicht...«
»Na, na!«
»Du brauchst mir ja nicht zu glauben, aber warte nur, bis du ihn gesehen hast, dann wirst du nicht mehr so dumm lachen. Er ist auch im Zeichen des Löwen geboren.«
»Wer denn sonst noch?«
»Ariane und ich.«
»Ah! Und...«
»Aber er hat schwarzes, glänzendes Haar wie du. Mit leicht silbergrauen Schläfen, sehr schick.«
»Graues Haar! Aber dann ist er ja zu alt für mich!«
»Keineswegs. Er hat genau das richtige Alter für dich: er ist doppelt so alt wie du, achtunddreißig. Deshalb sage ich dir ja, du mußt dich beeilen: nächstes Jahr bist du zu alt. Außerdem ist er nächstes Jahr nicht mehr hier.«
»Was macht er denn in Bangkok?«
»Nichts. Er ist sehr intelligent. Er reist viel, er kennt das ganze Land. Er macht Ausgrabungen in den Ruinen, interessiert sich für das Alter der Buddhastatuen. Im Museum hat er sogar Sachen gefunden, die der gute Mann, der es leitet, noch nie gesehen hatte. Ich glaube, er schreibt ein Buch darüber. Aber, wie ich dir schon sagte, eigentlich tut er nichts.«
Unvermittelt unterbrach Emmanuelle Marie-Anne: »Sag mal, wer ist eigentlich diese tolle Person da?«
»Tolle Person?«
»Die, die gerade gekommen ist.«
»Gekommen, wo?«
»Hierher, Marie-Anne! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Da, sieh doch, direkt vor dir...«
»Ach, du meinst Bi.«
»Wie heißt sie?«
»Bi! Was findest du daran so ungewöhnlich?«
»Sie heißt wirklich Bi? Komischer Name!«
»Oh, das ist gar kein Name. Auf englisch bedeutet es Biene. Es schreibt sich mit einem b und zwei e. Ich schreibe es lieber mit einem b und einem i, das ist klarer.«
»Aber sie, wie schreibt sie es denn?«
»Ganz wie ich es verlange.«
»Hör mal, alles was recht ist, Marie-Anne!«
»Du kannst dir doch selbst denken, daß das nicht ihr richtiger Name ist. Ich habe ihn ihr gegeben, und wie sie richtig heißt, haben jetzt alle vergessen.«
»Aber ich würde es gern wissen.«
»Was hast du schon davon? Du würdest ihn ja doch nicht aussprechen können. Es ist einer dieser verrückten, skurrilen englischen Namen.«
»Aber ich kann sie doch nicht mit Bi anreden!«
»Du brauchst sie ja gar nicht anzureden.«
Emmanuelle sah Marie-Anne erstaunt an. Sie zögerte einen Augenblick und begnügte sich dann mit der Frage: »Ist sie Engländerin?«
»Nein, Amerikanerin. Aber sei ganz beruhigt, sie spricht Französisch wie du und ich. Sie hat nicht einmal einen Akzent, gar nichts Exotisches.«
»Du scheinst sie ja nicht besonders zu mögen.«
»Bi? Sie ist meine beste Freundin!«
»Sieh einer an! Warum hast du mir dann nie von ihr erzählt?«
»Ich kann dir doch nicht von allen Mädchen erzählen, die ich kenne.«
»Aber wenn du sie so sehr liebst, wundert es mich, daß du sie nie erwähnt hast.«
»Wie kommst du darauf, daß ich sie liebe? Sie ist meine Freundin, das ist alles. Damit ist nicht gesagt, daß ich sie liebe.«
»Marie-Anne!... Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Du erzählst mir nie etwas von dir. Und du willst auch nicht, daß ich deine Freundinnen kennenlerne. Bist du etwa eifersüchtig? Hast du Angst, ich könnte sie dir ausspannen?«
»Warum willst du unbedingt deine Zeit an eine Mädchenclique verschwenden?«
»Jetzt muß ich aber lachen! So kostbar ist meine Zeit ja nun
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