Höhepunkte
»Dolce Farniente in der betörenden, duftgeschwängerten Luft einer tropischen Insel... Das wilde, freie Leben, mit dem Komfort, den Sie sich wünschen.«
Beide lehnen sie sich an die Brüstung ihrer betörenden, duftgeschwängerten Terrasse und gesellen sich somit zu den zwölfhundert Paar wilden, freien Augen, die auf den endlich menschenleeren Strand hinunterblicken; nur ein paar Schwarze in orangefarbenen Uniformen sammeln die Plastikverpackungen, die leeren Bierflaschen und Sonnencremetuben ein. Jeder genießt seine Portion wildes, freies Glück.
George hat nicht gewußt, wie kommerzialisiert Urlaub sein kann, und sie ahnt, daß sie eine perverse Freude daraus schöpfen wird. Sie beginnt auch schon, die vulgären Reize des Gebotenen auszukosten, und zustatten kommt ihr dabei die Erinnerung an all die von Sydney organisierten Kulturreisen, in Bussen mit zweifelhaftem Komfort, jene Entdeckung des Berri mit der »Gesellschaft der Freunde von George Sand« oder die der Schätze von Brügge unter der Obhut von Mademoiselle Pannesson, die die vom Louvre veranstalteten Kulturausflüge begleitet, Abfahrt Place de la Concorde jeden Sonntagmorgen um sechs. Nichts wird ihr die Freude vermiesen, die sie in sich aufsteigen spürt, denn alles ist auf lächerliche Weise dazu angetan, sie zu fördern. Wo doch im wahren Leben alles so schwierig ist. Kaum haben sie ihr Appartement betreten, da drückt Gauvain seine Lippen auf ihr Dekolleté. Sicherlich ist es die schwarze Spitze, die da funktioniert. Mit einem Finger gleitet er unter den Träger ihres Büstenhalters, eine tückische Manipulation, denn er kennt ihre Schwachstelle, aber sie hält sich zurück. Sich gleich auszuziehen hieße das Spiel verderben. Sie haben zehn Tage Zeit, um sich wie Tiere zu benehmen, und schließlich warten sie ja erst drei Jahre aufeinander! Heute abend, so hat George heimlich beschlossen, werden sie Belami und die Lilie im Tal spielen.
»Was darf ich Ihnen anbieten?« fragt sie.
»Sich selbst... als Knabbermischung.«
Nein, schreit die Anstandsdame auf, das darf nicht wahr sein. Eine Replik wie diese würde nicht einmal in einer billigen Boulevardkomödie durchgehen. - Deshalb liebe ich ihn aber, sagt George. So kann ich mit den andern nicht spielen. Also rutsch mir den Buckel runter, ja? - Und dieser Living-room hier, insistiert die Anstandsdame, hast du es nicht bemerkt? Eine Hollywood-Dekoration für drittklassige Filme. Verführungsszene. Es treten auf: ein Kuhhirte und eine Schloßherrin. - Hier könntest du wenigstens Cowboy sagen, unterbricht sie George. Wo ist da der Unterschied? antwortet die Anstandsdame. Die Szene ist sowieso schon abgedreht, wenn ich meinen Augen trauen soll: Dein Kuhhirte hat einen Ständer wie ein brünstiger Esel! Vielleicht sollte ich hier lieber wie ein Neger sagen, wie? In weniger als fünf Minuten bist du aufgespießt, meine Liebe.
»Bei diesem Wetter setzt man keinen Busen vor die Bluse«, versucht sich George in Wortspielen, ungerührt von den sarkastischen Bemerkungen der Anstandsdame, während Lozerech mit der einen Hand ihr magnetisches Zentrum durch den dünnen Stoff hindurch berührt und mit der anderen bestrebt ist, ihren Büstenhalter zu öffnen.
»Warum trägst du überhaupt einen, bei deinem Busen?«
»Damit’s länger dauert«, flüstert sie.
Sie hat den roten Lampion auf ihrer Terrasse ausgemacht und die Jeans dieses Typen da, den sie im Flugzeug kennengelernt hat, geöffnet. Er hat so schöne Schenkel, daß er nicht lächerlich wirkt mit seinen Hosen auf den Knöcheln. Seit er im Südatlantik arbeitet, ist sein Oberkörper braungebrannt. Ja, und diese Zonen mit Kinderhaut zwischen den Pelzflächen... Keine Rede kann mehr sein von irgendeiner Lilie in irgendeinem Tal, nur die Seeanemone bewegt sich noch mit der Welle. Zeig mir, wie du Liebe machst, schöner Fremder, ich habe dich schon so lange vergessen. Jawohl, Anstandsdame, er wird es mir hineinstecken, dieses komische hellbraune Ding mit einem Helm vorne drauf, und stell dir vor, in dieser Minute gibt es für mich nichts Schöneres auf der Welt, als mich für diesen Mann zu öffnen, und wenn er tief in mir drin ist, mich über ihm zu schließen. Vögle mit mir in den Morgen, vögle mit mir in das Glück!
Sie haben sich noch immer nicht geküßt, aber ihre Augen können sich nicht mehr vom Mund des anderen lösen. Auch ihre Hände können nicht mehr von der Haut des andern lassen, die sie so bedächtig streicheln, daß es fast
Weitere Kostenlose Bücher