Höhepunkte
ihnen.
An den Abenden, an denen sie nicht zur Schule ging, büffelte sie. Sie hatte ihr Englisch nach einem langen Kampf voller Erniedrigungen in einer katholischen Schule in der Bronx gelernt, wo die Nonnen ihr buchstäblich das Wörterbuch um den Kopf schlugen, wenn sie gewisse Wörter falsch aussprach oder sie sich nicht merken konnte. Ihre chronischen Aussprachefehler machten sie zur Zielscheibe vieler Spötteleien, aber sie hielt durch, war fleißig und tat sich hervor, gewann Rechtschreibwettbewerbe und bekam gute Noten und wurde so eine von den latinas, die nach einer Lehrzeit voller Angst so gut Englisch konnten wie jedermann sonst (und obendrein im Tonfall der Bronx). Sie versuchte immer, Nestor etwas beizubringen, ermunterte ihn, ein Buch zu lesen. Er zuckte die Achseln, und später fand sie ihn dann mit einer Gitarre, Papier und Bleistift auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzend, pfeifend und an Melodien für verschiedene Songs arbeitend.
Sie war zum ersten Mal, seit sie denken konnte, glücklich, und dafür betete sie Nestor an. Manchmal kam sie ins Wohnzimmer, ließ die Jalousien herunter und zog ihr Kleid aus. oder sie setzte sich zu ihm, um ihm einfach Gesellschaft zu leisten, und ein paar Minuten später war ihr Schlüpfer zu den Knien runtergezogen und der Rock über die Taille hochgeschoben. Sie war immer glücklich mit ihm, denn, wenn sie miteinander schliefen, murmelte der jüngere Mambo King stets: »Te quiero, Delorita. Te quiero«, wieder und wieder. Wenn er einen Orgasmus hatte, zog sich sein Gesicht auseinander, als wollte es flach werden wie eine von den venezianischen Karnevalsmasken bei ihrem Arbeitgeber an der Wand; und während dieser ekstatischen Erlösung vom Schmerz errötete er. Es gab nichts, das sie nicht für ihn tat. Sie rieb sich Babyöl auf den Busen und die Schenkel, nahm sich eine Dose Vaseline und schmierte sich damit zwischen den Beinen ein, fand Nestor bei einem Nickerchen im Schlafzimmer, gab ihm die Brust und ließ sich dann rittlings auf seinem Glied nieder.
Er hatte einen unruhigen Schlaf und litt an Alpträumen. Oft, wenn sie neben ihm lag, dachte sie über seine Traurigkeit nach und wie sie ihm helfen könnte, aber außer der Liebe schien es nichts zu geben, was sie tun konnte, um ihn aus seiner Schwermut herauszureißen. Liebe zu machen verscheuchte diese Melancholie: Nachts schlief er an ihren Hintern geschmiegt ein, sein steifes Glied an sie gepreßt. Es sah so aus, als hätten sie sich im Schlaf unzählige Male geliebt. Eines Nachts, als sie gerade träumte, sie würde Blumen pflücken, fühlte sie, wie sein Penis von hinten in sie eindrang. Aber nicht in ihre Scheide. Sie war halb eingeschlafen, so daß das Gefühl, daß er dort in sie eindrang, sich nur langsam durch ihren Körper verbreitete: erst fühlte es sich an, als würde ihr warmer Ton in den Hintern geschoben, aber nach einiger Zeit trat an die Stelle der Weichheit ein dicker und länger werdender Stachel, der sie zuerst schmerzhaft dehnte und dann wieder warm und weich wurde. Sie drehte sich, um ihm seine Lust zu erleichtern, und rieb ihre Hüften in ihn hinein, bis er kam. Danach waren sie bald wieder fest eingeschlafen. Nestor in seinen unruhigen Träumen.
Und nun die ersten Akkorde von »Beautiful Maria of My Soul«. Und Nestor, der in Delores’ Armen von 1947 träumt: Spätabends, wenn er mit seinem Job im Explorer’s Club von Havanna fertig war, wo er Seite an Seite mit seinem älteren Bruder arbeitete, machte er oft Spaziergänge durch die Viertel der Stadt; er liebte es, sich in den Arkaden zu verlieren und auf dem Marktplatz zwischen den Bauern und den Hühnerkäfigen und den grauen Schweinen umherzugehen. In der Crasse hinter einem Chinarestaurant namens Papolin’s in La Marina, dem Viertel am Hafen, nahe dem sie wohnten, beobachtete er, wie zwei rote Hähne, mächtige Machos, mit messerscharfen Krallen gegeneinander kämpften. Im Stehen in einer Bar in einer ganzen Zeile von Bars aß er zu Abend, einen Teller Reis und Bohnen und ein Schweinskotelett, getränkt in Salz und Zitrone, für 25 Cent, und sah auf die Straße, wo sich das Leben drängte: Männer, die Lumpenkarren zogen, chinesische Arbeiter in Samtschuhen und langen Baumwollkitteln auf dem Weg in die Tabakfabriken; die Armen aus Las Yaguas, die in Buden ihre Waren und Dienste feilboten: Wahrsagungen, Schuhreparaturen, jugo de fruta für 10 Cent, Uhren, Gitarren, Werkzeug, rollenweise Seile, Spielzeug und religiöse Artikel, Nippes
Weitere Kostenlose Bücher