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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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roten Farbtupfern in der Skala, die schwarzen Knöpfe, die runde Ticktackuhr, das Radio mit den rätselhaften Skalen von kurz nach dem Volksempfänger.
    »Der Zündschlüssel ist links«, stellte ich gleich klar.
    Er nickte. »Baujahr neunundsechzig, schätze ich.«
    »Stimmt.«
    »Wissen Sie, meine Frau hätte genau den so gern gehabt. Damals. Aber das war halt nicht drin im Lehrergehalt. Wenn sie noch leben würde, dann hätte ich Sie jetzt ganz unverschämt gebeten, mich zu besuchen und mit ihr eine Spritzfahrt zu unternehmen. Das hätte sie sicher sehr gefreut.«
    »Und mich erst«, erwiderte ich artig und wendete, sei ner Handbewegung folgend.
    »Und?«, fragte er. »Was wollen Sie heute schon wie der an der Mondscheinhöhle?«
    »Jetzt kommt die pädagogische Inquisition.«
    Er linste zu mir herüber. »Was glauben Sie, warum man mich Bodo den Schrecklichen nennt? Weil ich die kleinen Schlawiner in die Ecke stelle? Nee. Sondern, weil ich immer alles ganz genau wissen will.«
    Ich lächelte zurück. »Dann werden Sie sicher nicht versuchen, mir weiszumachen, dass Sie gestern Nacht nicht noch mal an der Höhle waren, nachdem Sie erfahren hatten, dass Janette, Hark und ich dorthin unterwegs waren.«
    »Jetzt unterziehen Sie mich aber der Inquisition.«
    »Dann noch eine Frage: Sie haben doch gestern sehr wohl Kinder im Wald gesehen.«
    »Das ist grammatikalisch gesehen keine Frage.«
    »Semantik und Grammatik liegen manchmal weit auseinander«, antwortete ich.
    Er lachte knarzig. »Sie Schlauberger!«
    »Danke für das Kompliment. Und wen haben Sie gestern gesehen?«
    »Na ja, Laura und Volker mit den Rädern. Sie sind wie gesengte Sauen aus dem Wald nach Trochtelfingen hinabgesaust. Aber hätte ich Laura bei ihrer Mutter verpetzen sollen? Und wo sie ist, war ja gestern nicht die Frage, gell? Da vorn am Holzstoß, da stellen wir das Auto ab.«
    Die Erde war weich neben dem Weg. Brontës Bodenblech matschte.
    »Was ist denn nun eigentlich passiert an der Mondscheinhöhle?«, fragte Bodo Schreckle. »Was war mit Julian? Den Krankenwagen habe ich noch gesehen. Reinfallen kann man in die Höhle nicht. Man muss schon einsteigen.«
    In diesem Moment klingelte mein Handy. Ich stellte den Motor ab. Eine Nummer ohne Name auf meinem Display. Es war Janette. Die hatte ich noch nicht in meinem Speicher.
    »Lisa, wo bist du?«, fragte sie. Waldvögel im Hintergrund.
    »Auf dem Weg zur Mondscheinhöhle. Aber die Bullen lassen mich nicht durch.«
    »Und dein Staatsanwalt?«
    Was interessierte sie das jetzt? Mein Herzschlag sprengte mich fast. »Ich … ich weiß nicht …« Ich schluckte.
    »Jedenfalls wäre es gut«, sagte Janette leise, »wenn du gleich mal schnell hier heraufkommen würdest. An die Höhle, meine ich. Ich sage Heinz Bescheid, damit er die Polizisten instruiert. Du findest den Weg?«
    »Ja. Bis gleich.«
    Bodo winkelte den Blick.
    »Das war Janette«, sagte ich. »Die Bullen lassen mich jetzt durch.«
    »Dann brauchen Sie mich nicht mehr?« Er tastete nach dem Türgriff.
    »Trotzdem, vielen Dank.« Ich beugte mich über den Rucksack, den er auf den Knien hielt, und half ihm mit dem Türhebel.
    »Und wenn Sie mich mal besuchen wollen«, sagte er. »Ich könnte Ihnen einige Ihrer Fragen beantworten.«
    »Ja, äh …«
    Schon hatte er die Tür zugeschlagen, sich den Rucksack auf die Schultern geschwungen und war zurückge treten, damit ich wenden konnte. Warum hatte er mir kei ne Zeit gelassen, ihn zu fragen, ob er mitkommen wollte? Ich hatte nicht die Nerven, das zu klären.
    Die Polizisten winkten schon, als ich ankam. Erste Regentropfen fielen.
    »Nix für ungut«, sagte der Polizist. »Hätten Sie doch glei gsagt, dass Sie mit dem Heinz bekannt sen.«
    Janette empfing mich mit ernster Miene am Aufgang zum Grillplatz vor der Höhle. Aber mein Herz hüpfte: Richard! Nein, falsch! Der Mann im braunen Anzug, der mit dem Rücken zu mir bei Polizeihauptmeister Rehle stand, trug eine Brille.
    »Da ischer ja, unser Winnetou vom Elbsandstein«, rief Rehle und kam herbei. »Hasch uns ja geschtern ganz schön ’n Bären uffbunde, eh?«
    Immerhin duzte er mich noch.
    »Woischt eigentlich, was des alles hier koscht?«
    Er schwenkte mit der Hand über das Waldplätzchen. Zwischen den Bäumen sirrten Absperrbänder. Ein halbes Dutzend Männer standen in orangefarbenen Schlazen herum, rauchten und zoteten. Eine Bergungsschale aus rotem Plastik lag bereit, mehrere Kisten und gepackte Schleifsäcke, die man in Höhlen hinter

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