Höhlenangst
der Hand. »Sie war schon kaputt«, bemerkte er, nachdem ich aufgelegt hatte.
»Und wer steckt dahinter?«, erkundigte ich mich, knackte den Deckel wieder in die Halterung, versorgte das Gerät mit den notwendigen Zutaten und knipste es an.
»Auf meinen Kontoauszügen erscheinen die Zahlungen als Honorar für die juristische Beratung einer Beratergesellschaft in Liechtenstein. Die Gesellschaft besitzt allerdings nur einen Briefkasten. Aber ich konnte das Geld zurückverfolgen bis –«
»Bis zu Florian Bayer.«
Richard nickte. »Aber der ist natürlich nur der Mittelsmann.«
»Übrigens dürfte er noch andere bestechen«, fiel mir ein. »Oder schmieren. Er hat im Mai ziemlich viele Bankgeschäfte über Banken getätigt, die in seiner Steuererklärung keine Rolle spielen. Und deine letzte Zahlung hast du laut deiner Schatzkarte im Februar erhalten.«
Richard warf mir einen kurzen, aber interessierten Blick zu. »Dann würde sich eine Hausdurchsuchung langsam lohnen.«
Ich holte Kaffeebecher aus meinem Geschirrschrank. »Und wieso hat man dich heute wieder laufen lassen?«
»Tja, das ist in der Tat ulkig. Da hat anscheinend am Freitag im Tauben Spitz ein Unbekannter, vermutlich ein Journalist, ein hochrangiges Mitglied der Landesregierung, dessen Name nichts zur Sache tut, auf der Toilette nicht nur vor Ivan Räffle, sondern auch vor den unklugen und voreiligen Ermittlungen, die in Reutlingen gegen ihn und einen namhaften Stuttgarter Staatsanwalt betrieben werden, gewarnt.«
»Tatsächlich?« Ich wusch intensiv ein paar Ameisen aus den Kaffeebechern. Immer Ende Mai, Anfang Juni schwärmten sie die Hauswände hoch, um in den Blumentöpfen meiner Nachbarn Hausstände zu gründen. Dabei schauten sie auch gern in meiner Zuckerdose vorbei und verhungerten in meinen Kaffeebechern.
»Das hat«, fuhr Richard fort, »zu einer hektischen Nachfragetätigkeit auf allen möglichen Ebenen geführt und dazu, dass mein Anwalt mit seinem Antrag auf Haftprüfung schneller Erfolg hatte, als er ihn stellen konnte. Der Ermittlungsrichter schenkte dann unserer Einlassung sofort Glauben, dass ich mein Handy auf dem Truppenübungsplatz verloren habe. Zumal Abele sich in Widersprüche verstrickte, ob mein Handy nun in der Höhle oder auf dem Grillplatz gefunden worden war. Damit ließ sich der dringende Tatverdacht so nicht mehr aufrechterhalten. Abele behauptete daraufhin, Räffle würde mich bestechen, und der unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommene Sprengmittelingenieur habe als Zeuge gegen mich aussagen wollen, blieb aber trotz einer noch am Samstag durchgeführten Durchsuchung meiner Privaträume und meines Büros den Beweis schuldig.«
Ich schenkte Kaffee in die beiden Becher.
»Abele ritt derartig fanatisch auf meiner Bekanntschaft mit Ivan Räffle herum, dass der Richter sich schließlich zu der Bemerkung hinreißen ließ, wenn das ein Haftgrund sei, dann müsse man auch den Ministerpräsidenten in U-Haft stecken.«
»Du kennst Räffle?« Ich stellte den Zucker hin, denn Richard pflegte seinen Kaffee mit unwürdigen Mengen zu süßen. »Klar, du kennst ja jeden im Ländle, der über eine Million schwer ist.«
»Zum Beispiel dich«, schmunzelte er, Zucker schaufelnd. Er war mir erst letztes Jahr draufgekommen, dass ich aus meiner in einem Auto an einem Birnbaum zerplatzten Ehe mit dem Sohn des Saftfabrikanten Gallion ziemlich reich hervorgegangen war. »Aber ich habe dir doch von dieser Umsatzsteuerbetrugsgeschichte erzählt, die mit einem Strafbefehl gegen Räffle endete.«
»Es ist Räffle, der dich schmiert, nicht wahr, R wie Räffle?«
Richard blies über den Kaffee. »Den Beweis dafür könnte ich vielleicht mithilfe von Florians Konten führen und mithilfe einer Durchsuchung bei Räffle. Aber das ist nicht ohne Risiko. Vor allem, wenn Räffle gewarnt wur de und seine Spuren verwischt.«
Offensichtlich kannte er Janettes Artikel noch nicht. Dem zufolge war Räffle gewarnt.
»Wie konnte es Abele überhaupt gelingen, dich zu verhaften?«
»Ach, das war nicht schwierig. Er hat den Haftbefehl Donnerstagabend von der Bereitschaftsstaatsanwältin in Tübingen beantragen lassen, die sonst nur mit Jugendstrafrecht befasst ist. Der hat er, wie in solchen Fällen üblich, Formulierungs- und Entscheidungshilfe gegeben. Die Sache schien dann auch dem Richter dringlich, weil nach Haugk nun auch Winnie, den ich am Vormittag besucht hatte, unter höchst verdächtigen Umständen ums Leben gekommen war.«
»Hätte dein
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