Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
sein musste. Mit aufkommender Panik, diese vielleicht letzte rettende Möglichkeit zu verpassen, blickte sie sich verzweifelt suchend um. Als sie abermals Rufe vernahm, die auf den Zusammenprall zwischen einem Soldaten und einem Passanten hindeuteten, erspähte sie ihre Rettung.
Sie wich nach links aus, rannte ganz eng entlang einer Reihe von Wagen, sprang dann eine kurze Treppe hinauf, riss die Holztür eines Wagens auf und huschte hinein.
Vor ihr stand eine ältere Frau, der gerade vor Verblüffung eine Teetasse aus der Hand fiel.
»Du ... ?«, stieß sie hervor.
Leandra lächelte ihr knapp zu, machte einen schnellen Schritt ins Innere des Wagens und wollte rasch die Tür schließen. Da der Türspalt einen günstigen Blickwinkel gestattete, leistete sie sich einen letzten Blick hinaus. Nun sah sie auch, zwischen welchen Personen sich dort draußen der Zusammenprall ereignet hatte. Es waren der Offizier und der große hagere Mann, den sie erblickt hatte. Ein heftiges, empörtes Wortgefecht hatte sich zwischen beiden erhoben. Leandra lächelte und diesmal war es ein Lächeln echter Erleichterung.
Dann schloss sie die Tür ganz, wandte sich um und breitete die Arme aus. »Hilda!«, sagte sie und nahm die ältere Frau glücklich in die Arme.
Es war der gleiche Tee wie damals und Leandra genoss ihn wie eine gute Botschaft aus einer besseren Zeit.
»Kindchen! Ich kann es immer noch nicht glauben!« Hilda hatte schon wieder die Teekanne zum Nachschenken in der Hand, obwohl Leandras Tasse noch immer fast voll war. Die ältere Dame war völlig durcheinander.
Leandra hob abwehrend die Hand.
»Danke, danke! Lass mich doch erst mal austrinken. Und setz dich endlich hin, du aufgescheuchtes Huhn! Du bist ja aufgeregter als ich!«
Endlich ließ sich Hilda auf die hölzerne Bank sinken. Sie starrte Leandra noch immer ungläubig an. Es war bereits fast eine halbe Stunde vergangen, seit Leandra hereingestürmt war, und sie hatte sich eine ganze Zeit lang hinter einer offenen Schranktür versteckt gehalten. Einmal hatte kurz ein Soldat hereingesehen, aber der hatte sich trefflich vom Inhalt des Schrankes ablenken lassen, in dem eine große Zahl erlesenster Waffen aus Tharuler Stahl aufgereiht waren. Auf die Idee, hinter die zur Seite aufgeklappte Schranktüre zu sehen, war er nicht gekommen.
Die gute Hilda hatte ihm geistesgegenwärtig eine Lobpreisung ihrer einzigartigen Stücke angedeihen lassen und ihn zuletzt mit den Preisen der Waffen ordentlich verprellt. Mürrisch war er wieder abgezogen.
Als die unmittelbare Gefahr vorüber war, holte die aufgeregte Hilda Leandra aus ihrem Versteck und nun saßen sie beim Tee. Leandra hatte ihr Vergnügen damit, die gute Hilda gehörig auf die Folter zu spannen, die sich vor Aufregung und Neugierde beinahe überschlug. Endlich machte Leandra ein paar Andeutungen über das, was ihr in der Zwischenzeit widerfahren war.
Hildas Augen wurden nur noch größer. »Das gibt es doch gar nicht!«, stieß sie hervor. »Soll das heißen ... Du bist diejenige, die diese ganze Geschichte ins Rollen gebracht hat? Ich meine ... das mit der Ermordung der Shabibsfamilie, dem Tod der Thronfolgerin und allem, was danach geschah? Die Auflösung der Gilde? Die Ausgangssperren? Das Kriegsrecht, das vom Rat über das Land verhängt wurde? Das alles geht auf dich zurück?«
Leandra grinste breit. »Zu viel der Ehre, Hilda. Auch auf Munuel und einige andere, die du nicht kennst.«
Hilda zog nachdenklich die Stirn kraus. »Munuel? Ist das nicht der würdige alte Herr, der damals bei dir war? Ein Magier, nicht wahr?«
Leandra nickte.
»Wo ist er? Ist er auch hier?«
Leandra seufzte schwer. »Nein, leider nicht. Er kam bei den Kämpfen gegen die Bruderschaft ums Leben.«
Hilda stieß einen Laut des Bedauerns aus. »Oh, das tut mir Leid.«
Leandra hob die Schultern. »Tja, ich bin einigermaßen darüber hinweg. Es ist ja auch schon eine Weile her. Trotzdem fehlt er mir sehr.«
»Und nun? Was tust du hier in Savalgor?«
Leandras Gesicht verfinsterte sich. »Ich habe gehört, dass unser schlimmster Gegner noch lebt. Ich war in dem Glauben, er wäre damals bei dem großen Kampf ebenfalls umgekommen. Aber inzwischen habe ich erfahren, dass er mächtiger ist als zuvor. Er lebt hier in Savalgor und hat möglicherweise den Rat in der Hand. Es sieht ganz so aus, als könne es ihm gelingen, zum Shabib gekrönt zu werden.« Sie seufzte tief und es war ein Ausdruck ihrer Wut und Entschlossenheit.
»Du willst
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