Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Bert natürlich, dass man dort nach ihr suchte. »Oder wisst ihr einen Ort, wo ich mich verstecken kann?«
»Nein«, sagte Hilda und hob die Schultern. »Wir sind selbst erst seit ein paar Tagen in Savalgor. Wir wollten hier nur Waffen verkaufen.« Sie sah achselzuckend zu Bert. »Aber niemand hat mehr Geld. Wir haben außer dem Verkaufsstand drüben auf dem Markt auch nur noch diesen Wagen!«
Bert schritt ein Stück weit in den Wagen hinein und schloss die große Tür des Waffenschrankes. »Aber immerhin haben wir hier unser Geheimversteck«, sagte er und zog mit einem kräftigen Schwung an der rechten Schrankverkleidung. Der Schrank schwenkte ein Stück seitlich nach vorn und gab den Blick auf einen weiteren, hinteren Teil frei, der nicht so ohne weiteres dort zu vermuten war.
»Dort bewahren wir die besonders wertvollen Stücke auf. Wenn wir die Waffen alle heraus räumen und vorn hinein stellen, hätten wir genug Platz für dich. Ist zwar ein bisschen eng, aber wenn jemand kommt, geht es sicher für eine halbe Stunde. Was meinst du?«
Leandra trat zu dem geheimen Rückteil des Schrankes. Nach allem, was sie bei Marthis gesehen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass solche Verstecke wohl bei Waffenhändlern und -schmieden äußerst beliebt waren. Sie sah dort einige Zweihänder, Rapiere und Schwerter von erlesener Machart in mit Leder ausgeschlagenen Halterungen befestigt. Einige davon besaßen mit Golddraht umwundene Griffe und fein ziselierte Schneiden. Sie stieß einen leisen Pfiff aus.
Bert zögerte nicht länger und machte sich daran, die Waffen auszuräumen. Hilda half ihm dabei und Leandra versicherte sich noch einmal, dass die Eingangstür abgesperrt war.
»Wenn jemand kommt«, sagte Bert nach vollbrachter Arbeit, »huschst du schnell dort hinein und wir drücken den Schrank zurück. Ich glaube, das würde gehen, solange sie nicht gerade auf die Idee kommen, den ganzen Wagen auseinander zu bauen.«
»Ihr nehmt ein großes Wagnis auf euch«, sagte Leandra zögernd.
Hilda winkte nur ab, und auch Bert erwiderte nichts, das darauf hätte schließen lassen, dass ihm die Sache zu gefährlich war. Leandra atmete erleichtert auf. Dann setzten sie sich an den Tisch, und bei einer frischen Kanne Tee machte Leandra sich daran, den beiden die lange Geschichte ihres Kampfes gegen die Bruderschaft von Yoor zu erzählen.
27 ♦ Jacaire
Leandra wollte versuchen, im Schutz der Nacht zu den Quellen von Quantar zurückzukehren. Sie musste unbedingt zu Hellami. Hilda hatte vorgeschlagen, sie mit einigen Tricks so herzurichten, dass sie der echten Leandra nicht mehr sonderlich glich. Leandra konnte sich durchaus vorstellen, dass Hilda dies gelang, denn sie hatte schon einmal erlebt, wie Hilda sie in eine andere verwandelt hatte - damals allerdings sehr zu ihrem Vorteil. Noch heute liebte sie es, die kleinen Perlen im Haar zu tragen, die Hilda ihr einst eingeflochten hatte. Und sogar einen Rest des Taschmali-Duftes besaß sie noch, allerdings hatte sie den in Angadoor zurücklassen müssen.
Mit Belustigung erinnerte sie sich zurück, wie sie damals zu Hildas Püppchen geworden war, zu dem, was Hilda immer selbst hatte sein wollen. Hilda hatte sie schön gemacht und ihr eine sündhaft teure Rüstung geschenkt, zu der ihr Kettenhemd gehörte, das eigentlich eher die Bezeichnung ›aufregende Unterwäsche‹ als ›Kampfpanzer‹ verdient hätte. Aber auf welche erstaunliche Weise dieses Kettenhemd damals dennoch seine Qualitäten unter Beweis gestellt und das Schicksal gewendet hatte, erzählte sie Hilda nun in aller Ausführlichkeit. Ja, es wurde ihr dabei sogar selbst zum ersten Mal bewusst, dass dieses Kettenhemd dem Kampf in Unifar die entscheidende Wende gegeben hatte.
Die beiden hörten Leandras Geschichte gebannt zu, und da Leandra ohnehin bis zum Einbruch der Dunkelheit hier bleiben musste, ließ sie sich Zeit, die Geschehnisse in allen Einzelheiten zu berichten. Bert hätte währenddessen längst wieder zurück zum Verkaufsstand gehen müssen, aber er meinte, dass seine beiden Gehilfen das schon machen würden. Am Abend wollte er noch ein wenig hinüber gehen - da lief das Geschäft ohnehin besser.
Als sie endete und Bert und Hilda endlich sämtliche neugierigen, erstaunten und ungläubigen Fragen beantwortet hatte, brach draußen die Dämmerung an. Bert erklärte, dass es nun Zeit für ihn wurde, zurück zu seinem Stand zu gehen. Er küsste Leandra liebevoll auf die Wange und war gleich danach
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