Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Insel, auf der nur kleine Tiere lebten. Krabben, Würmer, ein paar Mäuse und Ratten, und so weiter. Als das Trivocum geöffnet war, formten sich innerhalb von Minuten zwei stygische Strukturen, die ... nun, die man als Dämonen bezeichnen würde ...«
Leandra richtete sich auf. »Ihr habt Dämonen herbeigerufen?«, fragte sie fassungslos.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, nicht herbeigerufen. Sie sind entstanden. Wir wollten eine Lage auf kleinem Raum herbeiführen, wie sie damals geherrscht haben mochte.«
Leandra stieß einen leisen Pfiff aus. Diese Offenbarung rückte den großen Philosophen des Trivocums plötzlich in ein ganz anderes Licht. Aber das ging sie eigentlich nichts an. Sie war neugierig, welche Erkenntnisse Meister Fujima gewonnen hatte.
Fujima nickte, als er sah, dass Leandra mehr wissen wollte. »In dem von uns abgesteckten Gebiet kamen sämtliche Lebewesen um«, sagte er. »Vollständig. Nach einer Stunde lebte auch nicht mehr der kleinste Sandfloh. Die beiden stygischen Konstrukte verzehrten innerhalb einer Stunde sämtliche Strukturen der Ordnung. Auch die meisten Pflanzen starben. Und selbst das Erdreich durchmischte sich mit Wasser, Luft und Gasen, das Wasser wurde faulig und die Luft stickig. Es war, wie wir vermutet hatten, das absolute Chaos. Wir versiegelten dann das Trivocum wieder.«
Leandras Herz klopfte ein wenig schneller. Dieses Experiment musste ebenso gefährlich wie Aufsehen erregend gewesen sein. In ihr regte sich der Wunsch, zusammen mit Meister Fujima zu forschen, sollte sie diese leidige Geschichte mit Chast jemals hinter sich bringen.
»Gehen wir einmal davon aus, dass sich Menschen gegenüber einer solchen Bedrohung dennoch ein wenig zur Wehr setzen können. Mit ihrer Phantasie und ihrer Willenskraft. Also sterben von hundert nicht alle, sondern einer überlebt.«
Leandra lachte trocken auf. Meister Fujimas fachliche Nüchternheit war fast ein wenig beklemmend. »Das heißt ... hundert mal zehntausend ... äh ... ist das eine Million? Haben dann vor dem Dunklen Zeitalter ebenfalls eine Million Menschen gelebt?«
»Bestenfalls«, sagte Meister Fujima. »Mehr sind kaum vorstellbar. Weißt du, was das heißt?«
Sie nickte langsam. »Ja. Weitere zweitausend Jahre zuvor, also von heute an vor ozertausend Jahren, haben ebenfalls nur zehntausend Menschen hier gelebt.«
Fujima nickte befriedigt. »Du bist ein kluges Kind, Leandra. Und nun rechnen wir noch weiter zurück. Es ist eine komplizierte Rechnung, die abermals viele Einzelheiten berücksichtigen muss. Wenn eine Gruppe klein ist, vermehrt sie sich zu Anfang nur sehr langsam. Gehen wir also noch einmal tausend Jahre zurück, dann kann die Menschengruppe zu dieser Zeit, also vor fünftausend Jahren, kaum mehr als eintausend Personen stark gewesen sein. Vielleicht sogar noch ein paar hundert weniger.«
Leandra war fasziniert von Meister Fujimas Ausführungen. »Eintausend Menschen? Vor fünftausend Jahren?«, fragte sie.
»Richtig. Und diese Zahl fällt zusammen mit dem Beginn unserer Geschichtsschreibung. Die allerältesten Überlieferungen und Aufzeichnungen, die heute überhaupt noch aufzufinden sind, gehen auf diese Zeit zurück. Seltsamerweise beherrschte man damals die Schrift fast in gleichem Maße wie heute, man vermochte Karten zu zeichnen, Schiffe zu bauen, Äcker zu bepflanzen und so weiter. Das geht aus diesen ältesten aller Überlieferungen hervor.«
»Wirklich seltsam«, gab Leandra zu.
»Aber woher kannte man das alles?« Meister Fujima hob fragend die Handflächen nach oben. »Kann es sein, dass irgendwann und irgendwo der erste Mensch zur Welt kam und er sich, während der Zeit, da seine ersten Tausend Nachkommen folgten, alle wichtigen Fähigkeiten der Menschen aneignete - nur um dann bis heute auf vergleichsweise dem gleichen Stand zu bleiben?«
Leandra schüttelte den Kopf. Sie sah nun die Gelegenheit, ihre lang gehegte Vermutung zu äußern. »Nein, sicher nicht. Es liegt nahe, dass diese tausend Leute irgendwoher kamen und ihr Wissen bereits mitbrachten.«
Meister Fujima grinste sie an. »Vollständig richtig, mein Kind! Ich sehe, mit dir kann man über solche Themen reden. Wir müssen unbedingt einmal miteinander ...«
Er wurde unterbrochen, als Vendar wieder erschien.
»Die Luft ist rein«, sagte er leise. »Wir können loslegen!«
Leandra seufzte. Für eine Viertelstunde hatte sie alle Furcht vergessen. Sie hoffte wirklich, dass sie noch einmal Gelegenheit erhielt, mit Meister Fujima
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