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Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Titel: Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Atmen ermöglichten.
    Was wäre die Welt, wäre das Trivocum undurchdringlich? War es nicht notwendig, dass an dieser feinen Grenze sich die Kräfte ewig zu vermischen versuchten, um Bewegung zu erzeugen? In diesen wenigen Augenblicken erkannte Leandra plötzlich, dass alles nur vom Blickwinkel des Betrachters abhing. Und sie wusste nur allzu gut, dass die Bruderschaft eine vollkommen starre Haltung dem gegenüber besaß - sie rissen grobe Öffnungen ins Trivocum, brachten graue Energien zum Fließen und kümmerten sich dann nicht mehr um sie - darauf vertrauend, dass sich das Trivocum von selbst wieder schließen werde. Nun sah sie, dass sie ihr Aurikel - oder wie immer es auch zu nennen war - nur von einem anderen Blickwinkel in dieses Gebilde des Trivocums setzen musste, und schon würde es von einem Bruderschafts-Magier nicht mehr zu erkennen sein. Es war wie die mitunter unbegreifliche Meinung eines anderen Menschen - man konnte sie nicht sehen und verstehen, ehe man sich nicht auf seinen Platz begab, um sie von dort aus zu betrachten.
    All diese Gedanken existierten seit langem unausgegoren in Leandras Denken, aber nun erlangte sie plötzliche Klarheit.
    Schon waren diese Wesen in bedrohlicher Nähe und Leandra handelte. Während sie noch das Bild jener dunstigen Meeresoberfläche im Sinn hatte und gleichzeitig spürte, wie eine Magie Meister Fujimas in der Nähe entstand, formte sich plötzlich vor ihrem Inneren Auge ein machtvoller Strudel im Wasser des Trivocums, aus dem schäumende Gischt aufstieg und sich zu etwas verdichtete, das nichts anderes war als eine gewöhnliche Magie - nur war sie von einem anderen Blickwinkel aus erzeugt. Sie war nicht weniger machtvoll als Leandras gewohnte Magien.
    Ihr persönlicher Stil hatte sich auf die mechanischen Kräfte eingeschworen, jene magisch herbeigeführten Zusammenballungen, die sich als so vielfältig einsetzbar erwiesen hatten. Noch bevor die Ghouls heran waren, ließ Leandra ihre stygische Waffe durch den Gang peitschen und die Bestien wurden zermahlen wie eine Horde von Käfern unter dem Fußtritt eines Riesen. Ein Knirschen hallte durch die Gänge - und wenn es das nicht war, was sie verraten würde, gab es nichts sonst. Das rötliche Trivocum, das sie jederzeit ebenfalls betrachten konnte, blieb stumm und unbewegt. Sie stellte fest, dass es so ruhig wirkte wie die vor sich hin dösende Oberfläche eines stillen Teiches an einem heißen Sommertag. Ein Gefühl des Triumphes überkam sie.
    Dann hörte sie aus einer anderen Richtung ähnliche Geräusche - dort war ohne Zweifel Meister Fujima am Werk. Leandra trat aus ihrer Deckung und eilte den Gang hinauf. Sie warf ein magisches Licht in die Luft, das sie begleitete - ein magisches Licht aus der Quelle ihres neuen Blickwinkels. Sie suchte förmlich nach neuen Gegnern - und die ließen nicht lange auf sich warten.
    Sie hatte eine größere Höhlung erreicht, von der aus Gänge in alle Richtungen führten. Und aus wenigstens vier Richtungen zugleich strömten mit einem Mal diese Bestien auf sie ein, fast mannshoch, mit zischenden Geräuschen und aneinanderschabenden Leibern. Leandra hatte in ihrem Hochgefühl fast ein wenig zu viel gewagt, denn sie hatte nicht mit einem solchen Ansturm gerechnet. Aber sie besaß noch immer Verbindung zum Trivocum und vermochte rasch zu handeln. Sie ließ ihre Magie sich in alle Richtungen ausbreiten, wie die ringförmigen Wellen eines Kiesels, den man ins Wasser geworfen hatte.
    Um sie herum krachte und knirschte es. Diese Monstren waren für einen Magier eigentlich leicht zu besiegen, sie besaßen keine große Widerstandskraft. Aber vielleicht lag ihr Hauptzweck darin, die Anwesenheit eines Magiers, der sich ihrer erwehren musste, zu verraten. Doch damit hatte sich die Bruderschaft nun gründlich verrechnet! Leandra fühlte ein unsägliches Triumphgefühl in sich aufsteigen. Mit dieser neuen Erkenntnis besaßen sie nun tatsächlich ein Mittel, unbemerkt in Torgard eindringen zu können!
    Zwei, drei weitere Male ließ sie ihre zerstörerische Welle nach außen peitschen und die auf sie einstürmenden Bestien kamen ihr nicht einmal nahe - sie wurden unter der Wucht ihrer Magie zurückgeworfen wie ein Haufen trockner Blätter, gegen die Höhlenwände geschmettert oder auf der Stelle zerquetscht. Es war eine starke Magie, wohl in der fünften oder sechsten Stufe, Leandra konnte es nicht einmal genau sagen. Aber das rötliche, das gewöhnliche Trivocum blieb vollkommen

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