Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
selbst und damit auch alle anderen in den Tod zu reißen. »Es ist vorbei! Und zwar ...!«
»Warte noch!«, schrie Leandra.
Chast hielt unwillkürlich inne. Leandra war voller Todesangst und wahnsinnig durcheinander. Sie hätte es beinahe nicht geschafft, ihren Blickwinkel zu verändern. Sie suchte nach Worten und bemühte sich zugleich, zusammen mit Meister Fujima das Trivocum von der anderen Seite her zu stabilisieren.
»Was ist ...«, stammelte sie, » ...wenn ... wenn ich dich um Gnade anflehe?«
Chast stieß ein schrilles Lachen aus. »Zu spät!«, brüllte er.
Dann entfesselte er die Energien des Stygiums.
Eine Welle unnennbarer Kräfte donnerte heran. Dass in diesem Augenblick die Welt um sie herum nicht zerbarst, sich nicht in einen kochenden Brei verwandelte, war dem glücklichen Zusammenspiel mehrerer Dinge zu verdanken. Gablina und Xarbas, die nicht an Leandras und Meister Fujimas Versuch beteiligt waren, bauten gemeinsam einen mächtigen Schutzwall auf. Beide waren Magier von hohen Graden und der Wall erwies sich tatsächlich als in der Lage, für wenige Augenblicke Chasts magische Gewalt aufzuhalten. Das zweite Ereignis war, dass der verängstigte Thorim eine verzweifelte Magie direkt auf Chast abschoss, die ihn zwar nicht erreichte, aber für einen winzigen Augenblick seine Konzentration störte. Und drittens hatte Meister Fujima von seinem Blickwinkel aus das Trivocum gepackt und zog es unter Aufbietung all seiner Kräfte zusammen, und die waren beträchtlich. Leandra schaltete sich in diesem Moment mit ein und kam ihm zu Hilfe.
Das Ergebnis war, dass sich Chasts Magie nicht entfalten konnte. Das Trivocum befand sich in einem Aufruhr, wie es Leandra noch nie erlebt hatte. Sie taumelte hin und her, fühlte sich wie mit Schmiedehämmern durchgewalkt, erlaubte sich aber nicht nachzulassen. Sie hatte das Gefühl, dass die Felswände um sie herum vibrierten und jeden Augenblick zerplatzen würden und dass die Luft selbst kurz davor stand, in Brand zu geraten. Meister Fujima, der kleine Mann, stand wie ein Stein mit geschlossenen Augen und erhobenen Fäusten da und pumpte all seinen Willen und seine Kraft ins Trivocum, um den furchtbaren Abgrund zu verschließen.
Chast hingegen stand mit großen, erstaunten Augen da und konnte nicht glauben, was geschah. Man sah ihm an, dass er seine Bemühungen im nächsten Moment noch verstärkte, und Leandra glaubte, dass ihr gleich der Schädel bersten werde.
Dann passierte etwas Furchtbares. Gablina wurde von irgendeinem Energiefinger gepackt und wie eine Puppe durch die Grotte gewirbelt. Sie krachte gegen die Höhlendecke, fiel dann herab und schlug auf den Boden. Sie blieb reglos liegen.
Als Nächsten erwischte es Thorim. Er wurde von einer pfeilgeraden Lanze violetter Energie durchbohrt und nach hinten geschleudert. Leandra sah mit Entsetzen, was geschah. Alina mit dem Neugeborenen war frei genug, sich nach hinten zurückziehen zu können. Aber das würde ihnen auch nicht mehr helfen.
Dann stürmte Yo plötzlich mit Todesmut voran, in jeder Hand einen Dolch haltend, und sie kam mit beinahe schon magisch zu nennender Schnelligkeit an Chast heran - sie erreichte ihn sogar. Leandra war nicht sicher, ob sie ihn mit einer ihrer Waffen verletzte -bevor sie zur Seite gewirbelt und irgendwo gegen eine Wand geschleudert wurde.
Leandra sah, wie sich das Trivocum wieder öffnete, wie der furchtbare Riss noch weiter aufklaffte und die grauen Energien hungrig ins Diesseits herüberleckten.
Es war bewundernswert, mit welcher Kraft Xarbas seinen Schutzwall aufrechterhielt, aber es würde ebenfalls nichts nützen. Chast gewann die Oberhand. Es war nur noch eine Frage von Augenblicken, dann wäre alles vorbei.
Was danach passierte, war wie ein Traum. Ein Traum, der gar nicht hierher passte, der wie aus einer anderen Welt gekommen schien.
Leandra, die schon kurz davor war aufzugeben, sah in einem Moment, da die Welt völlig verzerrt war und kurz vor dem Bersten zu stehen schien, dass plötzlich eine Person im Eingang der Grotte erschienen war. Sie sah es undeutlich, nur aus dem Augenwinkel, und war nicht in der Lage, ihren Blick zu klären. Erst dachte sie, es sei der Magier, den Chast geschickt hatte, um die anderen Angreifer zurückzuschlagen. Dann aber erkannte sie, dass diese Person viel kleiner war. Ihre Sinne waren unter dem entsetzlichen Druck von Chasts Magie schon halb geschwunden. Sie sah nur, dass diese Person hinter Chasts Rücken aufgetaucht war und dass
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