Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
was wir tun wollen. Meinst du nicht?«
»Du meinst, nach Savalgor zu gehen und ihm Ärger zu bereiten?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ganz so einfach ist es nicht, glaube ich. Es könnte ihn zum Beispiel interessieren, ob ich die Jambala noch habe. Oder ein anderes der Drei Stygischen Artefakte.« Noch immer strichen ihre aufmerksamen Blicke über die Büsche und Bäume, das Flussufer und den angrenzenden Wald.
»Nichts zu sehen«, sagte sie leise.
Hellami folgte stumm ihren Blicken.
Der Wald um sie herum lag im warmen Abendlicht, und der Iser, der hier eine Breite von immerhin schon gut fünfzig Schritten erreicht hatte, strömte bereitwillig und ohne jedes Aufsehen in die Morne hinein - den viel breiteren Mutterfluss, der aus dem Norden kam, aus den Steppen von Nordakrania, wo es nur Gras, weite Ebenen und riesige Herden von wilden Mulloohs gab.
Hier, wo sich das Flüsschen aus Angadoor mit der Morne vereinte, strebte ein schmaler Stützpfeiler zum Felsenhimmel auf. An seiner Westseite klammerten sich die Ausläufer eines Fichten- und Kiefernwaldes bis in große Höhen an seiner steilen Flanke fest, während der graue Fels der Westseite des Pfeilers senkrecht in die Wasser der Morne hinabstürzte. Noch weiter westlich, jenseits des großen Flusses, begannen die dunklen Weiten des Mornewaldes, aus dem sich hier und dort andere, mitunter sehr mächtige Stützpfeiler erhoben und zu einem Teil des Felsenhimmels aufstrebten, der niedriger war und über weite Strecken keine oder nur winzigkleine Sonnenfenster aufwies.
Wie überall an Orten, die in ewigem Schatten lagen, rankten sich allerlei Legenden um diese dunklen Teile des Waldes. Meistens gab es jedoch nichts Besonderes, sah man einmal davon ab, dass das ewige Dämmerlicht die Vorstellungskraft der Menschen beflügelte. Es war eine Gegend von eigentümlicher Schönheit, hier, wo das lichte Hochland des Nordens, getrennt durch die grünen Wasser der Morne, auf den dunklen Mornewald traf. Leandra war noch nicht oft hier gewesen.
Sie deutete am Ufer der Morne entlang, dorthin, wo der steile Fels des Stützpfeilers das Ufer des Flusses bildete. »Dort oben, siehst du?«, sagte sie. »Da wohnt der Schmied. Er heißt Marthis.«
Erstaunt folgten Hellamis Blicke der deutenden Hand ihrer Freundin. Dann schließlich, nach einigem genauen Hinsehen, erkannte sie endlich seine Behausung. Sie lag mindestens hundert Ellen über dem Wasser und schien direkt in den Felsen gehauen zu sein. Sie stieß einen leisen Pfiff aus. »Da oben? Uh ... der Mann muss aber ziemlich schwindelfrei sein!«
Leandra lächelte. »Ja, wahrscheinlich. Er hat mir erzählt, dass er einmal, vor vielen Jahren, von da oben aus ins Wasser gesprungen ist. Einmal musste er es tun, sagte er.«
Hellami starrte sie mit ungläubigen Augen an. »Du verkohlst mich!«
Leandra schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein. Ist wirklich wahr. Ich glaube es ihm jedenfalls.« Sie setzte sich in Bewegung und zog Hellami mit sich. »Er erzählte, wie er damals an diesen Ort gezogen war, vor fünfundzwanzig Jahren oder so, weil er dort oben eine herrliche kleine Höhle entdeckt hatte, samt einem gangbaren Weg hinauf und einem kleinen Felsabsatz, auf dem er sich einen Balkon bauen konnte. Er meinte, dass es für ihn nur diese eine Schwierigkeit gab - nämlich jeden Tag mehrfach in diesen Abgrund hinab zu sehen und immer mit der Angst zu leben, dass er vielleicht irgendwann mal ausrutschte und hinunterfiel. Dieser ... Balkon ist nämlich sehr schmal, weißt du?«
Hellami schüttelte ungläubig den Kopf und sah zu der Stelle an der Felswand hinauf. Sie marschierten über einen kleinen Pfad am Ufer entlang, nicht mehr weit vom Fuß des Stützpfeilers entfernt. Der Pfad mochte von Mensch und Tier gleichermaßen benutzt werden, er war jedoch kaum zu erkennen - sicher kamen nicht viele Leute im Laufe eines Jahres hierher.
»Und da dachte er«, folgerte Hellami, » ...bevor es mich irgendwann einmal erwischt, springe ich lieber freiwillig!«
Leandra nickte. »Ja, so ungefähr hat er sich ausgedrückt. Er sagte, er hätte einfach wissen müssen, wie es ist, wenn man da runterzischt, um die Angst verlieren zu können. Also atmete er eines Morgens, als er aufwachte, zehnmal tief durch, ging raus auf seinen Balkon und ließ sich fallen.«
Hellami starrte Leandra an. »Und?«
Leandra zuckte die Schultern. »Nun - ein paar Augenblicke später war er unten.«
»Ja doch! Ich meine - ist ihm etwas passiert?«
»Nein«,
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