Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
persönliches Fest sein!«
Valerian nickte matt. »Ja, das kann ich verstehen.« Chast starrte Valerian eine Weile an. Dann sagte er: »Und nun geh mir aus den Augen, bevor meine Laune völlig dahin ist. Mach deine Arbeit und vergiss meine Warnung nicht!«
15 ♦ Stygische Magie
Leandra blickte auf, als sie spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. Hellami war aufgestanden, zu einem der kleinen Fenster getreten und blickte hinaus. Es war die Art, wie sie dastand, etwas in ihrer Haltung, das Leandra sagte, dass ihre Freundin etwas gehört oder gesehen haben musste, das nicht hierher gehörte.
Unwillkürlich tasteten ihre Sinne nach dem Trivocum, und schon im nächsten Augenblick war ihr klar, dass sie sich in höchster Gefahr befanden. Blaue und hell- bis dunkelviolette Farben schwappten wie die trägen Wellen eines kochenden Schlammlochs entlang der magischen Grenzlinie, und Leandra wusste sofort, dass da Rohe Magie am Werk war.
Aber es ging alles viel zu schnell.
Bevor sie sich innerlich auf die drohende Gefahr einstellen konnte und bevor es ihr möglich war, aufzufahren und Hellami etwas zuzurufen, handelte ihre Freundin schon. Irgendetwas musste sie durch das Fenster gesehen haben, vielleicht im Licht eines Blitzes, vielleicht aber hatte sie auch nur ein Geräusch vernommen. Es veranlasste sie offenbar dazu, augenblicklich etwas zu unternehmen, und Leandra ahnte nicht, was Hellami vorhaben könnte. Als sie es begriff, war es schon zu spät. Später hatte sie die Szene immer wieder vor Augen; so als würde alles in verlangsamter Geschwindigkeit nochmals vor ihrem geistigen Auge ablaufen -immer und immer wieder ... Ihre Ohnmacht, etwas dagegen zu unternehmen, nahm ihr oft den Atem.
Sie sah, wie Hellami, die eben noch mit ungläubigen Blicken durch das kleine Fenster gespäht hatte, plötzlich die Fäuste ballte, als steige eine gewaltige Wut in ihr hoch, dann mit zwei, drei Schritten nach links zur Tür der Hütte stürmte und die Hand nach dem Riegel ausstreckte. Leandra wusste noch, dass sie in diesem Augenblick irgendein unartikuliertes Geräusch zustande gebracht hatte, etwas, das Hellami warnen sollte -denn ihr war vollkommen klar, dass es das Dümmste auf der Welt war, dem dort draußen lauernden Gegner unbewaffnet und ohne Deckung gegenüberzutreten.
Aber genau dies war Hellami im Begriff zu tun.
Leandra konnte es sich später nicht anders erklären, als dass Hellami allein mit ihrer Wut den feigen Kerlen da draußen gegenübertreten wollte, um ihnen ihre Verachtung entgegenzuschreien, ihnen zu sagen, was sie von Männern hielt, die mit Schwertern und Magie bis an die Zähne bewaffnet zwei einfachen jungen Frauen nachstellten, so als gehe es um den Kampf gegen ein gewaltiges Monstrum, das man mit einem Riesenaufgebot an Kämpfern aus der Welt schaffen musste. Hellamis Wut war verständlich, aber die Wahl ihrer Mittel war mehr als dumm.
Einen Augenblick später schon hatte sie die Tür aufgerissen, und während Leandra sich in die Höhe kämpfte, dabei merkte, wie sich im Trivocum etwas Gewaltiges aufbaute und Hellami dazu anhob, etwas in die regendurchpeitschte Nacht hinauszuschreien, wurde ein hohes Pfeifen hörbar, das unvermittelt in einem dumpfen Klatschen endete.
Hellamis Worte brachen ab, sie taumelte zurück. Einen Augenblick später fiel sie rücklings zu Boden.
Leandra schrie auf. Sie stürzte zu ihrer Freundin, die röchelnd auf dem Rücken lag, während die Tür der Hütte im Sturm auf und zu knallte. Ein Pfeil, fast anderthalb Ellen lang, ragte mitten aus ihrer Brust. Leandra sackte, von Entsetzen gepackt, vor ihr auf die Knie.
Das rettete ihr selbst vorerst das Leben, denn ein zweiter Pfeil sirrte herbei, fand die Lücke der für diesen Moment aufklaffenden Tür, zischte über Leandra hinweg und blieb mit einem scharfen Knall und hässlich zitternd in der gegenüberliegenden Holzwand stecken.
Leandra fiel über Hellami, war für endlose Momente nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Dann rappelte sie sich hoch und sah entsetzt, wie Hellamis Brust sich nur noch mühsam hob und senkte. Ihre Augen starrten ungläubig zur Decke hinauf; aus ihrem Mundwinkel sickerte Blut.
Doch Leandra blieb nicht einmal die Zeit zu begreifen, was soeben geschehen war.
Ihre aufgestachelten Sinne spürten schon wieder etwas. Dabei wusste sie nicht einmal, ob noch ein Funken Leben in ihrer Freundin war oder ob schon alles vorbei war. Mit einem ohnmächtigen Aufheulen und einer unvermittelt
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