Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Maße als bei ihren zaghaften ersten Versuchen. Mit Macht hielt sie den Energiestrom aufrecht und begann, im Stygium nach komplexen Verwebungen zu suchen.
Sie wurde bald fündig. Ein kraftvoller Knotenpunkt schoss herbei und versuchte, ihren Energiefinger zu durchdringen, aber das Aurikel der siebenten Stufe, oder was auch immer sie da erzeugt hatte, war viel zu stark. Machtvolle diesseitige Kräfte umschlangen den stygischen Knoten knapp jenseits der Grenze des Trivocums und hielten ihn gefangen. Der Knoten, den sie dort gebunden hatte, begann zu toben, aber er war zu schwach, um gegen die massiven vitalen Kräfte ankämpfen zu können, die sie durch ihr Aurikel aufrecht erhielt. Und dann war sie soweit. Sie hatte ihr Medium gefunden, hatte eine Verwebung niederer oder mittlerer Ordnung im Stygium herbei gezwungen und war nicht länger in Gefahr. Dafür aber der Dämon, den Usbalor im Diesseits manifestiert hatte - aber der ahnte noch nichts davon.
An der Stelle, an der ihr Energiestrom den stygischen Knoten gefangen hielt, baute sich eine Kraft auf. Es kostete sie gewaltige Anstrengungen, den Energiestrom nicht abreißen zu lassen, ja, ihn noch weiter zu stärken; aber je mächtiger er wurde, desto stabiler wurde auch ihr Konstrukt. Im Stygium entstand ein Gegendämon, eine Verwebung diesseitiger Kräfte, die das Stygium in furchtbaren Aufruhr versetzte.
Die Kräfte um sie herum tobten. In dem Augenblick, in dem der Dämon Usbalors seine Klauen nach Leandra ausstreckte, begann er sich von innen heraus zu zersetzen. Sie beobachtete mit Schrecken und Unglauben, was geschah. Schreckliche Klauen und Reißzähne entstanden aus dem Nichts und bissen Usbalors Dämon Gliedmaßen ab. Ein abgründiges Gebrüll wurde hörbar. Leandra wollte es sich nicht nehmen lassen, Usbalor dabei zu beobachten, aber plötzlich fiel ihr ein, dass da noch die Bogenschützen waren, und gegen die konnte ihre Magie in diesem Augenblick nichts ausrichten. Sie spielte derzeit auf einem anderen Feld - auf der anderen Seite. Dort, wo auch Usbalors Geist arbeitete und den anderen Dämon mit stygischen Energien fütterte. In ihrer verzweifelten Wut pumpte sie ihren Gegendämon voller Energien und Usbalors Konstrukt fiel immer schneller in sich zusammen. Und mit ihm der Magier der Bruderschaft von Yoor. Sie konnte es nicht sehen, aber sie vermochte es durch das Trivocum wahrzunehmen. Usbalor gelang es nicht, sich aus seiner Verwebung zu lösen. Was seinem Dämon geschah, das geschah auch ihm.
Sie hörte sein überraschtes, hohles Gebrüll durch das Trivocum hallen, und in dem Moment, in dem sein Dämon von Leandras Gegendämon zerrissen wurde, wurde auch Usbalor zerrissen. Auf einen Schlag war das abgründige Spektakel vorbei.
Sie atmete angestrengt und versuchte, sich zu beruhigen.
Als sie dann aber das Norikel setzen wollte, erkannte sie, dass ihr Gegendämon im Stygium noch immer existierte. Er musste dort drüben ein wahres Gewitter der Energien hervorrufen, welches die Kreaturen des Stygiums, wie auch immer sie aussehen mochten, in schreckliche Angst und furchtbares Chaos stürzten.
Nein - korrigierte sie sich, nicht in Angst und Chaos. In Frieden und wohlgefällige Ordnung. Das nämlich waren die Erzfeinde des Stygiums, so grotesk es auch klang. Alles, was sie dort an Aufruhr erzeugte, entstammte den Prinzipen der Ordnung. Wahrscheinlich, dachte sie grimmig, flogen dort jetzt Engelchen und bunte Schmetterlinge umher und versetzen die Welt des Stygiums in namenloses Entsetzen. Blumige Düfte ließen die stygischen Wesen erschauern, wie es Leichengestank bei den Menschen im Diesseits tat. Ruhe und lichtvolle Auren zerschmetterten die Knotenpunkte des Chaos zu kosmischem Staub. Und dann plötzlich erkannte sie ihre Möglichkeiten. Wenn im Augenblick auch nur schemenhaft.
Mit einer neuerlichen Anstrengung sandte sie ihren Gegendämon aus, andere Knoten aufzuspüren. Bald schon fand sie genau das, wonach sie suchte: rasche Zusammenballungen von blendenden Energien, welche die auslösenden Kräfte für die Blitze waren, die im Gewitter des Diesseits vom Himmel herabzuckten. Sie erkannte, dass sie diese würde lenken können.
Noch immer bedrohten sie die Bogenschützen und Schwertkämpfer.
Einer davon hatte Hellami getötet. Ihre Blicke glitten nach links, wo der leblose Körper ihrer Freundin lag, und für diesen einen Augenblick ergab sich aus irgendeinem Zufall eine Linie, ein kleiner, magisch verwobener Kontakt zu ihr, und Leandra sah,
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