Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Titel: Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
Vom Netzwerk:
dass es zu spät für sie war. Zu oft schon hatte sie im Trivocum die Auren sterbender Wesen erblickt, hatte manchmal sogar zusehen können, wie die hellroten, pulsierenden Farbtöne des Lebens aus ihnen wichen und zu tiefem Graublau verblassten.
    Dieser Anblick hätte sie an anderen Tagen vor Verzweiflung zusammensinken lassen. Jetzt aber nährte er nur das Maß des Zorns, den sie empfand. Todesmutig richtete sich Leandra auf und suchte nach den Männern. Ihre geistigen Kräfte hielten Kontakt zu ihrem Dämon im Stygium, der inzwischen unerhört stark geworden war. Doch ihre Augen konnten keinen der Gegner erblicken. Gleich darauf schoss ihr die Lösung durchs Hirn. Sie schickte ihren Dämon weiter durchs Stygium und befahl ihm, sich aufbauende Knoten anzustoßen. Augenblicklich knatterte eine Reihe von Blitzen im Gewitter des Diesseits herab - gefolgt von krachenden Donnerschlägen. Dann hatte sie einen der Männer draußen auf dem Feld erkannt. Es war nur ein kurzer Gedanke, so schnell, dass sie es selbst kaum verstand, und der Mann wurde von dem wabernden Energiefinger eines Blitzes getroffen und stand augenblicklich in Flammen.
    Ein verirrter Pfeil schlug mehrere Schritte neben ihr ins Holz. Schon hatte sie den nächsten Schützen ausgemacht. Von der tödlichen Leidenschaft ihrer neuen Macht gepackt, sprang sie durch das verkohlte Loch in der Hütte und rannte aufs freie Feld hinaus. Ein weiterer Pfeil sirrte heran und eine Woge von mörderischer Befriedigung erfasste sie, als sie den Pfeil, der sie ohnehin weit verfehlt hätte, mitten im Flug durch einen herabzuckenden Blitz abschoss! Ein scharfer Donnerschlag, der augenblicklich folgte, hob sie beinahe von den Füßen. Was für eine Macht! Leandra stöhnte auf. Ihr Denken war nicht mehr von dieser Welt, sie war sich dessen sogar am Rande bewusst - aber sie überging es.
    Rache - das war ihr Beweggrund! Der Mann, der den Pfeil abgeschossen hatte - er stand gar nicht weit von ihr -, stöhnte entsetzt auf, als er sah, was mit seinem Pfeil geschehen war. Er wurde das nächste Opfer. Ein Blitz schoss herab und fällte ihn dort, wo er stand. Sie hörte das entsetzte Aufschreien der anderen. Wieder traf sie einen der Männer, dann einen letzten. Sie hatte irgendwie das Gefühl, dass es noch einen oder zwei geben musste, aber die waren zweifellos bereits kopflos auf der Flucht.
    Dann stand sie siegreich und schwer atmend mitten auf dem Feld.
    Der Regen strömte noch immer herab - sie wusste, dass sie ihn vielleicht sogar aufhören lassen konnte. Doch plötzlich wurde ihr schwindelig. Sie schloss die Augen, setzte ein sorgfältiges Norikel und mit einem Schlag war der Spuk vorbei. Kurz noch hörte sie das Echo der heranbrandenden Kräfte, die sich auf ihren zurückgelassenen Dämon im Stygium stürzten, aber sie hatte nun genug von diesem Chaos und löste sich völlig aus der Sphäre der Magie.
    Sie sackte zusammen und kniete keuchend auf dem Feld.
    Sie hatte gewonnen und verloren zugleich.
    Hellami lag tot dort in der Hütte, und irgendwie dachte Leandra, dass sie jetzt auch sterben wollte. Es war zu viel, einfach zu viel. Sie wusste, dass sie eine Macht erschlossen hatte, mit der sie vielleicht sogar gegen Chast ankämpfen konnte, aber sie wusste nicht mehr, wofür.
    Alles war ihr genommen worden. Sie hatte in den letzten Tagen endgültig gelernt, dass sie ein Nichts ohne ihre Freunde war, ohne die Leute, die sie liebte und die ihr Liebe geben konnten. Der Gedanke an den Tod ihrer Freundin war fast nicht zu ertragen. Er wütete schlimmer in ihrem Hirn, als ihr Dämon es eben im Stygium getan hatte. Sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, einem anderen Gedanken, der sie festhalten konnte; der die Macht hatte zu verhindern, an Hellami denken zu müssen.
    Für einen furchtbaren Augenblick spürte sie einen ekelhaften Schwindel, von dem sie instinktiv wusste, dass er von jener Art war, einem das Hirn zu zerstören, einen zu einem sabbernden Idioten zu machen. Sie ließ sich fallen und presste das Gesicht ins nasse, kalte Gras. Dann rollte sie sich herum und stieß einen Schrei aus, der auf eine seltsame Weise die Erinnerung an ihren Kampf zurückbrachte - an Usbalor, die beiden Dämonen und die Bogenschützen, die sie umgebracht hatte. So wahnsinnig dieses Ereignis auch gewesen war - für diesen gefährlichen Augenblick stellte er sich als ein rettender Anker der Wirklichkeit heraus, der ihr Halt bot.
    Sie blieb, wo sie war.
    Sie versuchte, ihren Atem zu

Weitere Kostenlose Bücher