Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Gewächs einfach niederzubrennen, aber das wäre für sie alle tödlich ausgegangen. Sie würden hier gebraten werden.
»Eis!«, keuchte er, kaum wissend, wie ihm dieser Gedanke plötzlich gekommen war. »Versuch es... mit Eis!«
»Was?«, rief Roya. Ihre Stimme hörte sich weinerlich und verzweifelt an. Wahrscheinlich steckte auch sie schon bis zum Hals in diesem albtraumhaften Gestrüpp. Der nächste Augenblick war ein regelrechter Schock. Ein heulender Sturm fuhr durch den Raum und brachte klirrenden Frost. Die Kälte brannte auf der Haut wie Messerstiche und ein Stakkato von zahllosen knackenden Geräuschen wurde hörbar.
Eis! Instinktiv hatte er den richtigen Gedanken gehabt.
Er spürte, wie der Würgegriff der Ranken ein wenig nachließ, wie die Hitze in ihnen verebbte. Sein linker Arm war noch einigermaßen frei und er bewegte ihn. Es knackte und der Druck ließ nach. Er stieß ein Gurgeln aus, kniff die Augen zusammen, denn er hatte das Gefühl, dass ihm die Eiseskälte die Finger, die Lippen und die Ohren einfrieren wollte. »Bewegt euch!«, krächzte er unter Aufbietung aller Kräfte. »Bewegt euch, sonst erfrieren wir!«
Dann kam das Schlimmste. Er musste sich befreien und das war entsetzlich schmerzhaft. Vorsichtig bewegte er den linken Arm, aber die Dornen, die sich durch seine Kleidung gebohrt hatten, brannten in seiner Haut wie Feuer. Es war so schmerzhaft, dass er Angst bekam, er würde es nicht schaffen. Hinter sich hörte er Roya röcheln, Quendras hingegen rührte sich gar nicht mehr.
In seiner Verzweiflung holte er so tief Luft, wie er nur konnte, stieß dann ein lang gezogenes, tief aus seiner Wut kommendes Brüllen aus und spannte all seine Muskeln an. In einem einzigen explosiven Augenblick tobte er sich aus dem Dickicht der Ranken frei. Um ihn herum barsten sie, fielen in tausend Stücken zu Boden.
Die Schmerzen waren fast unerträglich und die furchtbare Kälte schien ihm die Kräfte aus dem Leib saugen zu wollen. Er konnte sich wieder einigermaßen bewegen und sah, dass er sich beeilen musste, wenn er Roya und Quendras noch retten wollte. Nicht die Ranken würden sie töten, sondern in erster Linie die Kälte.
Mit einem abermaligen Aufbrüllen kämpfte er sich völlig frei. Durch seine heftigen Bewegungen hatte er seine Körperwärme wieder etwas mobilisiert und irgendein gnadenvoller Mechanismus ließ ihn die schrecklichen Schmerzen nicht spüren.
Er setzte sein Schwert ein, um die gefrorenen Ranken in unzählige Bruchteile zu zerschmettern. Roya hatte er zuerst frei, und als er sie in Sicherheit bringen wollte, musste er erst kurz überlegen. Er musste sie tragen - und zwar vorwärts durch den nächsten Torbogen; außerdem nur einen Schritt weit, andernfalls würde er nicht mehr hierher zurückkehren können. Dann wäre es um Quendras geschehen. Und er musste auch ihn retten - das war er ihm schuldig.
Er ließ sein Schwert fallen, packte Roya, wie ein Arbeiter einen schweren Mehlsack packte, marschierte zum nächsten Torbogen und stieß sie mit einem Ächzen hindurch. Sie verschwand, und mit allem, was dort drüben auf sie warten mochte, musste sie nun allein fertig werden. Für Quendras wurde die Zeit knapp.
Victor wandte sich um und hob sein Schwert wieder auf. Die Schweißperlen auf seiner Stirn gefroren in der Kälte dieses Raumes. Sie verwandelten sich in Reif, und als er mit der Hand durch seine Haare fuhr, knackte und knisterte es.
Sein letzter Akt war, den regungslosen Quendras aus seinem Rankengefängnis zu befreien. Er fühlte sich schwächer werden, als er mit seinem Schwert auf die Ranken einhackte. So eine unglaubliche Kälte hatte er noch nie erlebt. Aber es war offenbar die einzige Lösung gewesen. Die Ranken, von denen die meisten nicht dicker als ein kleiner Finger waren, schienen völlig eingefroren zu sein. Er fragte sich, warum sich sein eigener kleiner Finger noch immer lebendig anfühlte.
Endlich hatte er Quendras frei; das Gesicht seines Gefährten war fast völlig von Raureif überzogen. »Quendras!«, keuchte er. Er wischte dem Magier mit der vor Kälte brennenden Hand durchs Gesicht, aber Quendras zeigte keine Reaktion. Mit einem letzen Aufgebot aller Kräfte zerrte er ihn aus den restlichen Ranken, schleifte ihn über den Steinboden und ließ sich, den Magier mit sich ziehend, durch den Torbogen fallen, durch den er Roya gehievt hatte.
30 ♦ Sprung ins Nichts
Die Schmerzen ließen auf wundersame Weise schnell nach. Victor stöhnte, schlug die
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