Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
aufhalten! Das Rutschen?«, fragte Victor.
Quendras antwortete nicht gleich. »Wozu?«, fragte er tonlos und deutete mit dem Daumen über die Schulter in Richtung des Torbogens, durch den sie hierher gekommen waren. »Dieser Durchgang ist jetzt ohnehin zu!«
Victor nickte. »Aber es muss irgendeinen Grund haben, dass wir rutschen. Man will uns innerhalb einer bestimmten Zeitspanne irgendwohin befördern - unausweichlich!«
Quendras setzte sich auf. Das ernste Gesicht stand ihm vorzüglich, genauso hatte ihn Victor aus seiner Zeit bei der Bruderschaft in Erinnerung. »Eine Aneinanderreihung von tödlichen Fallen funktioniert dann am besten«, sagte er und deutete nach vorn, »wenn sie nicht irgendwie wahllos tödlich, sondern gut aufeinander abgestimmt sind. Das galt gewissermaßen als die Hohe Kunst des Labyrinthbaus.«
Victor verzog das Gesicht. »Eine Kunst, sagst du?«
»Ja«, antwortete Quendras. »So sahen es die Erbauer. Tod als eine makabre Kunstform wenn du so willst.«
Roya wurde unruhiger. Sie saß am weitesten vorn und begann, von dort wegzukrabbeln. Victor sah zu Boden und fuhr mit der Hand über den glitschigen Fels. Das Rutschen war grotesk. Die Geschwindigkeit war auf unheimliche Weise langsam, aber es ging unaufhaltsam weiter. Sie veränderten kaum den Abstand zueinander - und bewegten sich jede Minute vielleicht vier oder fünf Schritt. Es gab kein Mittel dagegen. Alles hier war von dem glitschigen Schleim überdeckt. Victors Hosenboden und seine Knie waren bereits durchnässt und der schleimige Film hatte sich auch auf seinen Händen abgesetzt. Er rieb prüfend die Finger aneinander.
Roya hatte mühevoll die zwei Ellen Distanz zu ihm überwunden und keuchte vor Anstrengung. Er zog sie zu sich heran und schob sich selbst vor sie. Quendras streckte die Hand nach ihr aus; sie ergriff sie dankbar und zog sich weiter nach hinten. Victor blickte voraus, aber außer der Dunkelheit des Ganges war dort noch nichts zu sehen. Ihm wurde immer mulmiger zumute.
»Was würdest du tun, wenn du, nach dieser Dornenranke, in so einen Gang gerietest?«, fragte Quendras von hinten.
Victor war froh, dass Quendras, ebenso wie er, das Problem mit Logik anzugehen versuchte. Das gab ihm Mut. Blinde Panik half gar nichts. Er dachte nach. »Ich... ich würde wohl versuchen, mich zurück zu kämpfen. Dem Rutschen irgendwie zu widerstehen.« Er holte Luft und nickte. »Wahrscheinlich... so lange, bis ich völlig erledigt bin.«
»Stimmt. Und zuletzt würdest du, völlig entkräftet und voller Panik, doch durch den Torbogen dort vor uns rutschen.« Er deutete den Gang hinab. »Wahrscheinlich immer noch strampelnd und um Halt suchend.«
Victor grinste grimmig; noch war kein Torbogen zu sehen. Aber mit Sicherheit würde einer kommen. »Du meinst, wir sollten jetzt, da wir noch ein wenig Kraft haben, genau in diese Richtung rennen? So schnell wir können?«
»Ich tippe auf... nun, vielleicht so etwas wie eine Schnappfalle, die losgeht, wenn man direkt hinter dem Torbogen den Boden berührt«, sagte Quendras. »Irgendetwas in dieser Art. So seltsam es auch klingt -ein Labyrinth muss irgendwie begehbar sein. Diesen Pakt muss man ja auch kriegen können. Was, wenn die Leute, die das Labyrinth einst erbauten, ihn benötigten? Wie hätten sie ihn je wieder holen können, wenn hier alles vollkommen tödlich ist?«
Roya richtete sich auf. »Du meinst, es gibt für jede Falle einen Trick, wie man sie umgehen kann?«
»Es muss so sein!«, sagte Quendras voller Überzeugung. »Sonst wäre der Pakt auf ewig und alle Zeiten hier eingesperrt! Niemand, und auch nicht die Erbauer, hätten ihn je wieder an sich bringen können!«
»Ha!«, machte Victor. »Ich ziehe den Hut vor dir, großer Schwarzmagier! Also... wirklich eine Schnappfalle? Ein Brett voller Metallspitzen? Oder Klingen?«
Quendras schnaufte. Er hielt Roya im Arm und beide starrten voller Angst in die Dunkelheit. »Ich weiß es nicht. Ich denke und hoffe nur, dass es irgendeine Falle ist, die man nur mit Geschwindigkeit überwinden kann. Eben genau mit dem, was man normalerweise mit Sicherheit nicht hat, wenn man dort am unteren Ende ankommt!«
Victor nickte. »Stimmt. Sonst hätten sie diese Rutschbahn abschüssiger gebaut! Sie ist gedacht, dass man langsam dort unten ankommt!«
»Wir werden sterben, wenn ihr Unrecht habt«, sagte Roya tonlos.
Betroffenes Schweigen kehrte ein.
Das Rutschen ging unaufhaltsam weiter und plötzlich wurde das Ende des Ganges sichtbar
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