Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Schade, dass er mit der Zwölf Unrecht hatte. Er ging zu dem Torbogen, durch den sie gekommen waren. Er war leicht zu erkennen, denn unterhalb von ihm war die Wand, die in die Tiefe führte, von feuchtem Schleim und Moos bedeckt. Immerhin hatten sie diesen Anhaltspunkt. Er zählte ab, ging dabei links herum auf dem Sockel entlang und blieb vor dem neunten Torbogen stehen. Etwas mehr als zwei Schritte über den bodenlosen Spalt trennten ihn davon. Roya gesellte sich zu ihm.
»Schau mal«, sagte sie leise und deutete auf das Kopfstück des Torbogens. »Da sind überall Zeichen in den Kopfstücken. Ist das dort ein... Turm?«
Victor sah hinauf. Tatsächlich, ein Turm.
»Du meinst...?«
»Sardins Turm! Wenn man zu ihm will, muss man durch den Tunnel von Hammagor! Stimmt das nicht?«
»Oder durch diesen Torbogen«, wandte Victor ein.
»Aber der liegt doch ebenfalls in Hammagor!«, sagte Roya aufgeregt. »In dem Raum, in dem das Labyrinth beginnt.«
Victor starrte das Zeichen an, dann musterte er die anderen: eine Monsterfratze, die einem der Wächter ähnelte, ein seltsames Ding, das man für den eisernen Lüster der großen Halle hätte halten können, einen Felspfeiler, der in der Form dem ähnelte, der neben der Festung aufragte, und andere mehr. Über dem Durchgang, durch den sie gekommen waren, befand sich nur ein einfacher Stern. Victor ging zurück zu dem Durchgang mit dem Turm.
»Da ist was dran!«, sagte er. »Sardins Turm. Wer dort hin will, muss durch Hammagor!« Er blickte zu Quendras, der mit hängenden Schultern neben dem Sockel stand.
»Vielleicht sollten wir erst mal nachsehen«, sagte Victor, »ob dieses verdammte Ding dort überhaupt der Pakt ist!« Alle drei blickten auf die in dünnes Leder eingeschlagene Rolle und traten zu dem Sockel.
»Keine Falle mehr?«, fragte Victor.
Quendras schüttelte den Kopf. »Auf der magischen Ebene kann ich nichts wahrnehmen. Du, Roya?«
Sie schüttelte ebenfalls den Kopf.
»Augenblick mal«, sagte Victor. »Müsste dieser Pakt nicht... eine meilengroße Aura besitzen? Er enthält doch den Kryptus«
»Meilengroß wird sie erst, wenn der Kryptus ausgelöst ist«, erklärte Quendras. »Für den Moment dürfte das spürbare Potenzial sehr gering sein. Und diese Lederhülle ... nun, ich denke, sie soll selbst dieses geringe Potenzial noch verbergen. Auf magische Weise. Sonst wäre der Pakt für jeden Magier wie ein Leuchtfeuer, zu dem er leicht finden könnte.«
Victor musterte Quendras mit einem scharfen Blick. Der Bruderschaftsmagier bewies mit jedem Satz, den er äußerte, wie fundiert sein Wissen war.
»Also, dann... nehme ich ihn mal!«, sagte Victor, hielt die Hand griffbereit über der Lederrolle und sah Quendras und Roya fragend an.
Beide nickten und Victor griff zu.
Kaum hatte er das Objekt in der Hand, ertönte ein scharfes Knacken. Alle drei blickten erschrocken auf. Das Knacken schien von überall her gekommen zu sein und wenige Augenblicke später ertönte ein ebenso durchdringendes Geräusch - das Mahlen von Fels auf Fels.
»Oh, verflucht!«, rief Victor.
»Was ist das?«, schrie Roya angstvoll durch den Lärm.
Abermals ertönte ein scharfes Knacken, es fuhr allen dreien durch jeden einzelnen Knochen im Leib. Dann merkten sie es. Der Boden bewegte sich abwärts.
»Mist!«, schrie Victor. »Was tun wir jetzt?«
»Springen!«, lautete Royas Antwort. »Jetzt gleich. Wenn der Sockel erst mal tiefer ist, kommen wir nie mehr hier heraus!«
Sie wandte sich um und stellte sich vor den Durchgang mit dem Turm als Zeichen.
Victor schwindelte der Kopf. Rumpelnd sackte der Sockel tiefer, Handbreit um Handbreit, und sie hatten nur noch Sekunden Zeit. War es wirklich der Torbogen mit dem Turm? Sie hatten nur einen Versuch. Er überlegte verzweifelt, ob jeder von ihnen durch einen anderen springen sollte, in der Hoffnung, dass wenigstens einer von ihnen überlebte. Dann aber würden zwei von ihnen ganz sicher sterben. Und der einzige Überlebende musste auch derjenige sein, der den Pakt bei sich hatte! Er Sah Quendras flehentlich an, aber der Magier war ebenso vor Schreck erstarrt wie er selbst.
Roya setzte sich in Bewegung.
Vielleicht schafft sie es ja, dachte Victor. Sein Blick fiel auf den Turm über dem Durchgang. Links herum - der Neunte. Hammagor. Das musste es sein! Und Quendras musste Unrecht haben. Nein, nicht die Zwölf! Die Zwölf war ohnehin blockiert...
Dann hatte er es.
»Roya!«, schrie er so laut er konnte. »HALT!«
Sie bremste ab
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