Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
dieses monströse Konstrukt ausgesprochen wurde, und auch das Wissen, dass sie keinen Menschen, sondern nur diese Drakkenbestien umbringen würde, hinterließ kein gutes Gefühl. Allein der Gedanke, dass die Drakken ebenfalls ein solches Dokument besaßen, war bestürzend.
»Verdammt«, flüsterte er. »Das ist wahrhaftig der Pakt!«
Quendras nahm ihm das Pergament aus der Hand und entrollte es. Es bestand aus sehr dickem Papier, gelb und grau vom Alter, und ließ sich nur widerstrebend entrollen. Die Schriftzeichen jedoch waren deutlich erkennbar. Es handelte sich um sehr kleine Buchstaben, mit akribisch sauberer Schrift niedergeschrieben, die meisten davon kannte Victor jedoch nicht. Unten auf dem Pergament befand sich ein kleiner Klecks violetten Siegelwachses. Dieses Ding strahlte etwas atemnehmend Bedrohliches aus.
»Kannst du... kannst du das lesen?«, fragte Victor den Magister.
Quendras schüttelte den Kopf. »Nicht so ohne weiteres. Aber ich werde es entziffern können. Wenn wir zurück sind, in Savalgor. Ich muss in meine Arbeitsräume zurück nach Torgard.«
»Ach ja.« Victor nickte. »Mit dir haben wir ja gleich einen Fachmann für solche Dinge.« Ein unguter Verdacht kehrte plötzlich in Victors Denken zurück. Wie kam es eigentlich, dass ausgerechnet ein Fachmann für Fallen, Labyrinthe und uralte magische Dokumente zu ihnen übergelaufen war? Er war bereit gewesen, Quendras als auf ihrer Seite stehend zu betrachten, ihm zu vertrauen. Und er war sogar geneigt, das weiterhin zu tun. Trotzdem kam ihm dieser Zufall etwas zu ungewöhnlich vor. Er überlegte, ob er Quendras geradenwegs danach fragen sollte. Vielleicht war ja auch Roya etwas seltsam vorgekommen und sie hatte ihn deshalb so abweisend behandelt. Nein, sagte sich Victor - nicht mit Quendras musste er reden, sondern zuerst mit Roya. Er musste in Erfahrung bringen, was sie zu ihrem seltsamen Verhalten bewog.
Quendras ließ die Schriftrolle wieder zuschnappen. Er nahm Victor das Leder aus der Hand und wickelte den Pakt sorgfältig darin ein. Kaum war er fertig, verebbte das bedrohliche Gefühl wieder. Er gab den Pakt Victor zurück.
Victor lächelte, wollte sich nichts anmerken lassen und wies Roya zuvorkommend auf den Durchgang mit der 101. »Nach Euch, Euer Lieblichkeit!«, sagte er.
Sie setzte ebenfalls wieder eine einigermaßen entspannte Miene auf und machte einen Knicks. »Inzwischen würde ich durch jeden Durchgang gehen, den du mir zeigst«, sagte sie und marschierte los. Dass sie das du ganz leicht betont hatte, war ihm nicht entgangen.
32 ♦ Ein neuer Pakt
Rasnor hatte gedacht, er würde schreckliche Angst haben, aber nach kurzer Zeit schon wurde das Gefühl der Faszination stärker. Die Drakken, die ihn abgeholt hatten, waren weniger erschreckend gewesen, als er befürchtet hatte - sie besaßen weder Hörner noch triefende Gebisse -, und sie griffen ihn auch nicht an.
Sie hatten ihn zu fünft umringt, mit Waffen auf ihn gezeigt und ihn dann wortlos an Bord ihres kleinen Flugschiffes kommandiert. Nachdem der erste Schreck verflogen war, beschlich ihn eine seltsame Faszination wegen ihres Aussehens - die Körpergröße, die muskulösen Glieder, scharfkantigen Gelenke und die präzisen, schnellen Bewegungen. Allein ihre hässlichen Gesichter mit den hündisch herabhängenden Wangen und den verächtlichen, schmallippigen Mündern befremdeten ihn. Doch ihr Körperbau sprach eine deutliche Sprache: sie waren reine Kampfmaschinen.
Natürlich machten sie ihm Angst, vor allem auch, weil er sich überhaupt nicht sicher sein konnte, ob sie ihn am Leben lassen würden. Möglicherweise gelang es ihm gar nicht, mit ihnen zu reden, und sie warfen ihn einfach aus ihrem Flugschiff in die Tiefe. Oder aber es gelang ihm nicht, sie von den Vorteilen zu überzeugen, die er ihnen zu bieten hatte, und sie beschlossen, dass es für sie einträglicher wäre, ihn zu foltern, um von ihm irgendwelche Dinge über die Höhlenwelt oder die Bruderschaft zu erfahren. Es gab unzählige Möglichkeiten und ihm wurde immer klarer, wie gefährlich das war, worauf er sich da gerade einließ. Rasnor hoffte inständig, dass sie einen vernünftigen Handel erkennen und ihm den entsprechenden Spielraum einräumen würden.
Nach und nach gewann seine Neugierde Oberhand. Rasnor sah sich vorsichtig um, nur aus den Augenwinkeln. Er befand sich in einem völlig weißen Raum, möglicherweise mit Wänden aus Metall. Rechts und links gab es je fünf große Fenster
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