Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
ihr Leben für mich gegeben, und ohne die Drachen hätten wir nicht den Hauch einer Aussicht, unsere Aufgabe zu lösen!«
Der Primas starrte Victor mit nicht weniger Unmut in den Zügen an. Victor sah, dass er noch mehr Ärger machen musste, aber das fiel ihm nicht schwer. »Wenn Ihr versucht, diesen Rettungsversuch zu verhindern, dann werde ich verdammt ärgerlich! Dann werdet Ihr mich stinkwütend erleben, auch wenn Ihr der Primas von sonst was seid!«
Hochmeister Jockum richtete sich auf, starrte Victor voller Verblüffung an. Es war ihm anzusehen, dass seit einem halben Jahrhundert niemand mehr so mit ihm geredet hatte. Verwirrt sah er zu Quendras, aber der Magister nickte nur und legte dem alten Mann beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Er hat Recht, Hochmeister«, sagte er leise. »Ich weiß zwar nicht, wie wir den Drachen retten sollen, aber... bitte versucht nicht, sie an dem Versuch zu hindern!«
Der Primas sog scharf die Luft ein und Leandra wie auch Roya hörten das. Ihre Köpfe fuhren herum und es war ihnen anzusehen, dass sie augenblicklich verstanden, worum es ging.
Quendras wagte einen mutigen Vorstoß. Er ließ sich ins Wasser gleiten und watete zu Roya. Etwa drei Schritt von dem verletzten Drachen entfernt, ging er in die Knie und betrachtete den Schädel des Feuerdrachen. »Wie geht es ihm?«, fragte er leise.
Roya warf einen verwirrten Blick zu Victor und dem Hochmeister, sah dann, dass Victor ihr aufmunternd zunickte. Sie blickte wieder zu Quendras, der neben ihr kniete, und ihre Züge entspannten sich. »Nicht gut«, sagte sie. »Der Primas müsste herkommen. Er könnte wohl am besten beurteilen, ob der Drache sich den Hals oder den Schädel gebrochen hat.«
»Vergiss den Primas für einen Augenblick«, erwiderte Quendras und sah sie an. »Ich verstehe mich auch ein wenig auf die Heilkunst. Glaubst du, du bekommst ihn so weit, dass er zulässt, dass ich ihn berühre?«
»Ich will es versuchen«, meinte sie und wandte sich dem Drachen zu.
Leandra kniete auf der anderen Seite. »Seine rechte Schwinge ist gebrochen«, sagte sie. »Hier, der vordere Knochen. Zweimal.«
Nach einer Weile blickte Roya auf. »Er beherrscht die alte Sprache nicht«, sagte sie leise zu Quendras. »Vielleicht lernt man die erst als erwachsener Drache -oder Feuerdrachen kennen sie nicht. Ich habe in Bildern mit ihm gesprochen. Er ist sehr schwach. Ich schätze, er kann sich ohnehin kaum bewegen.«
»Was sollen wir tun?«, fragte Quendras.
Roya sog Luft ein, wie um Mut zu schöpfen. »Ich werde mal zu ihm krabbeln«, sagte sie. Sie ließ sich auf alle viere nieder und kroch ganz langsam auf den Drachen zu. Seine Augenlider waren geöffnet, sein Maul auch, und jeder konnte die scharfen Zähne sehen, mit denen er ein Mädchen wie Roya innerhalb einer Sekunde hätte zerreißen können.
»Pass auf, Roya!«, rief Victor mit verhaltener Stimme aus dem Hintergrund.
Roya antwortete nicht, sie kroch nur langsam weiter. Jeder von ihnen bekam mit, wie sie beruhigend auf den Drachen einwirkte. Das, was von dem Drachen zurückkam, war verhaltene Angst, aber hauptsächlich Bilder seines Elends und seiner Angst, hier sterben zu müssen.
Dann war sie bei ihm. Mit sehr ruhigen Bewegungen berührte sie ihn an seinem schlanken, knochigen Fang. Überall war Blut. »Der Kiefer scheint gebrochen zu sein und das Maul ist voller Blut«, sagte sie leise nach hinten. »Am Schädel selbst sehe ich keine Wunden und kein Blut.«
»Bei einem Schädelbruch blutet man häufig aus den Ohren«, sagte Quendras. »Falls das für Drachen auch gilt.«
»Ich glaube, du kannst kommen«, sagte Roya zu Quendras. »Sieh es dir selbst an. Aber bewege dich langsam. Ich versuche ihn zu beruhigen.«
Quendras ließ sich auf alle viere nieder und kroch zu dem Drachen. Leandra war schon auf der anderen Seite an ihn herangekommen und legte ihre Hand auf die mächtige Drachenbrust. »Sein Herz schlägt schnell«, sagte sie leise. »Und nicht sehr kräftig.«
Quendras betrachtete den Kopf von allen Seiten, dann den Hals. »Hier sieht er in Ordnung aus«, meinte er. »Wenn es wirklich nur der Kiefer und die Schwinge sind, dann können wir ihn vielleicht retten.«
»Er wird sterben«, entfuhr es plötzlich dem Primas. »Wir können hier doch nicht...«
Victor und Quendras fuhren zugleich herum. Böse Blicke trafen ihn. »Wir hatten etwas abgemacht!«, knurrte Victor.
»Gar nichts hatten wir abgemacht!«, brauste der Primas auf, auf dem Floß balancierend.
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