Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
sie nahmen an, dass sie nun bald in die unterirdische Grotte eintreten würden. Nach Nerolaans Beschreibung gab es mehrere schwierige Stellen, jedenfalls für einen Drachen, an denen er nur ein paar Ellen über der Wasseroberfläche und unter den Felsen hindurchschießen musste, und die Stellen, an denen ein Drache sich ausruhen oder sie ihr Floß festmachen konnten, waren rar. Dort, wo es im Flussverlauf wirklich gefährlich wurde, gab es keine einzige davon.
Noch einmal trieben sie in einen breiten Abschnitt des Flusses, wo sich der Himmel öffnete, und sahen Tirao wieder. Majana schien schon fort zu sein. Tirao teilte Roya mit, dass der dunkle Teil bald beginnen würde. Bald darauf wurde die Schlucht schmaler und schmaler, das Licht schwand und sie fuhren in den tintenschwarzen Schlund einer riesigen Höhle hinein. Ein letztes Lebenszeichen kam noch von Tirao, ein Abschied und ein Wunsch des Glücks, dann war auch er fort.
38 ♦ Tunnelfahrt
Victor legte den Arm um Royas Schultern und küsste sie auf die Schläfe. »Jetzt musst du's zugeben, mein Schatz!«, sagte er lächelnd. »Einmal kommt für jeden die Stunde der Wahrheit!«
Die drei anderen sahen sie erstaunt an und Leandra fragte: »Zugeben? Was denn?«
Roya blickte verlegen nach unten auf die kreuz und quer verwobenen Babbu-Rohre, auf denen sie im Schneidersitz saß.
»Nur Mut!«, sagte Victor und knuffte sie leicht.
»Was ist denn los?«, fragte Leandra.
Roya ließ einen langen Seufzer hören. »Ich... ich kann kein Licht machen.«
Leandra, der Primas und Quendras sahen sich verwundert an. »Du kannst kein... was?«, fragte Quendras.
Roya warf eine kleine Faser ins Wasser und sagte: »Kein Licht. Ich hab's nicht gelernt. Tut mir Leid.«
Leandra lachte auf. »Du bist aber dran!«, sagte sie.
»Ich weiß!«
Einen Augenblick später wurde es schlagartig dunkel um sie herum und man hörte Leandra nur noch kichern. Der Fluss rauschte leise dahin, ansonsten gab es hier nur kalte, tiefe Dunkelheit. Leandra tastete nach Victors Hand.
»He!«, rief Roya aus. »Das ist ungerecht!«
»Lerne es!«, entgegnete Leandra vergnügt.
»Aber wie? Ich weiß es einfach nicht!«
»Du kennst keinen Schlüssel der Erdmagie für Licht? Oder einen der Luftmagie?«
»Keine Ahnung. Erdmagie, Luftmagie, das sagt mir nichts.«
Nun meldete sich der Primas mit sonorer Stimme. Sie klang tadelnd. »Sieh an. Ich dachte es mir schon. Noch eine Kodexbrecherin!«
»Ich habe ihn nie gebrochen, denn ich kenne ihn gar nicht, Hochmeister«, erwiderte Roya leise.
Ein Licht flammte über ihnen auf, es war nur schwach. »Wer war dein Lehrer, Mädchen?«
»Jerik«, antwortete sie.
»Jerik? Nie gehört? Wo lebt er?«
»Er ist ein Einsiedler und lebt nördlich von Minoor, mitten im Wald. Bei einem See.«
Der Primas räusperte sich. »Wenn wir diese Sache durchgestanden haben, werde ich etwas gegen derlei Umtriebe unternehmen!«, kündigte er an. »Der Cambrische Orden wurde nicht umsonst gegründet. Wir haben einen Kodex der Elementarmagie und an den hat sich jeder Magier im Land zu halten!«
Für eine Weile herrschte betroffenes Schweigen auf dem Floß. Dann meldete sich Leandra zu Wort. »Glaubt Ihr nicht, Hochmeister Jockum, dass wir uns demnächst ein wenig... nun, umstellen müssten?«
»Wie meinst du das, Leandra?«
»Nun, wenn wir dies alles einigermaßen unbeschadet überstehen sollten, werden wir uns mit einigen neuen Dingen abfinden müssen. Ich hab euch ja schon erzählt, dass sowohl Munuel als auch Meister Fujima und ich den Kodex gebrochen haben. Roya hat von diesem Jerik offenbar eine Magie erlernt, die völlig jenseits der Elementarmagie liegt. Und Quendras verwendet sogar die Rohe Magie. Ihr seid von lauter Leuten umgeben, die sich nicht mehr an den Kodex halten.«
Jockums Miene spiegelte Unmut und Ärger. »Worauf willst du hinaus, Leandra?«, fragte er streng. »Willst du etwa den Kodex abschaffen?«
»Er müsste zumindest überarbeitet werden. Viele Dinge sind nicht mehr zeitgemäß.«
Der Primas wurde ärgerlich. »Und du willst das entscheiden, Kind? Du bist kaum über zwanzig!«
»Ganz Unrecht hat sie nicht, Hochmeister«, sagte Quendras. »Ich selbst beschäftige mich seit über acht Jahren mit der Kultivierung der Rohen Magie. Dieser Name ist einfach überkommen. Er ist zweitausend Jahre alt. Die heutige Rohe Magie ist wohl nicht so diszipliniert wie die Elementarmagie, aber auf gar keinen Fall so gefährlich, wie sie noch immer von den
Weitere Kostenlose Bücher