Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
wenig geblendet waren, wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
Irgendetwas musste hier sein!
Wie in dem anderen Verlies auch waren große Teile der natürlichen, unregelmäßig verlaufenden Höhlenwände durch eingezogene Mauern begradigt worden. Die Decke war nicht ganz so hoch dafür schien der Raum nach links hin, hinter einem Winkel, ein wenig länger zu sein. Sie hatte Recht gehabt, es gab hier genau sechs Verliese und fünf davon waren von jeweils einem Gefangenen belegt. Jacko und Hellami, deren Liebe zueinander noch keine Woche alt war, mussten ihre Zeit nun getrennt fristen und dafür empfand Leandra Bedauern. Sie seufzte schwermütig und dachte dabei an den Schatten, der auf ihre eigene Freundschaft mit Hellami gefallen war. Der Schmerz, der in dieser Entzweiung lag, war beinahe noch schlimmer als das, was der Rat ihnen angetan hatte. Was auch immer in der Zukunft geschehen mochte, zu Leandras wichtigsten Wünschen zählte, diesen Fluch, der über Hellami und ihr hing, wieder zu brechen. Ihre Freundschaften waren ihr stets wichtiger als die Verwirklichung irgendwelcher >höheren Ziele< gewesen.
Diese Rolle, höhere Ziele zu erreichen, in der sie viele so gern sahen, behagte ihr bis heute nicht. Nein, sie wollte keine Heldin sein, keine strahlende Figur an der Spitze irgendeiner edlen Bewegung, sondern nichts als eine einfache junge Frau, deren Beweggründe in einem tiefen Bedürfnis nach Freundschaft, Harmonie und Geborgenheit wurzelten.
Leandra riss sich los von ihren Gedanken. Abermals schritt sie jeden Fußbreit ab, untersuchte die Wände, die Tür, die Decke und den Boden mit dem Abflussloch.
Nach einer Stunde der Suche gab sie auf. Dieses Verlies unterschied sich in nichts vom vorherigen. Es war ihr ein Rätsel, warum Alina sie hierher dirigiert hatte. Wenn sie im Sinn hatte, mit irgendwelchen Kriegern das Gefängnis zu überfallen und sie hier herauszuschlagen, dann wäre die erste Zelle ebenso gut wie diese gewesen. Eine Zeit lang vermutete Leandra, dass es hier vielleicht eine Möglichkeit gab, eine der eingezogenen Mauern von außen her zu durchbrechen. Daraufhin hatte sie jede Handbreit sämtlicher Wände abgeklopft, war aber nur zu dem Ergebnis gelangt, dass sie überall Mauern aus soliden Felsblöcken von mehreren Ellen Dicke vor sich hatte. In Torgard war es ihnen zwar gelungen, solche Wände unbemerkt abzutragen -aber so etwas war ja hier unmöglich. Leandra war völlig ratlos.
Sie würde einfach abwarten müssen - mit viel Vertrauen und Geduld. Es würde schon etwas geschehen - aber das Warten, das wusste sie, würde zermürbend werden.
Sie schlief jeweils nur für ein oder zwei Stunden, wachte dann wieder auf und lief unruhig wie ein eingesperrter Murgo in ihrem Verlies auf und ab. Leandra war der Verzweiflung nahe. Sie hatte sich solche Hoffnungen gemacht, von hier entfliehen zu können. Noch immer war die Bedrohung durch die Drakken ein zu undeutliches Gebilde in ihrem Kopf - wie sehr sie sich auch die Gefahr bewusst zu machen versuchte. Wollte sie sich ihnen entgegen stellen, so musste sie sich schleunigst auf die Suche nach Victor machen. Aber das schien in immer weitere Ferne rücken zu wollen.
Als ihre Ratlosigkeit und ihre Verzweiflung schon in Wut umzuschlagen drohten, geschah etwas. Sie hörte eine Stimme.
12 ♦ Ein alter Bekannter
Victor brauchte eine Weile, ehe er sich zurechtfand. Wie ein uralter, gewaltiger Baumstumpf erhob sich ein riesiger Felskegel unter ihnen, etwa fünf oder sechs Meilen von Hammagor entfernt, und Victor konnte fast nicht glauben, dass sie diese Strecke unterirdisch zurückgelegt hatten.
Der Sims, auf dem sie standen und der rund um den Turm zu laufen schien, befand sich in gut anderthalb Meilen Höhe über dem Land; unter ihnen ging der Fels zunächst steil, dann in einer flacher werdenden Kurve in das Land über. Nach unten hin bestand dieses Bauwerk, wenn man es so nennen mochte, aus natürlichem Felsgestein, während sich oberhalb des Simses das eigentliche Mauerwerk des monströsen Turmes in schwindelnde Höhen erhob. Die Mauern schienen, wenn man das von hier aus überhaupt beurteilen konnte, eine weitere Meile in die Höhe zu ragen. Wie das Dach dort oben beschaffen war, konnte man nicht erkennen. Möglicherweise gab es gar keines oder es bestand aus einer Kuppel.
Roya schüttelte ungläubig den Kopf. »Also... dass wir dieses Ding von Hammagor aus nicht gesehen haben! Es ist... gigantisch! Es überragt das ganze Land!«
Victor
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