Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
sie
auch nicht!«
Chasts Miene verzog sich auf eine Weise zu urzeitlicher Wut, die
Alina einst kennen und fürchten gelernt hatte. Heute aber war sie
frei, heute hatte sie keine Angst mehr vor ihm. »Ich verstehe«,
knirschte er. »Das kleine Dreckstück kann ihre große Schwester
spüren. Sonst würdest du ihr nicht so vorbehaltlos glauben.«
»Nicht nur ihre große Schwester!«, zischte sie ihn an. Todesmutig verfolgte sie ihn, der immer weiter zurücktrat, so als hätte sie
die Macht, ihn zu vernichten. »Sie spürt uns alle. Wir wissen zum
Beispiel auch, dass du Roya und Munuel überhaupt nicht mehr in
deiner Gewalt hast! Du bist mit einem Berg Lügen hierher gekommen, du Scheusal, und wolltest uns mit dem Mord an Quendras mürbe machen!«
Chast war stehen geblieben. Er war nicht die Sorte Mann, die
bei der ersten Schwierigkeit den Schneid verlor – nein, er hatte
nur eine passende Entfernung gesucht, um im Fall eines Kampfes
in möglichst guter Position zu stehen. Nun verwandelten sich seine Miene und sein Körper in das, was zweifellos jeder seiner Feinde fürchtete: in einen Ausdruck und eine Haltung von extremer
Angriffslust und Kampfbereitschaft, gepaart mit Hass und kalter
Mordlust, die allein schon wie eine Waffe wirkten. Alina bemerkte
ihren Fehler zu spät. Sie war schlicht und einfach einen Schritt zu
weit gegangen, sie hatte den gefährlichsten Mann der Höhlenwelt
bloßgestellt und ein Stück zu weit herausgefordert. Zwar waren
die Rechtschaffenheit und die Ehrlichkeit auf ihrer Seite, aber sie
schalt sich eine Närrin, geglaubt zu haben, dass solche Dinge jemanden wie Chast überzeugen könnten, von seinen bösen Plänen
abzuweichen. Zu oft hatte sie ihn damals so erlebt: als einen
Mann, der trotz seiner Strenge und Härte überaus klug und urteilsgewandt wirkte – doch sie wusste ebenso um Chasts Grenzen. Man durfte weder seine Ziele infrage stellen noch ihn in die
Ecke drängen. Er war ein Besessener – ein Mann, der seine Ideale
gegen den Rest der Welt, ja, gegen das gesamte Universum bis
aufs Blut verteidigen würde, selbst wenn er völlig allein gegen
Millionen dastand.
»Ullrik!«, schrie sie, um ihren Freund zu warnen, aber da war es
schon zu spät.
12
Schlacht um Malangoor
Es war Hellamis Schwert Asakash, das Ullrik rettete, und nicht
Alinas Warnruf – der ohnehin viel zu spät kam.
Er war sich dessen bewusst, dass er Chasts erstes Angriffsziel
sein würde, sollte es zu einem Kampf kommen, und deswegen
hatte er die ganze Zeit über seinen Gegner mit höchster Aufmerksamkeit beobachtet. Als er dann von schräg hinten das helle,
singende Geräusch hörte, mit dem Hellami Asakash aus der
Scheide zog, war ihm klar, dass er sofort handeln musste.
Hellami hatte ihm einmal erzählt, wie sie damals Chast besiegt
hatten: eine gemeinsame Magie Leandras und Meister Fujimas,
um der magischen Gewalt Chasts widerstehen zu können, Hellamis Schwert, das die Energien Chasts aufgefangen und abgeleitet
hatte, und Jackos Schwertwurf, der den Hohen Meister der Bruderschaft tödlich getroffen hatte, als er keine Möglichkeit mehr
gehabt hatte, auf einen Angriff zu reagieren. Die Rechnung klang
einfach, aber dass so etwas in einem Kampf zufällig zusammenkam, bedeutete schon eine Menge Glück.
Noch während sich Ullrik auf den Kampf gegen Chast vorbereitet hatte, war er alle Möglichkeiten durchgegangen, die er haben
mochte. Er hatte versucht, sich darüber klar zu werden, ob er
überhaupt eine Chance besaß – ob er gut genug war, auch nur
einen Atemzug lang gegen diesen Giganten der Magie zu bestehen.
Nun aber ging es schon ums Ganze. Plötzlich nahm Ullrik einen
Riss im Trivocum wahr, der ihm allein schon wegen seiner Größe
Angst machte, aber zugleich sah er darin auch eine ungeahnte
Chance. Chast hatte in seiner Wut die Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits aufgerissen, um sich die fließenden Kräfte
für seine Magien zunutze zu machen, aber er hatte es derart ungestüm getan, dass die Sphäre des Trivocums, plötzlich voller
aufbrandender Roher Energien war.
Energien, die ich nutzen kann!, schoss es Ullrik durch den Kopf.
Chast schien nicht zu ahnen, dass er es bei Ullrik mit einem seiner ehemaligen Mitbrüder zu tun hatte, mit jemandem, der ebenfalls die Rohe Magie einsetzte. Noch während Ullrik die Kräfte
alarmierend aufschwellen spürte, die Chast aus dem Stygium zusammenzog, und gleichzeitig fühlte, wie Hellamis Schwert hinter
ihm begann, einen Teil dieser
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