Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
nicht mehr zu spüren, aber er wusste beim
besten Willen nicht, wie das hatte geschehen können. Ächzend
richtete er sich von der Holzbank auf, auf der er, im Vordergrund
einer zerstörten Hütte, Platz genommen hatte.
Wo bist du, Dämon?, richtete er seine Frage ins Trivocum hinaus, so als hätte sie der Dämon, selbst wenn er noch da gewesen wäre, beantworten können.
Chasts Miene verzog sich langsam; sie verlor ihren anfangs entspannten Ausdruck und verzerrte sich über eine Phase des Unglaubens und der Entrüstung hin zu einer bizarren Fratze der
Wut. Der Armbrustbolzen steckte noch immer schmerzhaft in seinem Oberschenkel; die Wunde in der Schulter plagte ihn, war zu
einem dumpf pochenden Zentrum des Schmerzes geworden, der
allenfalls durch das erhebende Gefühl eines Triumphs hatte im
Zaum gehalten werden können. Aber so? Waren ihm diese Weiber
schon wieder entwischt? Er hinkte ein paar Schritte vorwärts, die
Zähne zusammengebissen, wütend überlegend, was er nun tun
sollte.
»Sucht mir diesen Dämon!«, schrie er und deutete in Richtung
des Wasserfalls. Doch da war niemand, der ihm hätte gehorchen
können. Die Dunkelwesen hatten sich verflüchtigt; erst jetzt wurde ihm bewusst, dass keines mehr zu sehen war. Die Drakken
aber durchkämmten offenbar weit verstreut das Dorf. Cicon und
Vandris gab es nicht mehr, und eine weitere Person, die ihm hätte gehorchen wollen oder können, war nicht anwesend. Chast
stieß einen wütenden Fluch aus.
In einem furchtbaren Zornesausbruch ballte er die Fäuste, um
mit aller Kraft das Trivocum aufzureißen – in der wild entschlossenen Absicht, einen neuen Dämon ins Diesseits zu holen. In diesem Augenblick hörte er ein leises Sirren. Einen Augenblick später vernahm er eine Erschütterung; sie war körperlich zu spüren,
zusammen mit einem hörbaren, trockenen Aufschlag. Für einen
Moment setzten sein Herzschlag und sein Atmen aus, sein gequälter Körper wollte nicht recht in Gang kommen, und noch bevor
er sich dessen bewusst wurde, was geschehen war, sah er sie
wieder – dieses verfluchte Gör –, oben bei diesem Haus über dem
Dorf, das nur über die Hängebrücke erreichbar war. Chast stieß
ein Gurgeln aus, seine flirrenden Blicke suchten seinen Körper ab;
das Mädchen, etwa sechzig Schritt Luftlinie von ihm entfernt,
spannte eben ihre Armbrust nach – sie musste ihn abermals getroffen haben, kaum zu glauben, auf diese Entfernung. Er stand
am Rand der Dorfwiese und wankte. Wenn man davon ausging,
dass ihm langsam die nötigen Kräfte ausgingen, um noch Magien
zu wirken, war er so gut wie schutzlos. Schon wieder hob dieses
Mädchen die Armbrust, legte auf ihn an. Eine ohnmächtige Wut
kam in ihm auf, dass er sich von so einem ahnungslosen dummen
Kind so übel mitspielen ließ. Mit etwas Glück hätte sie ihn schon
mit dem ersten Schuss töten können.
Röchelnd setzte er sich in Bewegung, hinkte mühsam nach
rechts davon, wo ihm eine Hausruine Deckung versprach, wunderte sich darüber, wie schwach er schon war, und dass er den
Treffer an seinem Körper nicht lokalisieren konnte. Wieder war
das Sirren zu hören, dann traf ihn etwas mit Wucht am Kopf, seine Knie gaben nach, und er landete kraftlos im Gras. Alles
schwirrte um ihn herum, verzweifelt dachte er, dass er, Chast,
doch unmöglich von irgendeinem fremden, dahergelaufenen Mädchen durch lauter Glückstreffer aus einer kleinen Armbrust gefällt
werden könne – nein, das war unmöglich, geradezu grotesk war
es. Für Augenblicke trudelte sein Bewusstsein davon, kehrte dann
wieder. Er sah sich von Drakken umringt.
Ein seltsamer Schatten fiel über sein rechtes Auge; mit der
Hand tastete er in die Richtung, stöhnte auf. Ein Bolzen steckte in
seiner Stirn! Direkt über dem rechten Auge! Den anderen Treffer
glaubte er nun auch spüren zu können, der Bolzen musste im
linken Oberarm stecken. Noch einmal stöhnte Chast.
Wie war das möglich? Wie hatte er auf diese Weise scheitern
können – und auch sein Dämon, eine Bestie, wie sie in den letzten tausend Jahren wohl nur selten in der Höhlenwelt geweilt haben dürfte! Ich hätte dieses ganze verfluchte Dorf mit einem einzigen mörderischen Schlag vernichten sollen!, sagte er sich und
wusste zugleich, dass dies auch keine Garantie gewesen wäre, all
seine Gegner zu vernichten. Nein, beileibe nicht.
»Bringt mich weg von hier!«, keuchte er seinen sklavischen
Echsenwesen zu. »Bringt mich zu eurem Mutterschiff! Schnell –
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