Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
schlanken, lang gestreckten Kopf. Die Anmut seiner Bewegungen hatte Leandra fasziniert, und die Erinnerung an dieses Tier hatte sie lange mit sich herumgetragen. Sie hatte sich immer gewünscht, wieder einmal einem Felsdrachen zu begegnen. Aber dass sie jetzt sogar auf einem von ihnen fliegen sollte, machte sie sehr nervös, mehr sogar, als dass sie sich darüber hätte freuen können.
»Bist du schon mal auf einem Drachen geflogen?«, flüsterte sie Munuel zu, der neben ihr ritt.
»Einmal«, sagte der Magier. »Das ist lange her. Aber es macht Spaß!«
»Bist du sicher?«, fragte sie ängstlich.
Er lächelte sie an. »Ja, glaub mir. Drachen sind sehr gefühlvolle Wesen, weißt du? Sie passen auf, dass man nicht von ihrem Rücken herunterfällt. Jedenfalls ... na ja, ich glaube es wenigstens!«
Leandra stieß ein würgendes Geräusch aus, das ihre Angst beschrieb. Tharlas und Hennor waren inzwischen abgesessen und ein paar Schritte vorausgegangen. Sie blickten zu dem Felspfeiler empor, und es schien, als würden sie sich darauf vorbereiten, die Herbeirufung zu beginnen.
Tharlas drehte sich um. »Was denkst du, welche Iterationsstufe wir brauchen werden, Munuel?«, rief er.
Munuel wandte sich an Victor. »Stand da etwas in deinem Buch?«
»Ja ... die zweite oder dritte. Aber warum das weiß ich auch nicht.«
Munuel saß ebenfalls ab, und die anderen taten es ihm nach. Sie gesellten sich zu den beiden phygrischen Magiern und blickten zu den Felspfeilern hinauf. Es schien ein ganzes Drachenvolk zu sein, das dort oben wohnte. Immer wieder lösten sich einzelne Tiere, die von hier aus gesehen kaum größer als kleine Pünktchen waren, aus dem Fels der großen Pfeiler und kreisten mit wilden Eskapaden und halsbrecherischen Flugmanövern um die Pfeiler herum.
»Es sieht so aus, als spielten sie miteinander«, sagte Leandra leise.
Einige ihrer Begleiter nickten zustimmend, während sie hinaufstarrten.
»Ich werde jetzt mit Nexa in der dritten ... nein, lieber in der zweiten Iteration einen Ruf zu ihnen senden«, sagte Tharlas.
Leandra konzentrierte sich instinktiv auf das Trivocum und verfolgte Tharlas' Tun.
Sie stellte erstaunt fest, dass der Primas des Phygrischen Ordens ein ganz eigentümliches Aurikel setzte -ganz anders, als Munuel es getan hätte. Er hatte einen völlig anderen Stil - weich und kraftvoll zugleich, nicht so energisch, aber dafür auch etwas reiner als Munuels Aurikel. Dann vernahm sie das Echo eines ihr unbekannten symbolischen Bildes, das durch das Trivocum flog - und mit ihren Augen nahm sie einen Augenblick später wahr, wie die Drachen, viele Meilen über ihren Köpfen, plötzlich in heller Aufregung durcheinander wirbelten.
Kurz darauf formierten sie sich zu einer Gruppe und zogen eine große Schleife.
Abermals spürte sie das Echo eines Symbols. Aus seiner Art ließ sich schließen, dass es so etwas wie eine freundschaftliche Bitte beinhaltete.
Wieder stoben die Drachen auseinander, fanden dann zusammen und zogen einen weiteren Kreis weit oben in der Höhe. Ganz offensichtlich kam die Botschaft bei ihnen an. Tharlas sandte keine weitere hinauf, aber er hielt das Aurikel offen. Leandra starrte fasziniert in die Höhe.
Nach einer Weile löste sich ein einzelner Drache aus dem Verband. Der Rest der Gruppe, die aus ungefähr zwölf Tieren bestand, zog weiterhin seine Kreise. Der eine Drache aber legte die Flügel an und schoss in halsbrecherischer Geschwindigkeit nach unten. Sekundenlang raste er die senkrechte Wand entlang des Felspfeilers herab, breitete dann endlich die Schwingen aus und fing sich in einem eleganten Bogen. Innerhalb weniger Sekunden hatte er die Distanz zwischen dem Fuß des Felspfeilers und der Gruppe der Menschen überbrückt und beschrieb dann etwa eine halbe Meile über ihren Köpfen eine große Acht. Dabei schien er sie aufmerksam in Augenschein zu nehmen.
Nach einer weiteren Acht stieß er einen hohen Schrei aus und begann mit kräftigen Flügelschlägen wieder zu steigen; mit erstaunlicher Geschwindigkeit gewann er dabei an Höhe. Seine Flugtechnik war wirklich beeindruckend. Schon nach wenigen Minuten war er wieder ganz oben, in etwa vier Meilen Höhe, und hatte sich zu seinen Artgenossen gesellt.
Tharlas entschied sich abermals für einige Signale. Durch sein geöffnetes Aurikel schickte er sie ins Trivocum.
Schließlich kam eine Antwort, ein Symbol, das Leandra nicht verstand und eine völlig fremdartige Handschrift trug.
Aber Tharlas schien zu
Weitere Kostenlose Bücher