Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
irgendwann einholen! Je länger das Schweigen im Raum andauerte, desto größer würde die Verzweiflung, die sich in ihm breit machte.
»Erzählt es mir«, sagte er dann. »Sagt mir, wie es dort aussah.«
»Seine Leiche war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt«, sagte Jockum mit schwerer Stimme. »Überall Blut. Das untere Turmzimmer, in dem er sich aufgehalten hatte, war verwüstet wie nach einem Wirbelsturm.
Schleimspuren, Brandflecken, Asche, verkohltes Holz und verbrannte Bücher - alles, was du dir nur vorstellen kannst. Du weißt, was das bedeutet!«
Munuel nickte schwer. So etwas konnte kaum mit Elementarmagie herbeigeführt worden sein. »Wie kommt so etwas hierher?«, fragte er.
Es war einer der seltenen Momente, da Bamtori das Wort ergriff. Mit seiner knarrenden Bassstimme sagte er:
»Diese Dinge breiten sich immer weiter aus. Es kommt von überall her. Aus dem Ramakorum oder von Noor.
Sogar übers Meer von Vulkanoor, Maldoor oder Chjant. Es scheint, als würden sich die bösen Kräfte hier treffen. Hier bei Euch in Akrania.«
Munuel blickte dem dunklen Mann in die Augen. Er , wusste nicht, weshalb es diesen seltsamen Magier nach Akrania verschlagen hatte. Munuel hatte gehört, dass er manchmal spezielle Aufgaben im Auftrag der Gilde ausführte.
»Habt ihr dort noch irgendetwas Besonderes entdeckt?«, fragte Munuel. »Ich meine, vielleicht hat Lokorta eine Nachricht hinterlassen?« Die Magier schüttelten den Kopf. Munuel atmete tief ein. »Trotzdem möchte ich mir den Ort ansehen, wenn es dir nichts ausmacht, Jockum. Morgen in aller Frühe.«
Jockum nickte niedergeschlagen.
»Was sollen wir nun tun?«, fragte Munuel.
Jockum erhob sich. »Es ist spät«, sagte er. »Ich möchte all diese Dinge überschlafen. Mein Schädel brummt, und bevor ich nicht wieder klar denken kann, möchte ich keine Entscheidungen treffen.«
Munuel erhob sich ebenfalls. »Ja, wir haben eine lange Reise hinter uns, und wir sind nicht mehr die Jüngsten.«
Jockum hob eine Hand. »Morgen früh habe ich ein Treffen mit wichtigen Leuten von der Handelskammer, aber mittags habe ich Zeit. Wir treffen uns hier. Vielleicht ist dem einen oder anderen bis dahin noch etwas eingefallen - oder ihm wurde gar eine Erleuchtung zuteil!«
Angesichts der momentanen Lage fühlte sich niemand zu einem Lächeln aufgerufen.
Munuel ging Jockums zynische Bemerkung nicht aus dem Sinn. Als er seine Kammer erreicht und sich hingelegt hatte, hallten ihm diese Worte noch lange durch den Kopf. Er hegte die Befürchtung, dass es demnächst immer weniger Gründe für lockere Bemerkungen geben würde. Er hatte verschiedene Dinge erfahren, die er noch nicht bekannt geben konnte. Wenn sie aber tatsächlich zutrafen, dann war alles Lachen endgültig vorbei.
6 ♦ Die Quellen von Quantar
L eandra hatte sich für die Nacht ein Zimmer in der Alten Cambrischen Schenke genommen. Am Morgen stand sie früh auf und beschloss, den Tag in Savalgor zu verbringen und sich die Wunder der Stadt anzusehen. Sie wollte den Palast besuchen, sich die Märkte ansehen und zuletzt etwas für ihre Schönheit tun - in den berühmten Dampfquellen von Quantar.
Am frühen Abend gedachte sie die Stadt zu verlassen. Eine Wegstunde vor den Toren von Savalgor war ihr auf der Reise hierher ein kleines Wirtshaus in einem Dorf aufgefallen, wo sie übernachten wollte. Die Alte Cambrische Schenke war zwar sehr schön, aber auch sehr teuer. In dem Dorf könnte sie wesentlich billiger unterkommen.
Bis dahin hatte sie noch den ganzen Tag Zeit, und den gedachte sie zu nutzen.
Die Feste von Savalgor zog sie wie fast alle Besucher der Hauptstadt für Stunden in den Bann. Der Felspfeiler, der von den beiden Armen der Savau umschlossen wurde, wirkte hier in der Stadt, an seiner Schmalseite, mehr wie die Schneide eines gigantischen Schwertes, das mitten in der Savau, auf einer kleinen Insel, im Boden stak und hoch in den Himmel aufragte. An seiner Basis gab es eine Art Ausbuchtung; klein nur im Vergleich zum Stützpfeiler selbst, doch groß genug, um eine gewaltige Festung zu beherbergen. In ihr befand sich der Sitz des Hierokratischen Rates, der Palast des Shabibs und das Hauptquartier der Palastwache, welcher der legendäre Ruf anhaftete, ein Heer, das zehnmal so groß war, zurückwerfen zu können.
Aus dem Felsklotz der Feste erhoben sich ungezählte Erker, Türme und Kuppeln, die ihr das Aussehen einer martialischen Trutzburg verliehen. Man sagte, falls Savalgor jemals eingenommen würde,
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