Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
versuchten, den Drakken ihre Entrüstung zu zeigen, sie in den Streit mit
einzubeziehen und hatten schließlich Erfolg. Mit der Warnung, sie
sollten sich beeilen, verschwanden die beiden Echsenwesen wieder.
»Glück gehabt«, flüsterte Guslov erleichtert, als sie ein Stück
entfernt waren und ihren Rundgang wieder aufnahmen.
»Ich muss unbedingt ein paar Dinge erfahren!«, sagte Alina leise, während sie aus den Augenwinkeln zu erspähen versuchte, wo
die Drakken waren.
»Diese Halsbänder!«, flüsterte sie und deutete auf das ihre.
»Was tun diese Dinger? Können sie einen wirklich umbringen, so
wie manche Leute behaupten?
Einen erwürgen oder vergiften?«
Guslov schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Das weiß niemand. Aber sie können einen damit finden.« Er deutete auf sein
eigenes Halsband. »Jeder Mensch hat sein ganz eigenes, so als
trüge jeder seine eigene Nummer. Man kann sich nicht verstecken. Das haben sie uns gesagt. Und man kann es auch nicht
ablegen. Das Material, aus dem es besteht, ist unzerstörbar.
Nicht einmal Magie kann ihm etwas anhaben. Das jedenfalls haben sie behauptet. Und dass sie es ihm ansehen könnten, wenn
jemand versuchte, es abzumachen. Wer versucht zu fliehen, sich
zu verstecken oder sich seines Halsbands zu entledigen, sagten
sie, würde sterben.«
Er nickte kaum merklich in Richtung der vier Personen, die am
anderen Ende des Platzes gegeißelt wurden. Alina wagte nicht,
sich umzuwenden. »Du meinst… sie haben es versucht?«, flüsterte sie.
Er schüttelte leise den Kopf. Seine Stimme war kaum mehr zu
vernehmen. »Ich weiß es nicht. Aber irgendetwas in der Art muss
es gewesen sein. Das ist Khell, unser Ziegenhirt, der da liegt, und
seine Frau, die neben ihm kniet. Ich glaube, er ist tot. Den anderen, der da halbtot hängt, kenne ich nicht. Muss jemand von außerhalb sein. Der vierte, der angebunden ist… das ist Ellmar,
mein Neffe. Wir dürfen nicht zu ihm.« Alina sah, wie sehr Guslov
mit sich kämpfte. Er war nicht der Typ Mann, der sich leicht unterkriegen ließ, das war ihm anzusehen. Aber das Halsband und
das Schicksal seiner Mitbürger waren einfach eine zu harsche
Drohung. Die Drakken zögerten offenbar keinen Augenblick, Ernst
zu machen. »Hier sind so wenig Menschen«, sagte sie. »Und du
sprachst von deinen Söhnen. Wo sind sie? Wo sind all die Leute?«
Guslovs Miene verfinsterte sich abermals. Er warf einen kurzen
Blick hinauf zum Sonnenfenster. »Wenn Ihr noch ein wenig wartet, Hoheit, könnt Ihr sie sehen. Sie werden bald landen.« Alina
blickte unwillkürlich zum Himmel. »Landen?« Er nickte. »Ihr wisst
noch nicht viel, was? Ja, sie werden täglich abtransportiert und
kommen abends wieder. Dann fliegt eine andere Gruppe fort. Zur
Mine.«
Almas Verblüffung wuchs. »Zur… Mine?«
»Ja. Sie liegt etwa fünfundzwanzig Meilen nordwestlich von hier.
So gut wie alle Männer und Frauen, die kräftig genug sind, müssen dort hin. Da wird den ganzen Tag gearbeitet. Sie hacken Löcher in den Fels.«
Alina glaubte, nicht richtig gehört zu haben. »Löcher? In den
Fels?«
Guslov sah sich nach der Drakkenwache um. »Sie kommen
schon wieder«, flüsterte er. »Ich kann Euch leider nicht mehr sagen, Hoheit. Ich weiß nur, dass sie den Felsen durchlöchern. Ich
selbst war noch nicht da, ich habe sozusagen… ein Freilos. Weil
ich hier für Nachschub an Getreide, Früchten und Gemüse sorgen
muss. Ihr solltet jetzt gehen.« Er streckte leicht die Hand aus, so
als wollte er sie festhalten und mit ihr den winzigen Funken Hoffnung, der mit ihr gekommen war. Aber sie sah zugleich auch den
Zweifel in seinen Augen. Den Zweifel, dass eigentlich niemand
mehr Grund hatte, auf eine Rettung zu hoffen. Die Drakken waren einfach zu mächtig, und sie zögerten keine Sekunde, von ihrer
Macht Gebrauch zu machen. Doch Guslov konnte nichts von Alinas Idee wissen. Und sie wollte ihm eine Winzigkeit Hoffnung zurücklassen. Sie berührte kurz seine Hand. »Du hast mir wichtige
Dinge erzählt, Guslov. Sei tapfer, du und deine Leute! Und erzähle niemandem von mir! Aber glaub mir – ich werde nicht zulassen, dass… mein Volk so leidet.« Für Augenblicke kam sie sich
seltsam vor, von ihrem Volk gesprochen zu haben, aber Guslovs
Blicke sagten ihr, dass er bereit war, ihr alles Vertrauen der Welt
zu schenken. »Ich bin dabei, etwas zu unternehmen. Es gibt eine
neue Hoffnung.
Glaubst du mir?«
Erst stutzte er, dann aber nickte er, von Überraschung und
plötzlicher
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