Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
rücken ließ. Leandra stieß
ein Keuchen aus.
»Unfassbar!«, jubelte Rasnor und hob die Arme. Seine Stimme
war trotzdem leise geblieben, so als fürchtete er, den Zorn des
gewaltigen Schiffs heraufzubeschwören. »Jedes Mal wieder, wenn
ich es sehe, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter!« Er wandte
sich Leandra zu. »Siehst du nun, mit was für einer großartigen
Rasse wir es hier zu tun haben? Siehst du, was sie zu leisten imstande sind?« Leandra trat mit klopfendem Herzen wieder zum
Fenster.
Das Schiff war fast so schwarz wie das umgebende Weltall,
wenngleich seine der Sonne zugewandte Seite einen untergründigen silber-metallischen Schein zurückwarf. Es musste zehn Meilen
groß sein oder noch mehr und bestand aus einer gewaltigen,
länglichen Röhre, an deren linker und rechter Seite, etwas nach
unten versetzt, jeweils drei riesenhafte Kugeln hintereinander
angebracht waren. Jede davon musste zwei oder zweieinhalb Meilen Durchmesser haben – fast so viel wie die Röhre selbst. Das
alles wurde von einem titanischen Aufbau zusammengehalten,
der obenauf wie ein riesiger Krake thronte und die gesamte Konstruktion mit seinen acht Fangarmen umschloss. Zahllose Lichter
und Aufbauten mit spitzen Masten überdeckten das gigantische
Schiff. Und dann erkannte Leandra mit atemlosem Erstaunen,
dass sich die sechs Kugeln an den Seiten des Schiffs drehten. Sie
hingen wie in Halterungen zwischen den acht riesigen Armen, die
das Schiff umschlossen, und bewegten sich langsam um ihre
Hochachse. Es war gut zu erkennen, da vorn immer wieder neue
Lichter sichtbar wurden, während die hinteren verschwanden. Der
Anblick war phantastisch. Das Schiff musste größer sein als ganz
Savalgor samt seiner zwei Monolithen und dem Stützpfeiler in der
Mitte – ja, sogar viel größer. Die gesamte Savalgorer Bevölkerung
würde man wohl leicht zehnmal darin unterbringen können. Rasnor schien sich wie ein kleines Kind über ihre Verblüffung zu freuen. Er begann aufgeregt zu plappern, erzählte von diesem und
jenem, aber Leandra hörte gar nicht hin. Sie konnte den Blick von
diesem Monstrum nicht abwenden. Unendlich klein und verloren
kam sie sich vor – war der Kosmos doch offenbar voll von gewaltigen Errungenschaften und die Höhlenwelt nur ein winziger Fleck
irgendwo weit draußen an seinem Rand.
Das riesige Drakkenschiff wirkte nicht einmal sonderlich bedrohlich. Natürlich war es Ehrfurcht gebietend und ganz sicher einschüchternd, aber sie hatte von den Drakken eigentlich etwas
erwartet, das mehr nach Krieg, Vernichtung und Tod aussah. Dieses Schiff jedoch wirkte eher wie etwas, das einem schlichten
Zweck diente, wie der Erforschung des unbekannten Alls oder
dem Transport großer Dinge. Wie ein Kriegsschiff sah es nicht
aus.
Als sie näher kamen, wurde ihr klar, dass sie sich abermals getäuscht hatte. Das Drakkenschiff war sogar noch größer, als sie
gedacht hatte. Während sie sich näherten, schienen seine Ausmaße ins Unendliche anschwellen zu wollen. Erst als sie so dicht
heran waren, dass sich die Einzelheiten vor Leandras Augen nicht
in noch weitere Einzelheiten auflösten, glaubte sie, die wahre
Größe dieses Schiffs ermessen zu können. Es war einfach gigantisch.
»Was… was tun wir hier eigentlich?«, fragte sie befangen.
Er hob die Schultern. »Nichts Besonderes. Ich dachte nur, es
interessiert dich. Ich wollte es dir zeigen.« Er kaute auf der Unterlippe, bevor er fortfuhr: »Ich hoffte eigentlich, du würdest nun
endlich verstehen, dass du gegen die Drakken nichts mehr ausrichten kannst. Weil ihre Macht so groß ist, dass es nichts gibt,
was dagegen ankäme.« Er lächelte spöttisch. »Aber ich glaube,
das ist vergebens. Du würdest sie sogar bekämpfen wollen, wenn
ihr Schiff so groß wäre wie der Mond und sie mit einem Dutzend
davon gekommen wären, nicht wahr?«
Leandra hätte beinahe auch gelächelt. Ja, er hatte Recht. Sie
würde sich niemals der Versklavung beugen, ganz egal, wie stark
die Drakken waren. »Es ist eine Frage des Charakters, nicht der
Aussicht auf Erfolg«, erwiderte sie kühl. Sie wollte noch weitersprechen, unterließ es dann aber. Ein ewiger Kleinkrieg mit seinem
verbohrten, verräterischen Stolz brachte ihr nichts ein, und sie
wollte die nächsten Stunden lieber einen freien Kopf für Beobachtungen haben. Es interessierte sie, was sich im Inneren des Drakkenschiffs befand.
Inzwischen hatten sie sich einer der sechs riesigen Kugeln genähert. Als sie
Weitere Kostenlose Bücher