Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
würde. Es mochte sein, dass Cleas
verhört werden würde, und wenn ihm schon das Schlimmste widerfuhr, musste es nicht auch noch damit enden, dass es sie
selbst oder Roya traf. Er hatte das stillschweigend verstanden
und nicht weiter nachgefragt.
»Sie hat dort eine Aufgabe zu bewältigen«, erklärte Alina unbestimmt. »Aber ich denke, dass sie damit inzwischen fertig ist.
Danach wird sie versucht haben, nach Savalgor zu gelangen.«
»Sie fliegt wirklich auf einem Drachen? Unvorstellbar!« Er
schüttelte den Kopf. »Aber dann wirst du sie dort, wo du sie zu
finden hoffst, ja wohl nicht mehr antreffen!«
Alina zog die Stirn kraus. »Meine Hoffnung ist, dass sie irgendwann mitbekommen hat, was passiert ist – ich meine, dass die
Drakken gelandet sind. Und dass sie deswegen entweder gleich
dort geblieben ist, wo sie war, oder später wieder dorthin zurückgekehrt ist.«
»Warum sollte sie das tun?«
»Weil sie irgendetwas tun muss, das einen Sinn ergibt. Und der
läge darin, dass sie dort auffindbar ist. Ich weiß, wo sie zurückblieb, andere wissen es auch. Vielleicht denkt sie sich: Wenn irgendeiner meiner Freunde entkommen ist, muss ich ihm die
Chance geben, mich hier zu finden.« Sie blickte zu ihm auf. »Verstehst du?« Cleas nickte. »Ja. Dein Gedanke ist klug. Allerdings
kann inzwischen viel passiert sein. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten. Vielleicht ist sie längst von den Drakken eingefangen
worden. Oder sie verhält sich nicht so, wie du hoffst, und hat sich
irgendwo versteckt, an einem ganz anderen Ort. Oder… nun ja,
sie könnte sogar tot sein.« Alina nickte schwer. »Ja, ich weiß.«
»Was willst du dann tun?«, fragte er. »Wenn du sie einfach
nicht findest?«
Sie schnaufte bedrückt, starrte auf den Weg vor sich und schüttelte dann kaum merklich den Kopf. »Ich… ich weiß es nicht. Vielleicht ist es das Beste, ich versuche irgendwie, dort draußen zu
überleben, und versteckt zu bleiben. Ein Freund meinte, dass ich
unbedingt in Freiheit bleiben muss. Solange ich frei bin, hätte
auch das Volk noch eine Hoffnung.« Sie sah zu ihm auf, suchte in
seinem Gesicht nach Bestätigung.
Er nickte schwach. »Der Gedanke ist sicher nicht falsch.« Dann
blieb er stehen und nahm sie bei beiden Schultern. »Hör mich
an… Alina. Wenn du sie nicht findest, kehre zurück zu mir nach
Saligaan! Ich werde täglich am Fluss nach dir Ausschau halten.
Wenn du nichts erreichst, dann werden wir gemeinsam versuchen, von Saligaan aus etwas zu unternehmen. Vielleicht finden
wir eine Möglichkeit, diese verfluchten Halsbänder irgendwie loszuwerden… ach, was weiß ich! Aber ich könnte den Gedanken
nicht ertragen, dass du irgendwo allein da draußen in der Wildnis
bist und ich dir nicht helfen kann. Dass du vielleicht hungerst…
oder von wilden Tieren angegriffen wirst.«
»Ich habe doch Benni«, meinte sie zuversichtlich.
»Er ist ein guter Jäger. Und verteidigen kann er mich auch.« Sie
lächelte. »Sogar gegen Drakken. Er kläfft sie einmal an und schon
fallen sie tot um.«
Cleas lächelte schwach zurück, aber sein Gesicht war von Sorge
gezeichnet. »Ich wünschte, es wäre was dran an dieser Sache mit
deinem Hund und den Drakken. Aber dann hätten schon mehr
von ihnen umfallen müssen, meinst du nicht?«
Sie nickte. »Vermutlich schon. Aber dennoch: Hab keine Angst
um mich. Ich bin ganz allein bis Mittelweg gekommen, und du
ahnst nicht, was mir bereits alles passiert ist. Vielleicht sehe ich
schwach aus, aber so schwach bin ich nicht…«
Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Alina… im Gegenteil.
Du bist eine außergewöhnlich starke junge Frau. Ich bin stolz,
dich zur Shaba zu haben!«
Was er sagte, berührte sie. »Wirklich?«, fragte sie.
Er versteifte sich ein wenig. »Ja. Aber… keine rührseligen Szenen jetzt. Komm, wir müssen weiter! Wir haben noch ein Stück
Weg vor uns!« Demonstrativ marschierte er wieder voran, verschärfte das Tempo sogar noch, aber Alina folgte ihm wie auf Flügeln. Sie war müde, hatte eine ganze Arbeitsschicht hinter sich,
doch die Anerkennung, die er ihr gezollt hatte, richtete sie auf.
Benni kam von einem Erkundigungsausflug zurück, beschnüffelte
sie beide kurz und preschte wieder davon.
Für eine ganze Stunde marschierten sie, ohne ein Wort zu reden, am Steilufer entlang. Immer mehr Stützpfeiler zogen an ihnen vorbei und Alina bekam langsam das beruhigende Gefühl,
dass sie tatsächlich ein ganzes Stück Entfernung zwischen sich
und
Weitere Kostenlose Bücher