Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
wieder nach unten.
Mit wummerndem Puls stand Alina hinter den Bäumen und fieberte einem vorzeitigen Ende des Kampfes entgegen – mit Cleas als
Sieger, sodass er das fliehende Schiff noch aufzuhalten vermochte. Aber sie sah schon, dass sie darauf nicht bauen konnte. Beide
Magier wirkten erschöpft, sie taumelten und waren ganz auf sich
selbst konzentriert.
Nun war er wieder da, dieser Moment, in dem sie allein das
Blatt wenden konnte. Aber was sollte sie tun? Verzweifelt suchten
ihre Blicke in der Umgebung nach einem Anhaltspunkt, der ihr
eine Idee gab. Und dann sah sie etwas. Es war die Waffe des getöteten Drakkensoldaten, die dort unten neben ihm auf der Wiese
lag. Sie hatte keine Ahnung, wie so ein Ding funktionierte, aber
vielleicht gelang es ihr, es zum Feuerspucken zu bringen, wenn
sie nur alles ausprobierte. Immerhin glaubte sie zu wissen, wie
herum man es halten musste.
Sie sprang los. Im nächsten Augenblick zischte ein gleißender
Blitz über sie hinweg, sie schrie auf, ließ sich fallen und kam nach
einer Rolle gleich wieder auf die Füße. Sie rannte weiter. Die Wiese war nicht groß; nach Sekunden war sie schon bei den getöteten Drakken.
Vor ihr heulte das Schiff plötzlich in den höchsten Tönen auf.
Aus den Augenwinkeln bekam sie mit, dass es in diesem Moment
vollständig den Boden verließ – torkelnd und schwankend zwar,
mit vereinzelt aufzüngelnden Flammen und in einer flirrenden
Rauchwolke; aber dennoch – es startete. Wieder schrie sie auf,
diesmal vor Angst, sie könnte zu spät kommen. Sie stürzte zu der
Drakkenwaffe, hob sie auf und richtete sie auf das fliehende
Schiff. Dann versuchte sie, das Ding zum Feuern zu kriegen.
Es war kantig, erstaunlich leicht und mehr als zwei Ellen lang;
mit Griffen, farbigen Flächen, flackernden Lichtern und einer Reihe von Knöpfen. Sie begann, wahllos darauf einzuhämmern. Sie
drückte sie einzeln, zu zweien und schließlich alle gemeinsam.
Das Drakkenschiff hatte sich ein gutes Stück in die Luft erhoben,
es taumelte auf die Flussmitte zu. Alina dachte schon, sie würde
es nicht mehr schaffen.
Dann löste sich ein einzelner Schuss aus der Waffe.
Es war nur ein kleines, längliches Ding, das pfeifend aus der
Spitze der Waffe stob, eine dichte, gelbliche Rauchspur hinterlassend. Alina hatte schlecht gezielt, sehr schlecht sogar, und das
Geschoss schien um Dutzende von Ellen an dem fliehenden Schiff
vorbeigehen zu wollen. Dann aber beschrieb es, wie von Geisterhand gelenkt, eine enge Kurve und schlug eine Sekunde später
mit Wucht in das Drakkenschiff ein. Es dauerte noch eine weitere
Sekunde, dann zerbarst das Schiff mit einem wahnsinnigen Dröhnen. Eine Druckwelle erfasste Alina, hob sie von den Füßen und
wirbelte sie über die Wiese, bis sie schließlich halb besinnungslos
liegen blieb.
*
Als sie wieder zu sich kam, war alles vorbei. Über dem Fluss
und der Wiese herrschte Stille. Sie lag auf dem Bauch, die Augen
noch geschlossen, ihr Kopf schwirrte.
Benni war nicht da! Ihr Herz begann schneller zu pochen. Der
Hund würde in einer solchen Situation sofort zu ihr kommen, und
dass er nicht hier war, konnte nur bedeuten, dass der DuumaMann Cleas besiegt und Benni vertrieben oder getötet hatte! Vorsichtig öffnete sie die Augen, um sich zu orientieren. Sie sah
nichts als Gras und ein paar Steine, die ihr den Blick versperrten.
Wenn der Duuma-Mann noch lebte, konnte sie sich vielleicht tot
stellen. Er würde kommen und sie herumdrehen, und in diesem
einen Moment hätte sie vielleicht noch eine winzige Chance. Sie
würde ihn töten müssen.
Es wäre das erste Mal in ihrem Leben, dass sie in eine solche Situation käme – eigentlich verwunderlich bei all dem, was ihr
schon widerfahren war. Sie wusste nicht, ob sie dazu in der Lage
war, und vor allem wusste sie nicht, wie sie es anstellen sollte.
Sie hatte keine Waffe und sie bezweifelte sehr, dass sie genügend
Körperkraft besaß, den Duuma-Mann auch nur bewusstlos zu
schlagen. Immerhin, dachte sie grimmig, habe ich das Drakkenschiff vernichtet! Vorsichtig tastete sie nach einem Stein, aber
dort, wo ihre Hand lag, fand sie keinen. Dann hörte sie Schritte,
ein leises Stöhnen. Es näherte sich jedoch von der anderen Seite.
Wenn sie sehen wollte, wer da kam, musste sie den Kopf drehen.
Aber das hätte sie verraten. Angestrengt lauschte sie, ob sie an
den Geräuschen erkennen konnte, wer es war.
Nicht weit vor ihren Augen lag ein Stein, faustgroß und handlich. Wenn sie
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