Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
weiter dort hinten habe ich einen
Höhleneingang gesehen. Den sollten wir erforschen. Sicher finden
wir für den Notfall eine Möglichkeit, uns zu verstecken.« Als die
Dunkelheit die Welt erfüllte, nahmen sie brennende Scheite und
machten sich auf den Weg.
Die Höhle erwies sich als eine märchenhafte Tropfsteinwelt, in
deren Innerem es warm war und die von zahlreichen unterirdischen Bächen durchflossen wurde. Nach einem entspannenden
Bad übernahm Alina draußen vor dem Höhleneingang die erste
Wache. Izeban würde sie im Laufe der Nacht abwechseln und
Marko würde die letzte Schicht übernehmen.
*
Die Nacht verging ruhig; bis auf ein paar Felsläufer und vereinzelte Bergziegen gab es hier keine Tiere. Als Alina an Benni dachte, der sicher auf die Jagd gegangen wäre, überkam sie dumpfe
Trauer. Bis Izeban sie ablöste, kam sie nicht mehr davon los –
und auch nicht von der zermürbenden Frage, ob Cleas wohl davongekommen war. Später, als sie sich zurückgezogen hatte,
konnte sie nicht einschlafen. Ihre Gedanken reichten bis zu Matz
zurück und von ihm war es nicht mehr weit bis zu Marie – und
Victor.
Was würde sein, wenn sie Roya tatsächlich fanden und es ihnen
gelang, mit ihr und ein paar Drachen eine kleine Gruppe des Widerstands ins Leben zu rufen? Im Augenblick gefiel ihr das abenteuerliche Leben auf eine gewisse Weise, trotz der Gefahren, die
bis hin zum Verlust eines geliebten Freundes fuhren konnten. Ein
Leben im Palast, als wohlbehütete Shaba, der man alles hinterher
trug, vermochte sie sich gar nicht mehr richtig vorzustellen.
Leandra mit ihrem rebellischen Dasein, immer für das eigene
Recht und das anderer kämpfend, hatte es ihr angetan. Aber
würde ihr dieses Leben auch gefallen, wenn sie für Jahre – oder
vielleicht sogar für immer – ihren Sohn Marie und Victor nicht
mehr sehen konnte? Wenn Leandra für alle Zeiten die Gefangene
Rasnors bleiben musste, weil er Cathryn in seiner Gewalt hatte?
Da waren auch noch viele andere, nach deren Gesellschaft sie
sich sehnte: Hellami, Jacko, Yo, Munuel und vor allem Hochmeister Jockum, dessen väterliche Art sie sehr vermisste. Irgendwann, tief in der Nacht schlief sie ein und erwachte erst, als Marko sie weckte und ihr sagte, draußen sei heller Tag.
Den Vormittag verbrachte sie damit, den Himmel über der Hochebene zu beobachten; später sammelte sie, so gut es mit ihrem
verletzten Arm ging, Kleinholz für das Feuer, das sie in Gang halten wollten. Danach machte sie einen Spaziergang am Nordufer
des Flusses entlang, aber sie kam nur etwa eine Meile weit, ehe
der Boden allzu steinig wurde und sie zwischen den knorrigen und
verwachsenen Bergkiefern keinen Weg mehr fand. Auch der
Nachmittag brachte keine Veränderung. Marko erkletterte eine
Stelle, von der aus er über den nördlichen Kamm hinab in die
Flussebene blicken konnte. Der Platz war fürs Beobachten wie
geschaffen, aber er war schwer zu erreichen. Im Lauf des Tages
sahen sie ein paar Drachen unter dem Felsenhimmel entlang ziehen, aber keiner von ihnen blieb in der Gegend. So verging die
Zeit, und als die Nacht anbrach, war den ganzen Tag lang überhaupt nichts passiert. Für die Nacht einigten sie sich darauf, das
Feuer klein zu halten. In der Dunkelheit würde man es trotzdem
von weitem sehen können. Die Wahrscheinlichkeit, dass Roya in
den nächsten Stunden kam, war gering, denn Drachen flogen
nachts nur im äußersten Notfall. Auch die Nacht verging ereignislos, ebenso der nächste Tag und die nächste Nacht. Als auch der
dritte und der vierte Tag verstrichen, ohne dass irgendetwas geschah, sank ihr Mut. Vielleicht hatten sie sich völlig verrechnet,
als sie angenommen hatten, dass Roya hierher zurückkehren
würde. Vielleicht hatte sie selbst damit begonnen, eine Widerstandsgruppe aufzubauen – fern von hier, vielleicht in ihrer Heimatstadt Minoor oder in den Katakomben unter Savalgor. Niemand konnte es sagen.
Während Marko ungeduldig wurde und wieder vom Aufbruch
sprach, versuchte Alina, ihn zu beruhigen. »Im Augenblick haben
wir alle Zeit der Welt«, meinte sie. »Es hat so viel gekostet, bis
hier zu gelangen, dass ich nicht eher fort möchte, als bis ich weiß,
dass sie wirklich nicht mehr kommt!« Marko stöhnte leise. »Shaba! Schon seit vier Tagen warten wir hier, ohne dass etwas passiert. Wäre sie in der Nähe, müsste sie doch wenigstens alle drei
Tage einmal hierher kommen, meint Ihr nicht?« „ »Ja, du hast
Recht. Aber vielleicht ist es
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