Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
vor Rasnor auf. Rasnor
stemmte die Fäuste in die Seiten, er war sogar noch ein Stück
kleiner als Leandra. »Aah«, meinte er. »LiinVeea! Wie schön, dich
zu sehen! Anscheinend war dein Angriff erfolgreich.«
»Ja«, erwiderte der Drakken, »die Stadt ist in unserer Hand.
Ebenso die vier anderen. Ab jetzt geht es wie geplant weiter.«
»Schön, schön!«, erwiderte Rasnor. »Weiß der uCuluu schon
Bescheid?«
»Er ist auf dem Weg hierher.«
Rasnor verzog das Gesicht. »Was will er denn hier? Ihr habt die
Sache doch in der Hand, oder?« Darauf antwortete der Drakken
nicht, er starrte Rasnor nur bewegungslos an. Leandra überlegte,
dass es nicht unbedingt Gefühlskalte war, was diese Wesen nach
außen zeigten, sondern eher Teilnahmslosigkeit oder Nüchternheit. Der Drakken hatte Rasnors Anmerkung offenbar als eine
Frage verstanden, auf die es keine sinnvolle Erwiderung gab, also
schwieg er. Es war grotesk und beängstigend zugleich. Man
musste daraus schließen, dass diese Drakken niemals aus Hass
oder Machtgier töteten, sondern nur aus nüchterner Überlegung.
Die Vorstellung jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
»Du musst mir verschiedene Leute herschaffen!«, sagte Rasnor.
Leandra wunderte sich, wie fordernd er sich verhielt. Den Drakken schien das überhaupt nicht aus der Ruhe zu bringen. »Schalte mal dein Dingsda ein…«, er gab dem Drakken ein Zeichen mit
dem Zeigefinger.
Leandra kannte das schmale Gerät, das an einer Vorrichtung
vor dem Kinn des Drakken angebracht war. Mit seiner“ Hilfe hatte
der Liin, auf den sie damals gestoßen waren, innerhalb kürzester
Zeit bestimmen können, wer sie war. Auch den Namen des Primas hatte er damit herausgefunden. Es war ihr ein Rätsel, wie so
etwas funktionierte.
»Der eine heißt Victor«, sagte Rasnor. »Den müsstet ihr schon
kennen. Eigentlich alle, die ich suche. Es sind die Leute, die in
Hammagor waren.
Victor, Quendras, Roya und dieser Hochmeister… äh, Jockum.
Hast du die?«
»Die Erfassung ist noch nicht abgeschlossen«, erklärte der Liin.
»Es sind tausende; ich kann erst heute gegen Abend genaue Auskunft geben. So lange müsst Ihr warten.«
Rasnor seufzte ungeduldig. »Ja, schon gut.
Verschwinde. Aber heute Abend sagst du mir Bescheid, verstanden?«
»Ja«, sagte der Drakken, wandte sich um und ging davon.
Leandra war ehrlich beeindruckt. Rasnor musste es geschafft
haben, in kürzester Zeit einen sehr hohen Rang zu erlangen. Der
Liin musste der Befehlshaber dieser Streitmacht sein, die Savalgor überfallen hatte. Dennoch hatte er sich von Rasnor wie ein
dummer Lakai behandeln lassen.
Sie musste mehr herausfinden. Rasnor mochte skrupellos und
auf berechnende Weise intelligent sein, von der geistigen Reife
her war er jedoch nichts als ein kleiner, dummer Junge. Wenn sie
es geschickt anstellte, würde sie von ihm alles erfahren können,
was sie nur wollte. Dieser Augenblick war sogar sehr gut geeignet, denn Rasnor hatte sie durch sein Auftreten gegenüber dem
Liin zweifellos beeindrucken wollen.
»Wie… wie hast du das geschafft?«, fragte sie ihn, deutete auf
den davongehenden Drakken, und ihre Verblüffung war nicht
einmal gespielt.
Rasnor lachte leise auf. »Nicht schlecht, was?
Diese dämlichen Viecher kuschen sogar vor mir!«
»Also… das beeindruckt mich wirklich«, sagte sie. »Ich…«
Rasnor sah sie plötzlich mit schief gelegtem Kopf an. Seine Miene hatte sich verfinstert und er winkte missmutig ab. »Spiel mir
keine plötzliche Bewunderung vor! Ich weiß genau, dass du mich
nur aushorchen willst. In Wahrheit hasst du mich!«
»Nein, ich…«
Leandra verfluchte sich. Eine gute Schauspielerin war sie noch
nie gewesen und verschätzt hatte sie sich auch noch. So dumm
war Rasnor auch wieder nicht.
»Kommt mit, ihr zwei«, sagte er und winkte. »Gehen wir in den
Palast. Und wenn du etwas wissen willst, frag mich. Aber erspare
mir deine falschen Spiele!«
Leandra nahm Cathryn an der Hand und folgte ihm.
Was für ein Mensch war er? Ein weiteres Opfer der seelenlosen
Bruderschaft von Yoor, so wie Quendras? Das traf wahrscheinlich
sogar zu, nur gab es einen Unterschied. Quendras hatte irgendwann gemerkt, dass die Lehren der Bruderschaft nicht seiner
Seele entsprachen, und er hatte aus eigenem Antrieb auch keine
Menschen gequält oder getötet. Rasnor war anders. Leandra
mahnte sich, ihn niemals zu unterschätzen.
*
Langsam gewannen Alina und Victor ein wenig Hoffnung zurück.
Victors Vermutungen über die geheimen
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