Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes
keinen zündenden Einfall hatte, wie sie nun weiterkommen sollten.
»Du... willst mir wirklich helfen?«, fragte sie.
»Und bei mir bleiben?«
»Ja, Boss, will ich«, erklärte er und salutierte.
»Aber du musst für mich sorgen. Ich habe nichts mehr. Täglich eine warme Mahlzeit und einmal pro Woche frische Bettwäsche.«
Leandra kicherte. »Ich – dein Boss? Mach Lieber langsam, Darius.« Sie wies in Richtung der Blue Moon Bar. »Du hast es gehört.
Ich habe kein Geld, kein Schiff, keine Verbindungen... nur die Kleider an meinem Leib.«
»Und die hast du von mir«, erinnerte er sie. Nun musste sie laut auflachen. »Was ist? Willst du sie wiederhaben? Gleich hier?«
»Ein verlockender Gedanke«, grinste er. Er legte ihr den Arm um die Schulter und setzte sich wieder in Bewegung. »Verschwinden wir erst mal. Wir müssen uns wirklich etwas Gutes ausdenken, sonst stecken wir hier fest.«
***
Als sich Ain:Ain'Qua an einem etwas abgelegenen Tisch der Blue Moon Bar niederließ, ein alkoholfreies Getränk vor sich, wusste er zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr, was er tun sollte. Inzwischen kannte er Leandras Geheimnis – den Grund, aus dem heraus die Drakken sie jagten. Was es ihm allerdings nicht erleichterte, sein aus der Verankerung gerissenes Weltbild wieder zu ordnen. Herr, welche Prüfung erlegst du mir da auf? Dieses Phänomen der Magie ließ ihn seit Tagen schlecht schlafen. Er war schon mehrfach Zeuge der Macht der Geisteskräfte dieses Mädchens geworden und wusste nicht, wie er diese Unfassbarkeit einordnen sollte – war sie im Sinne seines Glaubens als gut oder als böse zu betrachten? Ihm war bisher kein Fall übersinnlicher Kräfte bekannt geworden, der so konkrete wie auch machtvolle Formen angenommen hatte. Natürlich – hier oder dort gab es einmal einen Wunderheiler oder eine alte Frau, die mit Geisteskraft kleine Gegenstände bewegen konnte, wenn sie sich sehr anstrengte, und dann waren da noch die üblichen Telepathen, Hellsichtigen, Zauberkünstler und sonstigen zweifelhaften Gestalten.
Leandra hingegen war eine Person, die mit ihren Geisteskräften vielfältige, massive und ausgesprochen greifbare Veränderungen herbeizuführen vermochte. Er war überzeugt davon, dass er zu ihr gehen und verlangen könnte, sie solle einen tonnenschweren Lastenrobot in die Höhe heben – und sie würde es tun. Schlimmer noch: Sie hatte erzählt, dass ihre Fähigkeiten auf ihrer Heimatwelt keine Seltenheit waren. Dort sollte es Tausende von Magiern geben.
Er schüttelte unmerklich den Kopf. Kein Wunder, dass die Drakken sich dieser Kräfte bedienen wollten. Ohne jeden Zweifel zu Kriegszwecken. Als Oberhaupt der Hohen Galaktischen Kirche betraf ihn dieses Phänomen mehr als irgendjemanden sonst im Sternenreich des Pusmoh – jedenfalls, was die ethisch-moralische Seite anging. Hier schickte sich die Kreatur an, in den gottgegebenen Lauf der Dinge einzugreifen, und das konnte er nicht ignorieren. Noch nie in den dreieinhalbtausend Jahren seit Bestehen der GalFed waren zwei so grundverschiedene Weltbilder aufeinander geprallt: das eine wertebezogen und mit religiöser Grundhaltung, das andere zutiefst heidnisch und okkult. Es stellte sich die Frage, ob er Leandra überhaupt annehmen durfte oder sie als besessen, teuflisch oder verderbt von sich weisen musste. Die Reformierte Bibel der Menschen sprach in dieser Hinsicht kaum andere Worte als die neue J'hee-Rolle der Ajhan.
Doch seinem Herz fiel es schwer, dieses Mädchen als böse zu betrachten. Nein, ganz im Gegenteil, sie schien voller Gutartigkeit und positiver Ziele zu sein, und er mochte sie – sogar sehr.
Glücklicherweise hatte sie ihm erzählt, dass sich auf ihrer Welt auch die Magier in Gut und Böse aufteilten: solche, die sich der Zerstörung und der Machtausübung zugewandt hatten, und andere, die in einer Gilde unter einem ethischen Kodex vereint waren.
Somit blieb ihm die vorläufige Möglichkeit offen, auch die Magier als Gruppe in das religiöse Schema von Gut und Böse einzuordnen. Bruder Giacomo kam und bat, sich setzen zu dürfen. »Wenn Sie gestatten, Heiliger Vater...«, sagte er höflich, »ich sehe Ihnen an, dass Sie schon wieder dieses Problem mit der Magie beschäftigt.« Ain:Ain'Qua nickte; die Anrede Heiliger Vater gebrauchte Giacomo immer dann, wenn er eine gewisse Vertraulichkeit signalisieren wollte. Ain:Ain'Qua war ihm stets dankbar, wenn er sich als diskreter Gesprächspartner anbot. Er schätzte die Meinung
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