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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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flaute ab. Die Anspannung über dem Tal löste sich langsam auf, und die kleinen
Wesen nahmen ihre Arbeit wieder auf. Minuten später zeugte
nichts mehr von dem eben stattgefundenen Ereignis. Von den
großen Sechsbeinern hatten sich die übrig gebliebenen unter die
Arbeiter verteilt, Azrani zweifelte nicht daran, dass demnächst ein
Dutzend neuer, großer Sechsbeiner in den Himmel auffahren
würde, während wieder zwölf Ungehorsame oder Unwillige sterben mussten. Sie fragte sich, woher dieses zynische Empfinden
stammte, das sie in sich spürte.
Plötzlich dröhnte ein seltsamer, vielstimmiger Laut durch das
Tal. Die Arbeiterwesen brachen ihr Werk ab und bewegten sich
auf den Talausgang zu. Es schien ein Signal zum Sammeln gewesen zu sein, dabei war nach Azranis Gefühl nicht viel mehr als
eine Stunde vergangen, seit das Schauspiel begonnen hatte.
Ja, ein Schauspiel, sagte sie sich.
Sie war ein Gast auf dieser Welt, und die Baumeister wollten ihr
etwas vorführen. Nur was?
Und aus welchem Grund? Eine Weile stand sie grübelnd da und
beobachtete die Tausende, die nach Süden strömten, bis das Tal
völlig verlassen war. Eine seltsame Stille lag über der Welt. Zwei
der Monde standen sich fast gegenüber, knapp über dem Horizont, während die Sonne nur unwesentlich tiefer stand als zuvor.
Seufzend griff Azrani ihren Würfel aus der Luft und machte sich
auf den Weg in die Mitte der Plattform. Sie würde nur wirklich
sicher werden, wenn sie mutig alles ausschöpfte, was ihr an Möglichkeiten zu Gebote stand.

11
Kreuzdrachen und andere Bestien
    Ullrik wurde langsam mulmig zumute. Seit sie am Morgen von
einer kleinen Felseninsel westlich von Chjant aus aufgebrochen
waren, hatte sie ein Kreuzdrache verfolgt.
    Er saß auf dem Rücken von Yachaoni, einem Felsdrachen aus
Nerolaans Sippe, und sah sich immer wieder nach dem Kreuzdrachen um. Er war ein faszinierendes Tier. Sein augenfälligstes
Merkmal bestand in seiner glänzend schwarzen Färbung und seinen vier Schwingen – aber auch sonst war er beeindruckend, allein schon von der Größe her. Er besaß fast die Ausmaße eines
Sonnendrachen, wirkte aber viel gefährlicher. Sein Körper war
sehr schlank und lang gestreckt, seine Schwingen schmal, das
vordere Paar etwas tiefer angesetzt und das hintere weiter oben.
Sein Schwanz war sehr lang und wies am Ende jenes charakteristische, senkrecht stehende Knochenblatt auf, das er wie eine Axt
einsetzen konnte, die selbst einen Mulloohpanzer zu spalten vermochte. Wann immer der Kreuzdrache in die Helligkeit eines
Sonnenfensters eintauchte, schimmerte er schwarzblau auf.
    Er blieb stets eine gute halbe Meile von ihnen entfernt, manchmal fiel er auch so weit zurück, dass sie glaubten, sie hätten ihn
verloren. Regelmäßig kehrte er dann aber wieder zurück. Yachaoni und seine Artgenossen waren jedoch überzeugt, dass er nicht
wagen würde, sie anzugreifen. Sie waren zu viert, und keiner von
ihnen hatte jemals gehört, dass Kreuzdrachen, diese rätselhafte,
fremde Art, andere Drachen angegriffen hätten, wenn sie mehr
als einen zählten. Die Vierflügler galten, so erklärte der Felsdrache Ullrik, als dumm im wahrsten Sinn des Wortes. Sie waren
stark und angriffslustig, aber sie verfügten nicht über Magie und
waren auch nicht in der Lage, sich eine Vorgehensweise zu überlegen oder gar einen Kampf gegen mehrere klug handelnde Gegner zu bestehen. Dass die Felsdrachen vier Menschen auf dem
Rücken trugen und deswegen nur zu sehr eingeschränkten Flugmanövern in der Lage waren, würde der Kreuzdrache nicht als
seinen Vorteil erkennen können. Ullrik machte das nicht ruhiger.
    Den ganzen Tag über beobachtete er den riesigen Drachen und
kam nicht dahinter, warum er sie verfolgte. Die Felsdrachen hatten keine bessere Erklärung dafür, als dass er für den langen Flug
nordwärts entlang der Küsten von Chjant, an denen man kaum
landen konnte, ein wenig Gesellschaft suchte. Allerdings waren
Kreuzdrachen nicht von der Art, dass sie sich gern in Gesellschaft
aufhielten. Sie waren die einzigen echten Fleischfresser unter den
Drachen und erbarmungslose Jäger.
    Dann, als sich der Nachmittag dem Abend zuneigte, erschien
ein zweiter Drache. Er war noch weit entfernt, und Ullrik entdeckte ihn nur zufällig, als er sich wieder einmal nach dem Kreuzdrachen umsah. Eine Viertelstunde dauerte es, während der sich Ullrik immer häufiger umsah – dann verstand er plötzlich. Der zweite Drache hatte zwar keine vier

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