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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Pilze, welchem Zweck sie auch immer dienen mochten. Azrani sah
Karren und Wagen, die voll geladen wurden, woraufhin man sie
wegfuhr, dem Talausgang entgegen. Andere kehrten mit leeren
Karren zurück. Inzwischen war der Strom der ins Tal drängenden
Wesen verebbt, und eine ruhige, geordnet wirkende Betriebsamkeit hatte sich eingestellt. Niemand schien sich um den Obelisken
zu kümmern; um das Fundament herum existierte eine freie Zone, und es schien, dass seine Gegenwart überhaupt nicht wahrgenommen wurde. Die Zeit verging; in Erwartung von etwas
Neuem beobachtete Azrani geduldig das Treiben im Tal, während
der Wind langsam auffrischte. Sie hatte inzwischen die Mauer
wieder erklommen und sich seitlich, mit angewinkelten Knien niedergesetzt, mit einer Elle Sicherheitsabstand vom Rand entfernt.
Vom Wind aufgewirbelt, umspielte ihr leicht rötlich braunes, lockiges Haar ihre Schultern. Azrani fühlte sich einigermaßen sicher. Es würde bald etwas geschehen, das spürte sie.
Die Gruppen der großen Wesen hatten sich so im Tal verteilt,
als unterstünde jedem von ihnen ein Bereich von etwa eintausend
Arbeitern. Wenn Azranis Schätzung stimmte, mussten sich um die
zwölftausend Wesen im Tal tummeln, denn es waren zwölf Gruppen der großen Sechsbeiner anwesend. Sie taten nichts, standen
nur an ihrem Fleck und wiegten sich gemeinschaftlich hin und
her, so als wirkte dies beruhigend oder anspornend auf ihre Tausendschaften. Die Arbeit an den Pilzen ging weiter; das gesamte
Bild wirkte ausgesprochen ruhig und produktiv. Die Sechsbeiner
strahlten etwas unbestreitbar Friedvolles aus, so als stünde jeder
in ihrer Nähe unter ihrem Schutz.
Auch Azrani war ruhiger geworden, dennoch wollte eine leise
Anspannung nicht von ihr weichen. Der Wind hatte aufgefrischt,
über den Bergen im Westen kamen Wolken auf. Sie wollte sich
einreden, dass hier alles zum Besten stand, doch die grausige
Erinnerung an die fremde Stadt, in der einst ein so schrecklicher
Krieg getobt hatte, wollte sie nicht verlassen. Gab es hier vielleicht noch ein weiteres Volk, das bald den Frieden der arbeitsamen Szene stören würde? Hatte letztlich die Stärke der Sechsbeiner nicht ausgereicht, um die kleinen Wesen, die Arbeiter, zu beschützen?
Nun kamen Windböen auf, die Azrani wanken ließen; sie musste
sich mit den Armen abstützen und setzte sich sicherheitshalber
noch ein Stück von der Kante fort. Über den Felsgipfeln wallten
überraschend Wolkenberge auf, während durch die Sättel, über
die Kämme und die Felsrinnen schwerer, dichter Nebel ins Tal
flutete. Azrani blieb kaum Zeit, ihr Staunen zu verdauen, denn es
war alles andere als nur ein Wetterumschwung, der sich dort
draußen ankündigte.
In einem Sattel zwischen zwei Bergriesen, die von dichten Wolken verdeckt waren, erhob sich mit einem Mal ein fahles Leuchten, das aus den Wolken selbst zu stammen schien.
Diesmal war Azrani so betroffen, dass sie von der Mauer sprang
und furchtsam hinter ihr in Deckung ging. Das Leuchten wurde
heller und heller, während das ganze Tal rasend schnell von einer
riesigen Wolkenkuppel überzogen wurde, die sich in ständiger
wallender Bewegung befand.
Dann teilten sich die Wolken über dem Sattel, und ein unfassbares Etwas trat aus ihnen hervor: ein schlankes, lang gestrecktes
Schiff, von gleißendem Licht umgeben, gewaltig groß und offenbar aus der reinen Wolkensubstanz selbst bestehend.
Azrani verkroch sich hinter der Mauer.
Es war beileibe nicht so, dass sie noch niemals Zeuge überwältigender Schauplätze oder spektakulärer Ereignisse geworden
wäre. Aber dies hier war etwas anderes. Es war nicht wie die Magie ihrer Heimatwelt oder wie die gigantischen technischen Errungenschaften der Baumeister der Pyramiden oder der Drakken…
Nein – diese Erscheinung hatte etwas…
Göttliches.
Etwas, das seine Kräfte aus anderen Sphären als denen der
Welt oder des Kosmos schöpfte; eine übergeordnete Macht, die
jenseits dessen stand, was ein kleines Wesen wie sie begreifen
konnte; etwas, das über solch kleinliche Begriffe wie Gut oder
Böse erhaben war und ganz eigene und unerfindliche Wege ging,
um das Schicksal einer Welt wie dieser zu steuern.
Azrani zitterte am ganzen Leib.
Das Göttliche – das war in der Höhlenwelt verpönt. Die Magier
der Höhlenwelt behaupteten, in die Tiefe des Seins schauen und
dort nirgends einen Gott erblicken zu können.
Durchaus die Ordnung der Dinge, repräsentiert durch die Sphären des Diesseits des

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