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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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gleiten konnten.
Als der Weg einen kleinen Felspfeiler umrundete und sich vor
ihm die Halle des Großen Sees öffnete, blieb Marko wie erstarrt
stehen.
Nein, dort auf der Insel, das war nicht seine kleine Meerjungfrau
– es war ein Drache. Und er lag verkrümmt und hingestreckt da,
als wäre er tot.
Marko ließ das Kleiderbündel fallen und rannte los.
*
    »He!«, hörte er eine sanfte Stimme, weit von ihm entfernt.
»Wie geht es dir?«
Ullrik atmete langsam und schleppend ein und aus. Für einen
    bedrückenden Moment hatte er das Gefühl, als wollte das Leben
aus ihm weichen und als hätte er nicht die Kraft, es festzuhalten.
Doch dann strömte es in ihn zurück. Seltsamerweise hatte er die
Empfindung, als geschähe dies durch seine rechte Körperseite…
seinen Arm… ja, seine rechte Hand. Dann verebbte das Gefühl
wieder, und er fühlte sich besser.
    Der Dämon… bei meinen Ahnen…
Er stieß ein gequältes Stöhnen aus… Dies war die Hölle gewesen, das Reich ewiger Dunkelheit… ein Blick in die Sphäre des
Chaos und jetzt, in diesem Moment, das Gefühl grenzenloser
Dankbarkeit, dass sie ihn nicht verschlungen hatte. Lieber einfach
nur tot sein, ganz erloschen und ohne etwas, das zurückblieb, als
in diesen Abgrund zu stürzen. Was, wenn man dort ewig weiter
existierte?
    Endloses Grauen, immerwährende Schmerzen, ziellose Existenz… bis ans Ende aller Zeiten?
Wieder stieß er ein Stöhnen aus und versuchte sich zu erinnern,
wie man die Augen öffnete, denn es war ihm zu dunkel hier, viel
zu dunkel. Er gierte nach Licht, nach Helligkeit.
»Ullrik?«
Diese Stimme kannte er, wie auch die andere, die ihn vorher
angesprochen hatte… weibliche Stimmen… ein Mädchen. Ja, Cathryn.
Wie eine warme Woge schwappte die Erkenntnis über ihn hinweg; die andere Stimme… das war Hellami gewesen. Zwei, die er
aus der Tiefe seines Herzens liebte, die in wenigen Tagen mehr
Licht in sein verfluchtes Bruderschaftsleben gehaucht hatten als
die dreißig Jahre zuvor. Es war einfach wundervoll, dass die beiden jetzt da waren, hier bei ihm, obwohl die Dunkelheit nicht weichen wollte und ihn immer mehr ängstigte.
Er hatte Munuel kennen gelernt, den Altmeister, die Legende,
den Lehrer und Mentor von Leandra. Seine Aufrichtigkeit und seinen Mut hatte er mit dem Augenlicht bezahlen müssen. Traf ihn
nun das gleiche Schicksal? Ullrik meinte, die Augen inzwischen
geöffnet zu haben, es fühlte sich so an. Aber die Dunkelheit umgab ihn nach wie vor. Sonst war nichts da, keine Erinnerung, nur
die an die wundervollen Mädchen und… an den Dämon. »Ullrik«,
hörte er. Dieses Mal war die Stimme schon näher, es war die von
Hellami. »Du bist da, ich kann es an deinem Gesicht sehen. Deine
Augen sind offen.«
Wieder fühlte er Erleichterung, denn Hellami übernahm ein
Stück Denken für ihn. Vielleicht verstand sie, dass er Schwierigkeiten hatte, sich zu finden…
Abermals strömte die Kraft in ihn hinein, aus der rechten Seite,
der rechten Hand. Irgendwoher kannte er das Gefühl, hatte es
schon einmal erlebt.
»Cathryn ist auch da«, hörte er Hellami flüstern. Ihre Stimme
war warm, fast zärtlich. »Ihr geht es gut und mir auch. Du hast
uns alle gerettet. Wieder einmal.«
Gerettet? Wovor? Vor dem Dämon?
Allein der Gedanke an diese Monstrosität schnitt in sein Hirn wie
ein Messer. Sein Kopf pochte dumpf, und endlich kehrten erste
Erinnerungsfetzen zurück… ein riesiges, zähnestarrendes Maul, so
groß, dass er bequem hätte hineinspazieren können… und dann
eine Wolke, so tiefviolett wie das Stygium an seinen schlimmsten
Stellen…
»Du bist ein Held«, hörte er Cathryn sagen. »Du hast die Bestie
getötet. Und Asakash gerächt.« Wieder strömte die Kraft durch
seine rechte Hand, und endlich erinnerte er sich: So war sein gebrochener Arm geheilt worden, von ihr… seinem kleinen Schatz.
Eine zentnerschwere Last fiel von ihm ab.
Cathryn hielt seine Hand, seine riesige Pranke, er konnte es
spüren: ihr Kinderhändchen, das in Wahrheit doch viel mehr Kraft
besaß als der ganze verfluchte Dämon, den er herbeigerufen hatte.
»Hellami? Cathryn?«, stammelte er.
»Zwei Kreuzdrachen sind tot, der dritte verletzt ist geflohen.
Hattest du den auch noch erwischt?«
Dunkel erinnerte er sich an eine Magie, die er anfangs dem von
Norden anfliegenden Drachen entgegengeschleudert hatte – das
war noch eine anständige Rohe Magie gewesen, eine Art Pfeil aus
brennender Luft, offenbar nicht ohne Wirkung, wie er

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