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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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je gedacht hatten.
Marko, vor nicht allzu langer Zeit nur auf kurzlebigen Ruhm und
ein betuchtes, sorgenfreies Leben im Glanz einer schönen Frau
bedacht, hatte sich von Roya und ihren Ideen anstecken lassen.
Einmal abgesehen von Drachengeburten, war er inzwischen ebenso Feuer und Flamme für die Drachen wie Roya. Schon seit vielen
Wochen ließ er sich täglich von einem der Drachen hier heraufbringen. Dann arbeitete und werkelte er an nützlichen Einrichtungen, sprach mit den Drachen, wofür er sich eigens und unter einigen Mühen von Roya das >Sehen< des Trivocums hatte beibringen lassen, und kümmerte sich um alles, was der feingliedrigen Hand oder der Erfindungsgabe eines talentierten Menschen
bedurfte. Da diese Kolonie vor langer Zeit wegen ihrer ungünstigen Lage verlassen worden war, hatte sich Marko jetzt, nachdem
die Drachen zurückgekehrt waren, um ein Bevorratungssystem
für ihre Nahrung gekümmert. Es stand kurz vor der Vollendung.
Das war besonders wichtig für die Neugeborenen.
Nun wollte er es Roya zeigen. Doch dieses kleine Biest ließ sich
mehr als bitten. Natürlich nur, um ihm zuletzt verblüfftunschuldig und nach dem Motto >warum hast du das denn nicht
gleich gesagt?< ein Übermaß an Anerkennung, Küssen und
Umarmungen zukommen zu lassen. Aber dazu musste er sie erst
mal kriegen.
Als er den Sims erreichte, schnaufte er schon. Er war jung,
muskulös und durchtrainiert, aber er wog einiges mehr als sie.
Und sie war auch noch ein sehr bewegliches und kräftiges Mädchen. Der Tunnel, der knapp oberhalb des Simses nach Westen
führte, lag dunkel und verlassen vor ihm. Von fern drang das
Licht einer schwebenden Drachenfeuer-Kugel zu ihm, aber Roya
war längst fort.
Seufzend setzte er sich in Bewegung.
Im Laufschritt durchquerte er den Tunnel und bog nach gut
fünfzig Schritt Richtung Nordwesten ab. Er passierte das Drachenfeuer und wandte sich nach weiteren zwanzig Schritt nach
Norden. Nun hatte er einen langen Tunnel vor sich, aber er war
gerade und eben. Er rannte schneller in der Hoffnung, sie in der
nächsten größeren Halle noch irgendwo sehen zu können, ehe sie
endgültig seinen Blicken entschwand. Als er das Ende des Tunnels
erreichte, entfuhr ihm ein gequältes Aufstöhnen.
Ihre Kleider lagen hier auf dem Boden, und das konnte nur bedeuten, dass sie mit einem Kopfsprung hinab in den See getaucht
war. Im Schwimmen und Tauchen war er ihr hoffnungslos unterlegen – und gleichzeitig waren die hier liegenden Kleider nur eine
allzu deutliche Aufforderung an seine Adresse. Er würde Roya
irgendwann erreichen, dann ausgepumpt sein wie ein alter Straßenköter und ihren wohlmeinenden Spott erdulden müssen. Er
seufzte geschlagen. Manchmal wünschte er sich, sie hätte eine
Winzigkeit weniger Temperament.
Unentschlossen trat er an den Sims, von dem aus es etwa fünfzehn Ellen in die Tiefe ging – in einen kalten, tiefen See voll
strahlend blauem Wasser, das unter dem warmen Licht einer großen Drachenfeuer-Kugel einladend zu ihm heraufschimmerte.
Nach links führte ein schmaler Weg an der Felswand entlang,
aber den hatte sie ja augenscheinlich nicht benutzt. Der See war
lang gestreckt und wand sich zwischen senkrechten Felswänden
nach Norden, wo er bald den Blicken entschwand. Aber Marko
wusste, dass nicht weit entfernt eine große Halle folgte. Dort gab
es sogar eine kleine Felseninsel in der Mitte des Sees.
Er nickte. Ja, dort würde sie auf ihn warten. Wahrscheinlich wie
eine Meerjungfrau in schmachtender Pose auf dem Fels sitzend,
und er durfte sie dann holen. Irgendwie ärgerte ihn diese ganze
Hatz – und trotzdem liebte er sie. So war Roya eben. Seufzend
bückte er sich, nahm ihre Kleider auf und rollte sie zusammen.
Als er sich wieder aufrichtete, verharrte er kurz und starrte in die
Ferne. Seltsam still ist es heute hier, dachte er.
Mit vorsichtigen Schritten stieg er den schmalen und holprigen
Felssteig zum Wasser hinab. Seine Schritte hallten zwischen den
hohen Felswänden wider, aber sonst war nichts zu hören. Er
überlegte, ob die Schreie der Jungdrachen hier vielleicht niemals
zu hören waren. Bisher hatte er sich noch keine Gedanken um die
weniger geräuschvollen oder gar stillen Winkel dieses riesigen
Höhlensystems gemacht. Aber gewöhnlich, so glaubte er, hörte
man immer etwas – und wenn es nur das entfernte Rauschen von
Drachenschwingen war. An vielen Stellen waren die Höhlen weit
genug, dass die Drachen darin fliegen oder wenigstens ein Stück

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