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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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säuselte ihm
ins Ohr, während sie weiterhin auf den Holoscreen blickte: »Ja,
stell dir nur vor – wir könnten uns jeden Tag lieben, bis in alle
Ewigkeit…«
    Er stieß ein Stöhnen aus. Leandra kicherte, rutschte ein bisschen auf seinem Schoß herum und meinte: »Ach, ich glaube,
das war doch nichts für dich. Da würde es dir doch an Stehvermögen fehlen. Jedenfalls für ein Mädchen wie mich…«
    »Sei still, du Biest. Was erzählst du da – mit diesem ewigen Leben?«
»Ach, das ist eine lange Geschichte. Es hat etwas mit der Bruderschaft zu tun und einem geheimnisvollen Pakt. Den hatten die
Drakken einst mit Sardin geschlossen, dem Anführer der Bruderschaft. Vor zweitausend Jahren. Das Geheimnis des ewigen Lebens sollte sein Lohn sein, wenn er den Drakken half, die Macht
über die Höhlenwelt zu erlangen.«
Roscoe zog die Stirn kraus. Die Anspannung unter Leandras Po
ließ etwas nach. »Willst du damit sagen, dass die Drakken das
Geheimnis der… Unsterblichkeit kennen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich sagte doch: nicht der Unsterblichkeit. Ewiges Leben. Das heißt, dass der Körper beliebig
lange durchhalten könnte – endlose Jugend.
Sterben kann man aber trotzdem. Am Tod.« Sie kicherte wieder.
Roscoe starrte sie verdutzt an.
Aus den Augenwinkeln registrierte sie, dass gerade der Abspann
der Dokumentation lief – der Film war endlich vorbei. Ihr einstündig verdrängter Wunsch gewann nun die Oberhand. Roscoe hingegen schien plötzlich so verwirrt, dass er sie nur anstarrte. Nein,
das konnte sie ihm jetzt nicht durchgehen lassen. Sie stemmte
sich rasch hoch, setzte sich rittlings auf seine Oberschenkel und
öffnete eilig die Knöpfe seines Hemdes. »Ich erzähle dir alles –
nachher«, sagte sie und küsste ihn, schon ein bisschen schwerer
atmend. »Wenn du brav bist und jetzt sehr nett zu mir bist…«
Das war vor vier Tagen gewesen.
Anschließend hatte sie ihm die ganze Geschichte erzählt: von
Sardins Wunsch nach Unsterblichkeit, die er sich, nachdem er den
Pakt nicht hatte erfüllen können, selbst verschafft hatte. Doch es
war nicht das gewesen, was er sich vorgestellt hatte. Erst sie,
Leandra, hatte ihn nach zweitausend zermürbenden Jahren von
seinem Fluch erlösen können.
Roscoe aber hatte eine quälende Neugierde befallen. Für eine
Weile waren er und Leandra getrennte Wege gegangen. Wie ein
trockener Schwamm hatte sie weiterhin Filme, Texte und Bilder
aus den schier unerschöpflichen Datenquellen der Melly Monroe in
sich aufgesogen, während sich Roscoe verbissen in Leandras Geschichte hineinvertieft hatte. Er forstete nun seinerseits sämtliche
Datenbanken durch, auch solche außerhalb der Melly Monroe, die
er über das Stellnet anzapfen konnte.
Es handelte sich, so erklärte er ihr, um öffentlich zugängliches
Wissen, auf das man innerhalb des Sonnensystems von AureliaDio zugreifen konnte, von den »Heißen Habitaten«, die Aurelia
selbst umkreisten, über Diamond, die sechs SpektorRaumstationen bis hin zu Halon und seinen zahllosen Monden,
Habitaten und was sonst noch da draußen herumschwirrte.
»Nichts zu finden«, seufzte er schließlich nach Tagen, als er
Leandra im Krähennest aufspürte und sich neben ihr auf die gepolsterte Bank unter der Ceraplast-Kuppel fallen ließ. »Einfach
nichts zu finden über dieses ewige Leben.« Es war dunkel und
kühl um sie herum, nur das All leuchtete durch die Kuppel herein.
Leandra schmiegte sich an ihn. Mit einem wohligen Brummen
legte er den Arm um ihre Schultern. Es gefiel ihr, sich wie ein
kleines Mädchen in die Umarmung dieses großen Burschen zu
verkriechen. Irgendwie, fand sie, war er ein kleines bisschen wie
ein Drache. Ein großer, starker Kerl, voller Stolz und Kraft, und
doch war er hoffnungslos ihrer Ausstrahlung erlegen, und sie
konnte ihn lenken, wie sie wollte. Jedenfalls fast. Er war ganz
anders als Victor und ihm doch wieder ähnlich, und diese Mischung gefiel ihr. Eines jedoch hatten die beiden Männer auf geheimnisvolle Weise gemein: Sie waren ausgesprochen zärtlich
und gefühlvoll. Genießerisch seufzend schmiegte sie sich an seine
Seite, starrte zum Halon hinaus und antwortete. »Das wundert
mich nicht. Wer würde schon das Geheimnis des ewigen Lebens
öffentlich machen? Warum interessiert dich das so? Willst du mich
etwa tatsächlich jeden Tag lieben, bis in alle Ewigkeit?«
»Das ist der Hauptgrund, ja«, bestätigte er mit einem verbindlichen Nicken, während er ebenfalls hinaus zum Halon

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