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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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all das angeht, sind sie nur
wenig moralisch. Sie beschützen ihr kleines Halon-Reich nach
dem Grundsatz: Erst schießen, dann fragen. Du solltest mal sehen, was ihre Kinder für Spielzeug haben. Und was sie sich im
Fernsehen anschauen.«
»Im… Fernsehen?«
Er brummte. »Ein altertümlicher Begriff. Es heißt eigentlich
Intervid. Filme auf Holoscreens, das kennst du ja. Aber Unterhaltungsprogramme, den ganzen Tag, hauptsächlich für Kinder. Da
geht’s heiß her – Krieg und Gewalt, bis dir schlecht wird. Auf den
Kanälen für die Erwachsenen ist es noch schlimmer. Aber wehe,
da verirrt sich mal ein Stück nackte Haut oder Sex hinein. Dann
steht hier jeder Kopf.«
Leandra zog erstaunt die Brauen hoch. »Wirklich? Gewalt ist in
Ordnung, und… Liebe nicht?«
»Liebe?« Er lachte trocken auf. »Ja, darauf läuft es wohl hinaus.« Sie blickte sich unruhig um. »Aber dann…« Er hob eine
Hand, während sich ihr Laufband einer Art Knotenpunkt näherte,
einer weiteren kleinen Halle. »Keine Sorge. Hier läuft niemand
bewaffnet herum, und geschossen wird auch nicht. Sie sind betont friedlich, mit hehren moralischen Regeln, wie ich schon sagte. Aber… es ist eine seltsame Doppelmoral. Mir liegt das nicht
sonderlich.« Leandra runzelte die Stirn. Was ihr Roscoe erzählte,
war nicht leicht nachzuvollziehen.
»Nicht, dass wir anderen ohne Fehler wären«, fügte er leise an.
»Manche mögen die Hüller, verehren sie geradezu wegen ihrer
hohen Werte und ihrer sauberen kleinen Welt hier draußen. Und…
sie ist ja auch schön.
Warte, bis du die Kuppel siehst.«
Sie erreichten das Ende des Laufbandes, ohne dass ihnen auf
dem ganzen Weg jemand entgegengekommen wäre. Eine Zeitanzeige an der Wand klärte das Rätsel auf. Es war tief »nachts«,
also offenbar Schlafenszeit, obwohl das für ein Habitat wie dieses
gewiss etwas anders war als für eine Welt, die sich unter einer
Sonne drehte.
Die Halle, die sie nun erreicht hatten, war kreisrund, maß gute
hundert Meter im Durchmesser und besaß zahlreiche Gänge, die
in alle Richtungen führten. In der Mitte aber befand sich ein riesiges Loch, das nach unten führte. Metallische Wände schimmerten
in gelblichem Licht; es gab kein Geländer, um einen unvorsichtigen Passanten vor einem Sturz in die Tiefe zu schützen.
Roscoe versetzte Leandra einen gehörigen Schrecken, als er mit
Anlauf losrannte und über den Rand in die Tiefe sprang. Sie stieß
einen leisen Schrei aus, eilte ihm hinterher und bremste erst kurz
vor dem Rand.
Aber da hatte sie schon verstanden, um was es sich handelte:
Roscoe schwebte ein Stück unterhalb von ihr, trieb in die Mitte
des riesigen Schachts und bewegte sich langsam abwärts.
»Hier wird die Schwerkraftebene umgedreht!«, rief er herauf.
»Unten gehst du dann auf dem Kopf.« Lächelnd ließ sie sich vornüberkippen, breitete die Arme aus, als könnte sie mit ihrer Hilfe
fliegen, und ließ sich von der erstaunlichen Kraft auffangen, die in
dieser Röhre herrschte. Auf der MAF-1 hatte sie Ähnliches erlebt.
»Ich wusste es!«, rief er. »Du bist ein Kind!«
»Macht aber Spaß!«, rief sie zurück, während sie in die Mitte
des Schachts und auf ihn zu trieb.
»Hier außen«, sagte er, als sie sich ihm näherte, »sind die
Hangars für die Hüllerschiffe.« Er wies auf die Schachtwände, und
seine Stimme wurde wieder leiser. »Die Nabe zwischen den beiden Scheiben ist ja viel dicker als dieser Schacht. Da sind all die
kleinen Schiffe untergebracht, mit denen sie in den Halonringen
herumfliegen. Kontrollschiffe, Schlachtschiffe, Jagdschiffe…«
»Schlachtschiffe?«, fragte Leandra. »Und Jagdschiffe?«
»Die Schlachtschiffe sind große Raumkreuzer, mit denen sie
ausrücken, wenn ein Leviathan getötet werden soll. Er wird gewissermaßen geschlachtet. Sie verpassen ihm einen Schuss ins
Nervenzentrum, ein richtiges Gehirn haben die Wesen ja nicht.
Und dann wird er ausgebrannt. Die Jagdschiffe sind kleine,
schnelle Haifanten, aber nicht für die Jagd auf Leviathane vorgesehen, sondern für… gegen…« Er unterbrach sich, und seine Augen blickten unsicher umher, ohne dass er den Kopf bewegte.
»Gegen Eindringlinge?«, fragte sie leise, als sie bei ihm war.
Er nickte stumm.
Leandra sah, dass ihm nicht wohl war. Wenn die Hüller wirklich
so schießfreudig waren, spielten sie wahrscheinlich schon mit ihrem Leben, wenn sie allein nur zu laut sprachen – über das, was
sie planten. Sie packte nach seinem Gürtel, zog sich zu ihm heran

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