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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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und umarmte ihn.
»Wir machen keine Dummheiten, versprochen«, flüsterte sie
ihm ins Ohr. »Nur, wenn es irgendwie machbar ist.«
»Ich ertrage den Gedanken nicht, dass dir etwas zustoßen
könnte«, flüsterte er zurück und küsste sie.
Ein warmes Gefühl durchströmte Leandra, und sie umarmte ihn
fester. Sie beglückwünschte sich dazu, immer wieder Menschen
zu finden, die zu ihr standen und sie liebten, und fragte sich im
gleichen Atemzug, wie es wohl für Leute wie Chast oder Rasnor
war, die niemals wirkliche Freunde besaßen, sondern nur Macht
über andere, weil sie gefürchtet wurden.
Unmerklich hatten sie ihre Position so verändert, dass sie mit
den Köpfen nach unten am anderen Ende des Schachtes ankamen. Doch sie fühlten sich, als würden sie emporgehoben. Nun
verstand Leandra – die andere Seite des Habitats besaß eine um
einhundertachtzig Grad gedrehte Schwerkraftebene. Sie trieben
auf den Rand des Schachts zu und konnten dort ohne Probleme
>an Land< gehen, wie Roscoe sich ausdrückte. Danach folgte
noch einmal ein Weg, der durch einen Tunnel führte. Auch diesmal blieb Leandra bei Roscoe und verspürte Lust, sich die Zeit auf
den Laufbändern damit zu vertreiben, ihn zu küssen; aber sie
wagte es nicht. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass auf
Monalath das Küssen verboten war, aber sie kamen alle fünfzig
Meter an einem dieser Videoaugen vorüber, und das bereitete ihr
Unbehagen. Befangen starrte sie in Richtung der gläsernen Linsen
und senkte zumeist beschämt den Blick, wenn sie daran vorbeiglitten. Etwas Vergleichbares gab es in ihrer Welt nicht.
Sie passierten mehrere kleine Hallen und Knotenpunkte, und
das letzte Stück wurden sie wieder durch einen Schacht emporgetragen. Diesmal war er kleiner und endete unter einer Art
Dach, einem runden Schirm auf drei Stützen, ähnlich dem kleinen, spitzen Häubchen, das über dem Rauchabzug auf einem
Hausdach sitzt und verhindern soll, dass es hineinregnet.
Sanft wurden sie auf einem rundum laufenden Steg abgesetzt.
Leandras Herz pochte leise, denn sie fühlte, dass wieder eine
große Überraschung bevorstand. Verwundert erkannte sie Bäume
und Büsche, als sie unter dem Dach hinweg nach draußen sah.
Das Häuschen war, abgesehen von den drei Stützen, nach allen
Seiten hin offen. Es schien auf einer Wiese zu stehen und von
einem Wald umgeben zu sein. Das Licht dort draußen war nur
schwach und von geheimnisvoller rot-orangefarbener Tönung. Es
war still, und ein würziger Geruch drang herein. Leandra ahnte,
was sich dort draußen befand. Sie spürte Roscoes Hand in der
ihren; er zog sie mit sich nach draußen. Und dann war es nur
noch ein Atemzug, bis sie das Wunder von Monalath erblickte:
Über einem Waldgebiet, einer kleinen hügeligen Landschaft von
zweieinhalb Kilometern Durchmesser, spannte sich eine durchsichtige, getönte Ceraplast-Kuppel, hinter der Halon stand – riesig, golden und in all seiner Pracht. Leandra stieß ein Jauchzen
aus.
Der Planet war unglaublich nah, er füllte beinahe ein Viertel des
gesamten Himmelsgewölbes über der märchenhaften kleinen
Landschaft aus und überflutete sie mit mildem, goldenem Licht.
Seine Ringe standen genau auf der Höhe von Monalath und reichten bis ganz an das Habitat heran. Die unzähligen Partikel, aus
denen sie bestanden – Felstrümmer, Eis oder bloßer kosmischer
Staub –, funkelten weiß, hellblau, hellgrün und manchmal mit
tiefroten oder dunkelblauen Lichtreflexionen zu ihnen herein. Um
sie herum schwebten in majestätischer Ruhe zahllose Asteroiden;
die meisten waren winzig, manche jedoch besaßen Durchmesser
von mehreren Meilen, einige waren sogar gewaltige Brocken von
der Größe eines kleinen Mondes.
Das Gewaltigste von allem aber war das, worauf Roscoe nun mit
ausgestrecktem Arm deutete: ein Schwarm dunkelgrauer Leviathane, der sich durch ein weitläufiges Trümmerfeld über der flachen Scheibe der Halonringe bewegte. Es mussten Tausende von
Tieren sein. Leandra verschlug es den Atem.
Den Kopf weit in den Nacken gelegt, schmiegte sie sich seitlich
an Roscoe. In ihren Augenwinkeln standen Tränen. »Es… es ist
schon unglaublich, was ich in den letzten Jahren alles zu Gesicht
bekommen habe«, flüsterte sie ehrfurchtsvoll. »Und es wird immer mehr.«
»Du bist ein Glückskind«, meinte er leise. »Solche Schwärme
kann man von hier aus zwar immer wieder mal beobachten, aber
dass gerade jetzt einer vorüberkommt…?«
»Ist das dort die Königin?«,

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