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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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katastrophal!« Simonai war erschüttert von dem plötzlichen Ausbruch
Ötzlis und stand stocksteif da. Ötzli deutete auf den Holoscreen.
»Und überhaupt – wo ist er? Ist er uns am Ende schon entwischt?«
Simonai stammelte etwas und suchte sein Heil in der Flucht.
Augenblicke später klappte die Zimmertür hinter ihm zu.
»Du machst mir Angst, Lakorta«, hauchte Lucia und drückte
sich an ihn.
Er schloss die Augen und fragte sich, ob nicht er es war, der
Grund hatte, Angst zu empfinden. Er war der Magie ihrer Berührung hilflos ausgeliefert und spürte zugleich, dass sie die nötige
Intelligenz besaß, um sich in dieser Welt und vor allem in seiner
Umgebung zu behaupten. Solche Leute konnten einem gefährlich
werden. Doch dann spürte er ihren warmen, weichen Busen, und
eine milde, innere Stimme versuchte ihm einzusäuseln, dass es
wohl keinen schöneren Untergang geben konnte als den in Lucias
Armen.
»Er ist fort«, sagte sie Plötzlich, löste sich von ihm und trat zu
dem Holoscreen. »Kannst du ihn noch sehen, Lakorta?«
Er wandte sich um und suchte den Monitor ab. Ain:Ain’Qua war
tatsächlich nirgends zu sehen, und auch keiner der Sensoren lieferte ein Signal. »Verdammt noch mal!«, fauchte er und ballte
beide Fäuste.
*
    Ain:Ain’Qua war bereit, Giacomo zu küssen, wenn er ihn das
nächste Mal sah. Oder wenigstens, ihm lobend auf die Schulter zu
klopfen. Das Zahlenrätsel war gar keins gewesen, sondern eine
persönliche Verschlüsselung – wahrscheinlich um zu vermeiden,
dass der Fluchtplan nutzlos wurde, falls jemand die Dokumentation in den Tiefen von Ain:Ain’Quas Rechner aufgespürt hätte.
    Sie hatten einmal in einer albernen Minute über die witzigsten
Verwechslungen zwischen der Menschen- und der Ajhansprache
geredet. Dabei war er darauf gekommen, dass die menschliche
Aussprache der Zahl hundertsechs dem Ajhanausdruck für »Furz«
ziemlich ähnelte. Sie hatten, was sehr unüblich für sie war, etwas
Wein intus gehabt und sich über ihre Gedanken kaputtgelacht.
    Nachdem Ain:Ain’Qua nicht den geringsten Hinweis gefunden
hatte, woraus er im Sonnensaal die Zahl 106 herleiten sollte, und
er sich andererseits nicht vorstellen konnte, dass ihm Giacomo
absichtlich eine unlösbare Aufgabe hatte stellen wollen, war ihm
diese Sache wieder eingefallen. Und als er die große Sonne auf
dem Hallenboden betrachtet hatte, waren ihm die beiden ulkig
stilisierten Wangen des Sonnengesichts aufgefallen. Man hätte in
ihnen wirklich einen riesigen Hintern sehen können. Der Mund
dazwischen war klein genug, um ihn für einen Anus halten zu
können, und zu allem Überfluss züngelte auch noch ein kleiner
Feuerstrahl aus ihm heraus. Mit Sicherheit war das die Hundertsechs, der Furz, den Giacomo gemeint hatte. Das Ganze besaß
eine gewisse Geometrie, die in eine Richtung wies. Ain:Ain’Qua
hatte seinen Tarnanzug wieder eingeschaltet, war zur gegenüberliegenden Wand geeilt und hatte dort den Punkt gesucht, auf welchen die Anhaltspunkte deuteten. Und tatsächlich – in einer der
dort liegenden Kastenvertäfelungen hatte er ein ganz schwaches,
womöglich mit einem Messer eingeritztes Symbol entdeckt: einen
dreigezackten Blitz. Und dies war der zweite Hinweis gewesen:
Einhundertsechs ergab, rückwärts gelesen, wie Giacomo es angedeutet hatte, sechshunderteins, und das war die Bezeichnung von
Ain:Ain’Quas Jägerstaffel aus seiner Zeit als Ordensritter gewesen
– mit dem Staffelwahrzeichen des dreigezackten Blitzes. Solche
Staffeln gaben sich inoffiziell ziemlich martialische Mottos; ihres
hatte gelautet: Erst draufschlagen, dann fragen.
    Genau das hatte Ain:Ain’Qua dann versucht – einen leichten
Schlag mit der Faust auf die innere Fläche der Vertäfelung in Höhe des dreigezackten Blitzes –, und ein Spalt war aufgesprungen.
Er hatte leise auflachen müssen.
    Von der Bauart der Tür, durch die er hereingekommen war,
wusste er bereits, dass hinter der kreisrunden Wand des Saales
ein raffiniertes System von lamellenartigen, beweglichen Längswänden existierte. Hier gab es eine Unzahl von verborgenen Türen – Ain:Ain’Qua schätzte ihre Zahl auf über zweihundert –,
durch die man hinein oder herausgelangen konnte. Wie sie vom
Saal her zu öffnen waren, wusste er nicht, vermutlich benötigte
man besondere Schlüssel elektronischer Art. Giacomo war es offenbar gelungen, bei einer davon einen eigenen Schlüssel einzubauen, nämlich einen Sensor, der auf einen leichten Schlag

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