Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
schnell in einen Tumult um. Ullrik und Laura erhoben sich.
»Das war Azrani!«, flüsterte Laura plötzlich und lief los.
»Was? Azrani?«, rief er ihr hinterher.
»Ja, ihre Stimme!«
Ullrik hatte einen Schrei gehört, ihn aber nicht als Azranis erkannt. Aufgestört folgte er Laura, die schon zwischen den Leuten
verschwunden war. Jeder hier hatte sich der Nordostseite der
Halle zugewandt.
Plötzlich ertönte ein giftiges Zischen, ein gequälter Aufschrei
und ein dumpfer Schlag, darauf die Worte: »Zurück! Bleibt zurück!«
Ullrik drängte sich grob durch die Menschenmenge und erreichte
bald den Ort des Geschehens. Ein großer, in eine weiße Robe gekleideter Mann mit weißem Haar und langem weißem Bart stand
der Menge gegenüber, flankiert von zwei bewaffneten Phryxen. Er
hielt einen seltsamen, nach Magie aussehenden Stab empor; in
seiner brutal zugezogenen Armbeuge aber zappelte Azrani.
»Mandalor!«, keuchte Laura. »Den haben wir völlig vergessen!«
Ullrik wusste sofort, wer gemeint war. Der vierhundertjährige
Betrüger, der hier auf Okaryn durch die Gnade der Abon’Dhal eine
bizarre Herrschaft ausgeübt hatte.
Am Boden lag sich windend Marina, die offenbar Azrani hatte
helfen wollen. Etwas hatte sie in die Brust getroffen, etwas Hässliches, das brannte und schmerzte, und Ullrik wusste, dass er
nicht länger der Einzige unter den Menschen hier war, der über
Magie verfügte. Entsetzt beugte er sich nieder und untersuchte
Marina. Ihr weißes Wickeltuch war in Brusthöhe grau und gelb
verfärbt; offenbar war sie nicht äußerlich verletzt, aber was sie
getroffen hatte, schien furchtbar wehzutun. Sie wimmerte und
wand sich. Ullrik nahm sie hoch und drückte sie an sich.
Rechts von ihm standen Azizh und Bordo. »Du verfluchter Betrüger!«, rief Azizh. »Lass sie los!
Glaubst du, du kannst mit ihr fliehen?«
Ullrik war so schockiert, dass ihm nichts einfiel, was er hätte tun
können. Keiner der Männer hier war bewaffnet, die beiden riesigen, vierarmigen Phryxe jedoch reckten den Leuten ihre Spieße
entgegen. Mandalor hielt Azrani als lebenden Schutzschild vor
sich und drohte der Menge mit seiner Magie. Der Stab schien ihre
Quelle zu sein, das konnte Ullrik im Trivocum spüren. Die Frauen
versteckten sich hinter den Männern, es schien, als fürchteten sie
diesen Stab wie die Hölle. Ullrik überlegte verzweifelt, was er tun
sollte. Er konnte keine Magie gegen den Mann wirken – nicht,
solange er Azrani vor sich hielt. Eine der Techno-Waffen hätte
vielleicht eine Aussicht geboten, aber niemand trug eine. Verdammt! Wir waren viel zu unvorsichtig! Wir dachten, wir hätten
schon gewonnen!
»Ich? Ein Betrüger?«, rief Mandalor mit herrischer Stimme.
»Ich bin der heilige Mandalor! Der Erzengel von Okaryn, die
rechte Hand Gottes! Und ihr alle seid Ketzer, Frevler und boshafte
Sünder! Der Zorn der Engel wird euch vernichten!«
Ullrik übergab die jammernde Marina, die nach wie vor schreckliche Schmerzen litt, an eine Frau, die neben ihm kniete, und
stand auf. »Was willst du?«, fragte er Mandalor mit erhobenen
Händen und gezwungen ruhiger Stimme. »Freien Abzug? Vielleicht irgendetwas von hier? Etwas Wertvolles, das dir gehört?«
»Ha!«, rief der falsche Heilige höhnisch und trat langsam, rückwärts gehend, den Rückzug an. »Du bist dieser Magier, nicht
wahr? Dieser Götterbote! Und dies hier ist die betrügerische Drachengöttin! Was ist nun mit eurer Macht?«
»Nichts, gar nichts!«, sagte Ullrik flehentlich. »Wir sind keine
Götter. Jeder hier weiß das. Lass sie gehen, ich beschwöre dich!
Ich werde selbst dafür sorgen, dass du ungehindert gehen
kannst! Wir bringen dich, wohin du willst…«
Mandalor antwortete mit einem irren Kichern. »Euch soll ich
vertrauen, ihr Rebellen gegen Gott? Niemals! Ich werde eure falsche Göttin den Engeln ausliefern, sodass sie vor Gottes Gericht
gestellt werden kann. Und dann könnt ihr nur noch beten, ihr
verfluchtes Pack! Beten!« Immer weiter wich er zurück, in Richtung eines seitlichen Durchgangs; die beiden Phryxe schlossen in
kampfbereiter Haltung die Lücke, die er hinterließ. Ullrik folgte
ihnen mit vorsichtigen Schritten, aber zunehmend gelangte Mandalor aus seiner Reichweite; selbst mit der präzisesten Magie hätte er jetzt nichts mehr ausrichten können.
»Mandalor!«, rief er verzweifelt. »Tu das nicht! Die Abon’Dhal
brauchen dich jetzt nicht mehr! Sie werden dich töten…«
Wieder kicherte der falsche Heilige irr.
Doch dann
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