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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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gehörten zum gleichen Schlag. Andere Leute waren für mich Zivilisten. Meine Familie hat Geschäfte gemacht mit den Gewerkschaften, mit Glücksspiel, Prostitution, während der Prohibition auch mit Schwarzbrennerei und Alkoholschmuggel, lauter menschliche Schwächen, für die jeder Verständnis hat. Aber ich sage Ihnen eins. Die Familie Barbera hat nie auch nur einen Penny mit Rauschgifthandel verdient. Zum Beispiel mein Enkel Vito in London. Wir haben drei Kasinos dort. Restaurants, Wettbü­ ros.« Er zuckte die Achseln. »Wieviel braucht der Mensch schon?«
      »Aber Eric. Ich begreife das einfach nicht.«
      »Hören Sie, es ist ein weitverbreitetes Mißverständnis, daß Süchtige, die harte Drogen fixen, von Dealern dazu gebracht wurden. Den ersten Schuß bietet fast immer irgendein Freund an. Wahrscheinlich war es auf einer Studentenparty, als es anfing. Er hatte ein paar Drinks gekippt …«
      »Aber danach«, sagte sie. »Danach kam das ganze Gesindel, Dealer und Konsorten, alle nur darauf aus, ihn bei der Stange zu halten. Junge Menschen an der Schwelle des Lebens zu zerstören, und wofür? Für Geld.«
      »Für manche Menschen ist Geld eine ernste Sache, Mrs. Tal­ bot. Aber lassen wir das beiseite. Was gedenken Sie in dem Fall zu unternehmen? Was wollen Sie?«
      »Gerechtigkeit, denke ich.«
      Er lachte rauh. »Ein seltener Artikel auf dieser miserablen Welt. Hören Sie, das mit dem Gesetz ist doch ein reiner Witz. Sie gehen vor Gericht, und es zieht sich endlos hin. Die Rei­ chen und Mächtigen können alles kaufen, was sie haben wol­ len, weil die meisten Menschen bestechlich sind.«
      »Was würden Sie denn tun?«
      »Schwer zu sagen für mich. Vergossenes Blut schreit nach Rache, das ist die sizilianische Mentalität. Mein Sohn stirbt, sein Tod muß geahndet werden. Das ist keine Frage der freien Entscheidung. Ich habe keine Wahl. Mir bleibt gar nichts an­ dres übrig.« Er schüttelte den Kopf. »Sie kommen aus einer ganz anderen Welt. Für Gewalt gab es in Ihrem Leben niemals Platz, nehme ich an.«
      »Stimmt. Ich habe einmal einen Faustkampf gesehen, als wir durch die Bronx fuhren, vom Rücksitz eines Cadillacs aus, wie
    es meiner privilegierten Position zukommt.«
      Er lächelte trübe. »Kompliment. Sie können sich über sich selbst lustig machen. Aber eins müssen Sie mir fest verspre­ chen, etwas ganz Wichtiges.«
      »Und das wäre?«
      »Sie müssen darauf bestehen, die Leiche Ihres Sohnes zu se­
    hen.« Er hob die Hand, um ihren Einwand abzuwehren. »Egal, was das für eine Tortur bedeutet. Glauben Sie mir, mit dem Tod habe ich eine Menge Erfahrung, und in diesem Punkt bin ich mir sicher. Sie müssen es mit eigenen Augen sehen, Sie müssen trauern, sonst verfolgt es Sie für den Rest Ihres Le­ bens.«
      Sie nickte. »Ich überlege es mir.«
      »Und es gibt noch etwas, dem Sie ins Auge sehen müssen. Etwas ganz Furchtbares.«
      »Und was wäre das?«
      »Das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung in Frankreich war eindeutig: Tod durch Ertrinken unter Alkoholund Drogeneinfluß.«
      »Stimmt.«
      »Sein Leichnam brachte denen, die ihn für ihre Zwecke be­
    nutzten, erheblichen Vorteil. Mir drängt sich der Gedanke auf, es könnte mehr dahinterstecken als eine günstige Gelegenheit, daß er genau im richtigen Moment zur Verfügung stand.«
      Sie fragte unumwunden: »Meinen Sie tatsächlich, das Ganze war kein Unfall?« Mit sichtlicher Anstrengung sprach sie das Wort aus: »Sondern – Mord?«
      »Bitte … Das alles kam außerordentlich gelegen, mehr habe ich nicht gesagt. Ich möchte es Ihnen keinesfalls noch schwerer machen, als es sowieso schon ist. Ich habe eben zu viele Jahre in einer Welt verbracht, in der man kaltblütig über Leichen geht, und neige deshalb dazu, stets das Schlimmste anzuneh­ men.«
      »Ich dachte bisher, schlimmer könnte es gar nicht sein.« Ihre
    Stimme bebte vor Wut und Aufbegehren.
      »Ich kann mich ja irren, doch eins steht jedenfalls für mich fest: Die Behörden werden jede Möglichkeit in Betracht zie­ hen, jede Spur verfolgen.« Er zog die Brieftasche und entnahm ihr eine Karte. »Hier ist die Londoner Adresse von meinem Enkel Vito. Ich werde ihm von Ihnen berichten. Er wird alles tun, was in seinen Kräften steht. Ich fliege direkt weiter nach Palermo, ohne Zwischenaufenthalt. Nur für den Fall der Fälle – sollte Sie Ihr Weg doch einmal nach Sizilien führen, so finden Sie

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