Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
husten, ging zum Erkerfenster, öffnete es, setzte sich auf die Bank und schaute in den Regen hinaus. »Ich mag Städte bei Nacht, besonders bei solchem Wetter. Wenn der Regen durch die Straßen fegt und alles blank wäscht. Da erscheint einem alles möglich.«
      »Dieses Gefühl haben Sie sonst nicht?«
      »Schon eine ganze Weile nicht mehr. Mir ist vor langer Zeit etwas abhanden gekommen, Mrs. Talbot, und jetzt pfeif ich drauf.«
      »Es ist furchtbar, so etwas zu sagen.« Sie war ehrlich er­ schrocken.
      »Nein, nicht furchtbar, bloß anders. Sehen Sie, die meisten Menschen, die in Verbrechen oder Gewalttaten verwickelt sind, haben eins gemeinsam: Sie sind darauf versessen, zu gewinnen. Mich kümmert es nicht, ob ich siege oder nicht. Ob ich lebe oder sterbe. Am Ende spielt es doch gar keine Rolle.«
      »Da bin ich anderer Meinung«, widersprach sie mit einer Vehemenz, die sie selbst überraschte. »Sterben ist einfach. Zu leben, das ist schwer. Die Kraft aufzubringen, weiterzuma­ chen.«
      »Ich sagte es schon, Sie haben eine merkwürdige Aus­ drucksweise.« Er warf die Zigarette hinaus in den Regen. »Kommen wir wieder zur Sache. Mal sehen, ob ich’s richtig verstanden habe. Sie wollen Rache nehmen für den Tod Ihres Stiefsohns.«
      »Gerechtigkeit«, korrigierte sie. »Ich will nur Gerechtigkeit.«
      »So was gibt’s nicht mehr, und Sie sind auch nicht ehrlich. Sie wollen Rache. Sie wollen, daß jemand die Rechnung be­ zahlt.«
      Er hielt inne, sah sie eindringlich an, bis sie schließlich nickte und sich abwandte. »Nun gut. Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
      »Aber eine nette, wohlerzogene Lady wie Sie, die ihr Leben lang erster Klasse gereist ist, wüßte ja wirklich nicht, wie sie es anfangen soll, deshalb braucht sie jemand wie mich, einen Macho mit der Waffe in der Hand, der die üblen Burschen zur Strecke bringt. Jemand, der alle Schliche kennt. Habe ich recht?«
      Sie nickte. »Ja, so ungefähr.«
      »Nun, ich mache das nicht, Mrs. Talbot. Wie ich schon sagte, Soldat zu sein, ist ein achtbarer Beruf. Wenn ich dabei getötet habe, gab es einen Grund dafür. Sie dagegen suchen einen gedungenen Meuchelmörder, jedenfalls etwas in der Art. Es tut mir leid um Eric, aber von meinem Standpunkt ist das kein ausreichender Grund.«
      Er wandte sich zur Tür. Sie sagte rasch: »Vielleicht nicht, aber Sally dürfte wohl Grund genug sein.«
      Er verharrte reglos, drehte sich dann langsam um. »Was ist mit Sally?«
      »Tut mir leid, Sean«, flüsterte sie. »Die gerichtsmedizinische Untersuchung ergab bei ihr – Tod durch Ertrinken unter Dro­ geneinfluß.«
      »Das ist mir bekannt.«
      »Außerdem haben sich Spuren von Scopolamin gefunden.«
      »Von diesem hurundanga?«
      »Ich fürchte – ja. Tonys Computerfachleute haben es ermit­
    telt. Sallys Fall ist der einzige, der bisher in England bekannt wurde.« Sie kam näher, packte ihn bei den Armen. »Verstehen Sie denn nicht, Sean? Es muß eine Verbindung geben mit Paris, mit Ulster …«
      Er machte sich von ihr los, ging zum Erkerfenster und öffne­ te die rechte Tür, die auf den Balkon führte. Er stand da und ließ sich den Regen über das Gesicht rinnen; sie steckte sich nervös eine Zigarette an und wartete.
      Auf der gegenüberliegenden Straßenseite trat Jago ans Fen­ ster und beobachtete sie durch ein Zeiss-Nachtfernglas. Egan hatte die Augen geschlossen, das Gesicht weiterhin nach oben gewandt. »Ach herrje«, flüsterte Jago, »das wird Mr. Smith aber gar nicht gefallen.«

    6

    Egan rieb sich im Badezimmer das regenfeuchte Haar trocken und kämmte sich dann sorgfältig. Er musterte sich im Spiegel. Sein Gesicht wirkte durchaus gefaßt, nur der leicht zuckende linke Mundwinkel verriet Anspannung. Doch er hatte sich in der Gewalt, und das allein zählte. Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, stand Sarah am Fenster.
      »Es tut mir wirklich leid, Sean, daß ausgerechnet ich es Ihnen sagen mußte.«
      »Eine fromme Lüge, so pflegten die Leute in Crossmaglen das zu nennen, als ich noch ein kleiner Junge war. Meine Güte, Mrs. Talbot, hat eine nette Frau wie Sie das Theater nötig, wo Sie doch erreicht haben, was Sie wollten?«
      Er schenkte sich an der Kredenz einen Scotch ein.
      »Ich bin für Sie Sarah, nicht Mrs. Talbot. Was gedenken Sie nun zu unternehmen?« fragte sie.
      »Die Fakten mit Villiers überprüfen.«
      »Und wenn er die Unterstützung

Weitere Kostenlose Bücher