Hoelle auf Zeit
erledigt, als es ganz übel aussah.«
»Interessant ist dabei eins«, warf Sarah ein. »Er hatte sein Äußeres völlig verändert. Ich hab ihn nicht wiedererkannt, bis
er geredet hat.«
»Wenn er heute nach London zurückfliegt, können Sie ihn ohne weiteres schnappen.«
»Das bezweifle ich.« Villiers schüttelte den Kopf. »Nicht wenn er so gut verkleidet ist, wie Sarah es schildert. Ein sehr einfallsreicher Mensch, unser Freund Jago.«
Er wirkte sonderbar gedämpft, so daß Sarah fragte: »Stimmt etwas nicht, Tony?«
»Na ja, eigentlich …« Er nahm ihre Hand. »Sir Geoffrey, Erics Großvater, ist gestern früh gestorben.«
»O nein!« Der Schmerz überwältigte sie; sie schloß die Au gen und wandte sich ab, sah alles wieder vor sich. Ihre Trauung damals in Stokeley, anschließend der Empfang in der Halle, Edward in Paradeuniform, Eric, von der Schule für diese be sondere Gelegenheit beurlaubt, und Sir Geoffrey, der so glück lich schien.
»Ich bin so froh, daß er zu krank war, um Erics Tod zu erfas sen«, sagte sie schließlich.
»Ich habe die Vorkehrungen für die Beisetzung bereits ge troffen«, berichtete Villiers. »Hoffentlich hast du nichts dage gen?«
»Wie sollte ich? Immerhin bist du jetzt das Familienober haupt. Keine Talbots mehr …« Sie war nahe daran, die Fas sung zu verlieren. »Wann ist die Beerdigung?«
»Heute nachmittag um drei.«
»In Stokeley?«
»Selbstverständlich.«
Sie erklärte es Sean: »Stokeley Hall liegt in Essex, am Crouch. Bei günstiger Verkehrslage nur eine Autostunde von London. Eine andere Welt.« Ihre Stimme klang brüchig. »Eng land, wie es einmal war. Die Talbots haben dort fünfhundert Jahre gelebt – bis jetzt, nun gibt es keinen mehr von ihnen.« Sie kehrte beiden den Rücken zu und begann hemmungslos zu weinen.
Zu dieser Zeit traf Jago auf dem Flugplatz Leonardo da Vinci in Rom ein. Egan und Sarah Talbot würden mit dem Lear Jet rasch wieder in England sein, soviel stand fest, und das hieß, daß er eine Weile ohne Kontakt zu ihnen wäre. Nicht ganz, natürlich, denn das Gerät, das er in seiner Wohnung auf Emp fang gestellt hatte, würde alles aufzeichnen, was sich in dem Haus in der Lord North Street zutrug. Das war wenigstens etwas.
Mehr Sorgen machte ihm seine gegenwärtige Lage. Sarah Talbot das Leben zu retten, war eines, wie ein aufgeblasener Schauspieler zu agieren, etwas ganz anderes. Er hatte sich selbst enttarnt. Sicher, es war unwahrscheinlich, daß sie eine sehr genaue Beschreibung zu geben vermochte, aber Villiers und die Leute von Group Four wären alarmiert, und das konnte genügen.
Er studierte die elektronische Abflugtafel und schmunzelte, weil die Situation so lächerlich einfach war. Es gab von British Airways einen Direktflug nach Glasgow, Start mittags, An kunft 16 Uhr 30. Und von Glasgow nach London bestand Pendelverkehr, so daß er jederzeit eine Maschine bekommen konnte.
Er ging zum Schalter, buchte, holte sich an der Bar ein Glas Weißwein und suchte sich eine Telefonzelle, um Smith anzuru fen. Dann wartete er, trank genüßlich den Wein und rauchte eine Zigarette. Es dauerte fünfzehn Minuten, bis Smith zurück rief.
»Was treiben Sie denn in Rom?«
»Ich warte auf ein Flugzeug. Bin auf dem Rückweg.«
»Sie waren in Sizilien?«
»Stimmt«, bestätigte Jago.
»Ich hab Ihnen doch gesagt, Sie sollen sich da raushalten.«
»Tja, ich hab mir das genau überlegt und kam zu dem Schluß, daß es in Anbetracht sämtlicher Umstände vernünftiger wäre, in der Nähe zu sein, falls ich gebraucht würde.«
»Und wurden Sie gebraucht?«
»Leider nein. Salvatore Frasconi hat meine Dienste rundweg abgelehnt. Er war ganz versessen darauf, sie alle umzulegen – Barbera, Egan und Sarah Talbot.«
»Und was ist passiert?«
Wie jedesmal wenn er schlechte Nachrichten für Smith hatte, stellte Jago fest, daß er sich köstlich amüsierte. »Die Frasconis sind dahin, das ist der bedauerliche Tatbestand. Die Leichen von Daniele und zwei weiteren Männern fand man in einem Straßengraben außerhalb von Bellona. Das hab ich auf dem Weg zum Flugplatz im Radio gehört. Egan hat Salvatore um gebracht«, log Jago und fügte fröhlich hinzu: »Die Damen in Palermo werden sich heute nacht vor Schmerz an die Brust schlagen.«
»Ihr Sinn für Humor wird eines Tages Ihr Tod sein«, bemerkte Smith. »Wo sind
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