Hoelle aus Feuer und Eis
wenn das Unmögliche geschehen und der Computer ausgefallen wäre, so gab es noch immer die beiden bewaffneten Posten hier draußen auf dem Gang. Trotzdem. Er war nervös. Dieser Zwerg mit dem mißgestalteten Körper und den beunruhigenden Augen machte ihm angst. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, ihn mitzubringen. Er hätte ihn töten sollen. Er hatte das Gefühl, daß ihm Gurks Hiersein noch eine Menge Probleme bereiten würde. Aber den Zwerg mitzubringen, war nicht der erste Fehler, den er begangen hatte. Wenn er es recht bedachte, dann waren die letzten Wochen und Monate eigentlich eine fast ununterbrochene Kette von Fehlern gewesen. Irgend etwas geschah mit ihm. Etwas, das er nicht verstand, das ihn aber beunruhigte. Seine Position unter den Moroni und die Macht, die sie ihm bescherte, beruhte einzig und allein auf einer Fähigkeit, die Daniel Stone nicht allein für sich gepachtet hatte: der Fähigkeit, sein Gewissen auszuschalten und vielleicht nicht so schnell, aber so logisch wie ein Computer zu denken - und vor allem zu entscheiden. Nichts von dem, was er Charity während ihres Gespräches im Shai-Taan erzählte hatte, war gelogen gewesen. Er glaubte daran, daß es die einzige Chance der Menschheit war, sich den Invasoren zu unterwerfen. Alles, was sie bei einem Kampf gegen die Insektenkrieger von Moron gewinnen konnten, war ein schneller Tod. Für diese ganze Welt. Die Aufzugtüren auf der anderen Seite des Stollens öffneten sich, und Stone registrierte ein weißes Aufblitzen aus den Augenwinkeln, das ihn sofort in die Wirklichkeit zurückriß. Abrupt drehte er sich herum, und mit der gleichen Plötzlichkeit, mit der sich seine Gedanken wieder von Gurk und den Rebellen gelöst hatten, kehrte die Furcht zurück. Es war noch nicht einmal lange her, da hatte er geglaubt, mit den Herren der Schwarzen Festung Wesen kennengelernt zu haben, wie sie schlimmer nicht sein konnten. Aber das war gewesen, bevor er die Inspektoren getroffen hatte. Stone hatte Mühe, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken, während sich die zwei Meter große, weiße Albino-Ameise auf ihn zubewegte. Ihre ausdruckslosen Facettenaugen musterten ihn kalt, und Stone versuchte vergeblich, sich einzureden, daß diese Wesen keinerlei Mimik besaßen und somit auch nicht in der Lage waren, die eines anderen Geschöpfes zu deuten. »Governor Stone?« Die Stimme des Inspektors klang so kalt und maschinenhaft wie sein strahlendweißes Exoskelett aussah. Sie ließ irgend etwas in Stone erschauern. Er fragte sich, warum er diese Geschöpfe so fürchtete. Sie waren Moroni, Ameisen wie die, die ihm selbst zu Tausenden und Abertausenden zur Verfügung standen, nur ein wenig spezialisierter und mit weitreichenden Machtbefugnissen ausgestaltet. Aber das war nicht alles. Während die normalen Moroni häßlich oder bestenfalls fremdartig aussahen, umgab diese weißen Albino-Kreaturen etwas Unheimliches. Dabei entbehrten sie bei aller Fremdartigkeit nicht einer gewissen Ästhetik - ihre Glieder waren schlanker als die eines gewöhnlichen Moroni, und ihre weißen Hornpanzer waren glatt wie polierter Kunststoff, nicht mit den häßlichen Buckeln und Rissen und Warzen übersät wie die der Krieger und Arbeiterinnen. Sie waren nicht schön, aber wo die normalen Moroni einfach häßlich und bedrohlich aussahen, wirkten diese Kreaturen auf ihre Art elegant. Vielleicht waren es ihre Augen, überlegte Stone. Etwas war darin, das denen der einfachen Ameisen fehlte. Es war keine Intelligenz. Trotz allem wußte Stone, daß die Insektengeschöpfe im Grunde nichts weiter als lebende Computer waren, Wesen, die zwar von der Natur erschaffen, trotzdem aber eher maschinenhaft als lebendig wirkten. Sie waren auf eine gewisse Art intelligent, aber ihr Denken war so anders als das eines Menschen, daß es Stone wahrscheinlich niemals gelingen würde, es zu begreifen. Und was er in den Augen des Inspektors las, das war auch keine überlegene Intelligenz, kein größeres Wissen als das der anderen. Es war etwas, das er nicht beschreiben konnte, das ihn aber fast krank machte vor Angst. »Governor Stone?« fragte der Inspektor noch einmal, als Stone nicht antwortete, und Daniel zwang sich zu einem nervösen Lächeln. »Ja?« »Was tun Sie hier?« fragte der Inspektor. Seine Stimme war frei von jedem Vorwurf oder Mißtrauen, denn solcherlei Gefühl auszudrücken, war der winzige Übersetzungscomputer in seinem Kehlkopf, der
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