Höllenbote Angela
wie allergisch diese untoten Gestalten auf Kreuze reagierten.
Hier war es nicht anders.
Der Vampir drehte sich auf der Stelle, weil er uns vor sich haben wollte – und sah das Kreuz.
Aus der Bewegung heraus erstarrte er. Die Arme noch halb erhoben, blieb er stehen wie ein Denkmal. Er konnte einfach nichts mehr tun und stand wie unter einem mächtigen Bannstrahl.
Er war ein Untoter. Einer, der Blut trank und keine Gefühle mehr in sich hatte. Das alles wußten wir, aber wir sahen auch, wie er sich veränderte. Der Anblick des Kreuzes zwang ihn förmlich dazu. Er glotzte es an, er hatte seine Augen sehr weit aufgerissen, und die Bißwunden an seiner linken Halsseite zeichneten sich wie kleine 1 lüge! ab, aus denen dünne, rote Streifen geronnen waren.
»Das ist Barnes!« flüsterte Suko.
»Ja, endlich.«
»Zwingen wir ihn zum Reden?«
Ich nickte nur und trat einen kleinen Schritt auf den Blutsauger zu, während sich Suko auch in Bewegung setzte und den Weg zur Tür versperrte.
Plötzlich konnte sich Raoul bewegen. Er riß die Arme hoch, weil er sein Gesicht schützen wollte. Der Anblick des Kreuzes mußte ihm Schmerzen bereiten. Es war der stärkste Feind, mit dem ein Vampir bekämpft werden konnte.
Barnes sah aus wie jemand, der in sich zusammensank. Er drehte sich von mir weg, fiel auf das Bett, rollte auch darüber hinweg und kam an der anderen Seite wieder hoch.
Abermals starrte er auf das Kreuz. Sein Gesicht war eine Fratze. Der Mund stand weit offen, und seine Augen waren blutunterlaufen. Ich wußte, daß er unter starken Schmerzen litt und behielt aus bestimmten Gründen einen gewissen Abstand, weil ich noch etwas von ihm wollte. Da sollten seine Qualen nicht zu groß werden.
Die Augen schützte er durch die angehobenen und auch angewinkelten Arme. Aus dem offenen Mund drangen schreckliche Laute. Er röchelte wie jemand, der kurz, vor seinem schweren Ende stand, und so ähnlich war es auch bei ihm.
»Du bist Raoul Barnes?«
Er gab mir keine Antwort.
»Wer hat dich zu einem Blutsauger gemacht? War es eine Frau? Angela Sarti?«
Er schwieg weiter.
»Wenn ja, wo steckt sie jetzt?«
Barnes ließ sich zurückfallen. Er wollte unter das Bett kriechen und sich dort verstecken. Ich war schneller, packte sein linkes Bein und zerrte ihn zurück.
Es war ein ungewöhnliches Bild, einen Vampir hilflos zu sehen. Wir hätten ihm eine normale Kugel in den Körper schießen können, nichts wäre passiert, aber das Kreuz war einfach zu stark für ihn, den normalen Blutsauger. Seine Kraft konnte er nicht überwinden, sie lähmte ihn.
Ich ließ ihn wieder los. Der Fuß prallte gegen den Teppichboden, als das Bein zurückfiel.
Ich wollte herausfinden, ob er sprechen konnte oder sich uns nur verweigerte, aber etwas anderes machte mir einen Strich durch die Rechnung. Suko hatte seinen Platz verlassen. Er war an das Fenster getreten, um einen Blick in den Garten werfen zu können.
Ihm war nichts weiter aufgefallen, bis zu dem Zeitpunkt, als wir den Schuß hörten.
Da wußten wir, daß es Ärger geben würde. Suko fragte erst gar nicht. Wie ein menschlicher Pfeil flog er durch das Zimmer auf die Tür zu. »Ich kümmere mich um Abe!« rief er und war in den nächsten Sekunden verschwunden.
Zurück blieben Barnes und ich…
***
Vielleicht hätte ich doch auf Suko oder John warten sollen, dachte der FBI-Mann, als er das Haus verließ und hineintrat in den rieselnden Schnee, der jetzt in Regen überging. Es war ein widerliches Wetter. Die Umgebung verschwamm in Grau, und auch der hintere Garten sah entsprechend trist aus.
In der Straße war es nach wie vor still. Eine ausgestorbene Gegend, eingehüllt in einen Winterschlaf. Der Garten lag vor Abe Douglas wie ein totes Feld, über das er mit langsamen Schritten ging. Was er genau suchte, wußte er selbst nicht. Er dachte an einen Hinweis auf die Killerin, aber ein Versteck gab es hier auch nicht. Keine Laube, kein Schuppen, einfach nur dieses flache Gelände, das auch nicht aufzuhören schien, da kein Zaun an der Rückseite das Grundstück begrenzte. Es ging über in das freie Feld, über das der Wind blies.
Hier konnte sich niemand verstecken. Hier waren auch keine Spuren zu sehen. Trotzdem wollte Abe nicht aufgeben. Er ging weiter. Erst jetzt fielen ihm die Bete auf. Um sie vor der Kälte zu schützen, hatten die Besitzer sie mit Tannenzweigen abgedeckt, die locker und ziemlich hoch aufeinanderlagen. Der durch den Garten führende Weg oder Pfad war mehr zu
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