Höllenbote Angela
ihn gehen und blieb allein zurück. Wie so oft schon in einem fremden Haus, das wir zu durchsuchen hatten. Und wie so oft war ich mir sicher, daß wir nicht alles gefunden hatten. Hier hatte der Tod in seiner schrecklichsten Form zugeschlagen. Trotzdem war noch etwas da. Zumindest spürte ich es – und konnte es auch wenig später sehen, denn in meiner Nähe zeichneten sich dünne Abdrücke auf dem Boden ab.
Fußspuren…
Ich bückte mich. Mit der kleinen Leuchte strahlte ich die Ränder ab. Sie sahen rötlich und auch leicht rostig aus. Das waren Spuren, die jemand hier in den Flur hineingebracht hatte. Aber nicht von draußen, sondern aus dem Wohnzimmer. In seine Richtung hin waren sie etwas deutlicher zu erkennen.
Ein Mörder hatte den Ort seiner Tat verlassen und war wohin gegangen?
Mich hatte das Jagdfieber erfaßt. An der Haustür sah ich die Spuren nicht. Die letzten Reste verloren sich nahe der Treppe. Es ließ darauf schließen, daß die unbekannte Person die Stufen hochgegangen war.
In der ersten Etage hielt sich Suko auf. Er bewegte sich so leise, daß ich ihn nicht hörte. Erst als ich seinen Namen rief, gab er mir Antwort.
»Wenn du wissen willst, ob ich etwas entdeckt habe, John, noch ist alles okay.«
Ich berichtete ihm von meiner Entdeckung und auch davon, wo die Spuren aufhörten.
»Dann müßte er ja hier oben zu finden sein.«
»Eben.«
»Kommst du hoch?«
»Gleich. Ich schaue mich sicherheitshalber noch hier unten um.« Bisher waren wir recht langsam gewesen. Ich änderte das. Mehrere Räume standen mir zur Verfügung. Ich schaltete im Wohnzimmer das Licht ein, fand ihn leer, und auch der Blick in den Garten wurde mir verwehrt, da vor den Scheiben Gardinen hingen. Ein passendes Versteck für einen Vampir sah ich auch nicht in der Küche oder im kleinen WC, in dem es sehr kalt war.
Als einzige Hoffnung blieb die erste Etage. Von dort war auch keine Meldung gekommen. Als ich hochkam, erwartete Suko mich im Flur. Er stand da und zuckte die Achseln. Das schwache Licht einer Lampe erfüllte die freie Fläche zwischen den Wänden mit seinem gelblichen Schein, und an der hellen Decke klebte dunkler Fliegendreck.
»Nichts, John!«
Ich schwieg. Dann ging ich an Suko vorbei und schaute in den ersten Raum. Mein Freund hatte die Türen nicht geschlossen.
»(llaubst du mir nicht?«
»Das hat nichts damit zu tun. Er kann sich nicht in Luft aufgelöst haben.«
»Sorry, aber alles weist darauf hin.«
Suko hatte auch den Kleiderschrank durchsucht, dessen obere Kante mit der Decke abschloß. Die Türen standen noch offen, und ich zog mich wieder zurück in den Flur.
»Er ist hier, Suko!«
»Hast du dich dabei auf dein Kreuz verlassen?«
»Nein, das nicht. Aber ich spüre es. Außerdem weisen die Spuren darauf hin.«
»Er kann uns getäuscht haben.«
Ich ging nicht auf die Bemerkung ein, sondern betrat den nächsten Raum, ein ziemlich kleines Bad, in dem die Wanne soeben noch ihren Platz gefunden hatte. Man konnte nur darin sitzen und sich auch von einer Dusche bestrahlen lassen.
Suko wartete nahe der Treppe auf mich. Als er mich aus dem Bad kommen sah, sagte er: »Hinter der dritten Tür liegt ein Gästezimmer. Das ist auch leer.«
Ich ging trotzdem hinein. Dicht vor der Schwelle blieb ich stehen. Suko hatte recht. Es hielt sich niemand hier auf. Zwei Klappbetten hatten hier ihre Plätze gefunden. Es gab einen schmalen Lisch und zusammengestellte Stühle. Der Boden war mit hellem Teppichboden belegt, der im Laufe der Zeit Schmutz angesammelt hatte. Die Flecken fielen einfach auf, und ich dachte wieder an die Fußspuren unten im Haus. Auch diese hier wirkten nicht schmutzig, sondern eher leicht rostfarben, auch wenn sie nur bei genauem Hinsehen zu erkennen waren. Ich schaute zu Boden und ging vor.
Es war auch ein Schrank vorhanden, aber er war zu klein, um einem Menschen als Versteck zu dienen. Zudem hatte ihn Suko schon durchsucht und seine Tür offengelassen.
Verdammt, er war hier. Aber wo?
Auch Suko war gekommen. Wir kannten uns lange genug. Meine angespannte Haltung fiel ihm auf. »Hast du was entdeckt, John?«
»Noch nicht, aber ich kann mir vorstellen, daß er sich hier irgendwo verborgen hält.«
»Spuren?«
»Schwach nur…«
»Dann habe ich sie übersehen.«
»Kann sein.« Mein Blick fiel auf eine leere Wand. Dort stand nichts, obwohl genügend Platz gewesen wäre. Die Wand war einfach leer und mit dem gleichen Tapetenmuster bedeckt wie auch die übrigen Wände. Es war eine
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